- Kapitel 8 -

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Kapitel 8 - Die Hitlerjugend

Es hatte seine Zeit gedauert, bis es Nico aus dem Armenviertel rausgeschafft hatte. Natürlich kamen ihm wieder die Obdachlosen und Bettler entgegen, aber Nico ignorierte sie. Jetzt fiel es ihm auch nicht mehr schwer. Er wollte einfach nur weg von hier. Währenddessen er durch die verdreckten und mittlerweile erhellten Straßen stapfte, zog er sich im Laufen den Mantel über. Wenigstens war ihm jetzt nicht mehr kalt.

Einige Glockenschläge verrieten ihm, dass es um zwölf sein musste. Hatte er wirklich zwei ganze Stunden bei Joela verbracht? Dabei hatte es sich so viel kürzer angefühlt. Wie Minuten. Aber so ähnlich war es ihm bei Larissa auch gegangen. Vielleicht verlor man einfach das Zeitgefühl, wenn man müde war. 

Plötzlich fiel Nico auf, dass seine Uniform dreckig war. Schließlich hatte er sie schon seit gestern Abend an. Heute war zwar kein offizielles Treffen, aber mit verdreckter Uniform würde er große Probleme haben. Schließlich achtete Elias auf alles. Doch würde er jetzt noch nach Hause gehen und sich seinen Ersatz anziehen, würde er es nicht rechtzeitig zurückschaffen. Gut. Pünktlichkeit war alles und immerhin trug er die vorgeschriebene Kleidung. Vielleicht nicht die sauberste. Aber besser als nichts.

Vor dem Gebäude der HJ angekommen, musste Nico feststellen, dass noch niemand weiter da war. Also nahm er den Schlüssel von Elias aus seiner Hosentasche und schloss schon die Tür auf. Die Trinkflasche hatte er zwar mit, sie war aber selbstverständlich ausgetrunken. Doch den Rest des Tages würde er wohl so überstehen.

Nico ging in den Gemeinschaftsraum und setzte sich auf einen Stuhl. Dann begann die Wartezeit. Normalerweise dauerte es seine Zeit, bis die anderen kamen und so war er sich sicher, noch einige Minuten verschnaufen zu können. Allerdings traf nur drei Minuten später Elias ein. Gerade mit ihm wollte Nico nicht unbedingt allein sein.

Mit einem Kopfnicken begrüßte er Nico höflich und streckte die Hand aus. „Ich hätte gerne meine Schlüssel zurück", forderte seine kalte, raue Stimme. Nico kramte ihn aus der Tasche heraus und legte ihn in die riesige Hand, die sich wie eine Falle schloss. Dann prüfte sein Leiter, ob alles da war. Danach ließ er den Schlüsselbund elegant zurück in seine eigene Manteltasche gleiten und zog diesen anschließend aus. Dabei erhaschte Nico einen Blick auf den Hals von Elias. Immer wieder musste er auch diese schreckliche Narbe ansehen, die sich dort entlang zog. Zugern würde er wissen wollen, woher sie stammte. Aber auf der anderen Seite war er auch nicht traurig über sein Unwissen.

„Wo ist dein Zeug?", fragte Elias nun. Sein Blick blieb auf Nico ruhen. Dieser antwortete mit einer bereits zuvor zurechtgelegten Ausrede: „Hab ich vergessen. Also ich meine nicht alles, einiges war im Rucksack... ich war noch unterwegs. Und dann habe ich es nicht mehr nach Hause geschafft... Tut mir leid... Ich werde schon ohne Trinken auskommen diese zwei Stunden."

Elias' Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. Dann nickte er. Glaubte er das schon wieder? „In Ordnung, Nicholas", sagte er schließlich. „Du kannst etwas von mir abhaben. Ich habe genug." Woher die Freundlichkeit? Elias war doch sonst kein Sympathieträger.

Doch, ehe Nico weiter darüber nachdenken konnte, trafen weitere Jungen der HJ ein. Unter anderem Florian, Leon, aber auch einer von Nicos besten Freunden: Mattheo. Mattheo war einer der wenigen Menschen, von denen Nico sich sicher war, dass er ihnen absolut vertrauen konnte. Auch er schien die Ansicht, dass nicht jeder Ausländer und Jude schlecht war, zu teilen.

Insgesamt unterschied sich Mattheo wie Nico vom Rest der Gruppe. Sie beide waren eher introvertiert und waren auch froh, wenn während HJ-Treffen auch mal keine Schießübungen durchgeführt wurden.

Die beiden Freunde gaben sich die Hand. „Hallo Nico", grüßte Mattheo freundlich. Dabei hing eine seiner braunen Locken in sein Gesicht. „Wie geht's? Du siehst ziemlich fertig aus. Ist alles gut?" Nico winkte leise ab. Das hieß so viel wie: Erzähl ich dir später. Dann begrüßten sich Nico und die anderen ebenfalls.

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