- Kapitel 11 -

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Kapitel 11 - Von Freund zu Freund

Nico und Mattheo betraten den Park, der etwas abgelegen vom Rest der Stadt war. Auch hier kamen zwar gelegentlich Leute vorbei, doch heute waren die meisten Menschen um diese Zeit arbeiten. Und auch die Kinder wurden irgendwo betreut und liefen nicht allein in einem Park rum.

Etwas abseits setzten sich die beiden Freunde auf eine Bank und Mattheo begann, Nico anzusehen. Ganz ruhig. Ohne das Gesicht zu verziehen. Als wäre Nico eine Person, die er zum ersten Mal traf. So, wie es Mattheo immer tat. „Ach Mattheo... das ist alles so kompliziert. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll..."

Aber Mattheo lächelte ihm zu und sprach ihm auch den nötigen Mut zu. „Keine Angst. Lass dir die Zeit, die du brauchst."

Wo sollte er denn anfangen? Es hing alles miteinander zusammen. Doch alles begann mit ihr. Joela.

Ein paar Minuten hing Nico seinen verstrickten Gedanken nach und versuchte sie zu ordnen. Mattheo hingegen sah einfach nur geradeaus und beobachtete den gefrorenen Teich, um den all die Bäume wuchsen und auf dem Enten entlangliefen. Vermutlich wartete er einfach nur, bis Nico anfing. Daraufhin bekam er schon wieder ein schlechtes Gewissen.

Nico räusperte sich. Das Gefühl in ihm, etwas Falsches zu tun, verstärkte sich nun und schien jetzt auf dem Höchstpunkt angekommen zu sein. Natürlich vertraute er Mattheo. Er würde ihm sein Leben anvertrauen. Aber was wäre wenn? Was wäre, wenn Mattheo irgendwo etwas erzählte? Unbeabsichtigt? Es geschah doch häufig, dass Menschen Sachen ungewollt an andere weitergaben. Daraus entstand dann eine Kettenreaktion und alle würden davon wissen. Alle würden dann wissen, dass Nico mit Juden Kontakt hatte.

Sein Puls ging plötzlich schneller und er glaubte, im nächsten Augenblick an Herzversagen zu sterben. Wie so häufig setzte sich sein Bauch gegen den Kopf durch und nach einem tiefen Seufzer begann er dann endlich zu erzählen.

„Ach Mattheo... Ich habe einfach Mist gebaut", fing Nico an. Das war ja ein toller Anfang... Aber Mattheo verzog kein Gesicht. Etwas angespannt schaute er ihn an und versuchte wahrscheinlich zuzuhören.

Versuchte zu verstehen, was alles in nicht einmal zwei Tagen geschehen war. Das zufällige Treffen auf Joela und wie Nico ihr den Mantel gegeben hatte, der Besuch bei Larissa und wie sie ihn daraufhin geküsst hatte, sein wütender Vater und natürlich auch dessen Tod.

All das ließ Mattheo nach einer Viertelstunde erklären einfach nur stumm dasitzen. Nico kämpfte in der Zeit damit, nicht mit dem Weinen anzufangen. Er konnte sich hier nicht schwächer machen als er war.

„Oh Nico... Das ist echt heftig!" Sein Freund zog ihn in eine feste Umarmung, die viel länger andauerte als die letzten. Es tat gut, seinen Duft wieder einzuatmen. Diesen Duft von Frieden und Geborgenheit, der Duft eines Freundes, der immer für ihn da sein würde.

Plötzlich konnte Nico diesem Druck einfach nicht mehr standhalten. Die Tränen begannen seine Wangen herunterzulaufen. Die warmen, salzhaltigen Tröpfchen gefroren schon allerdings ganz langsam in der Kälte. Es war Nico egal. Es war ihm egal, dass nun die ganze Welt sehen konnte, was für ein Schwächling er doch war. Es war ihm auch egal, dass Mattheo dies nun ebenfalls denken konnte. Für ihn war Mattheo die einzige noch existierende Stütze, die ihm überhaupt geblieben war. Nie hätte er dies je für möglich gehalten.

Mattheo sah ihn jedoch nicht als schwach an. Er drückte seinen Freund noch fester und begann sanft über seinen Rücken zu streichen. „Alles wird gut Nico, klar? Wir schaffen das. Gemeinsam!"

Langsam zog sich Nico aus der Umarmung und schaute seinen besten Freund in die meerblauen Augen, die immer voller Hoffnung und Zuversicht waren. Doch nun sah Nico eher Unsicherheit. Verständlich... „Und wie soll ich das anstellen? Meine Probleme kann keiner lösen! Meinen Vater kann keiner wieder lebendig machen und den Kuss mit Larissa kann ich auch nicht einfach ungeschehen machen, weißt du?"

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