- Kapitel 20 -

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Kapitel 20 - Der Verrat

Die Tür öffnete sich und Joela und Nico hielten sofort in ihrer Bewegung inne. Wer konnte das sein? Um diese Uhrzeit? Als alle Geräusche im Haus, die die beiden verursachten, verebbt waren, verstummte auch die Person an der Tür.

Ein kurzer Blick in Joelas Augen verriet Nico bereits, dass sie große Angst hatte. Verständlich. Ihm war das Ganze auch nicht unbedingt geheuer. Es war immerhin nicht normal, dass kurz vor Mitternacht jemand bei ihm aufkreuzte und sich, ohne vorher zu fragen, in sein Haus begab.

Nico legte seinen Zeigefinger auf die Lippen und bedeutete damit seiner Freundin, leise zu sein. Das hier verlangte große Professionalität... Er griff nach einer handlichen, schweren Vase, die seine Eltern vor langer Zeit zu ihrer Hochzeit bekommen hatten und traute sich mit dieser aus dem Zimmer herauszugehen und sich der Person im Flur gegenüberzustellen. Nico atmete durch die entstandene Stille scheinbar ganz laut und auch sein Herzschlag war unüberhörbar. Bitte lass es doch nur ein Missverständnis sein! hallte es ununterbrochen durch seinen Kopf. Inständig betete er, dass sich vielleicht nur jemand in der Tür geirrt hatte, obwohl dieser Fall sehr unwahrscheinlich schien.

Nachdem er sich vergewissert hatte, dass er keine andere Wahl hatte, atmete er noch tiefer durch, schloss kurz die Augen, visualisierte Horrorszenarien, die gleich geschehen konnten und trat letztendlich mit einem großen Schritt und erhobenen Hauptes aus dem Wohnzimmer heraus und rief mit autoritärer und erhobener Stimme: „Ich bin bewaffnet! Pass auf, wo du hingehst, wer auch immer du bist!"

„Nico, Nico! Das bin doch nur ich!", rief eine zarte Stimme, die seine Aggressivität nicht zu verstehen schien. Und er kannte diese Stimme auch. Es war...

„Nikola?", fragte er verwundert und ließ das Konstrukt in seiner Hand vorsichtig zu Boden sinken. Gleich darauf schämte er sich, es rausgeschleppt zu haben. Denn Nikola war wohl die letzte Person, gegen die er sich verteidigen müsste. „Was... was machst du hier?"

Die kleine Haushaltshilfe schloss hastig wieder die Tür hinter sich und trat auf Nico zu. Ihre Haare waren durch den draußen herrschenden Sturm leicht zerzaust und generell wirkte sie etwas durch den Wind. Als hätte sie sich beeilt, hierher zu kommen.

„Es tut mir leid, Nico... Ich wollte einfach nach dir sehen und weil... weil ich eher keine Zeit gefunden habe... wir haben uns ja ewig nicht gesehen... und... da dachte ich... Da dachte ich, ich komme jetzt. Und du warst ja auch aufzufinden, wie ich sehe." Sie lächelte nach ihrer kurzen Erholung wieder übers ganze Gesicht und umarmte ihn. „Schön zu sehen, dass es dir besser geht."

Ja... schön zu sehen. Nach diesem Schock war Nico überhaupt froh, noch am Leben zu sein. Hätte er gleich gewusst, dass es nur die harmlose Nikola war, hätte sich sein Körper die ganze Adrenalinausschüttung sparen können.

„Wieso bist du überhaupt um diese Uhrzeit noch wach?", begann sie ihn mit ihrer fröhlichen Art und gar nicht böse gemeint zu tadeln. „Ich... hatte einen langen Tag und war noch nicht müde und da habe ich... Nikola nein!"

Zu spät. Die Putzfrau war schon in das hell erleuchtete Wohnzimmer getreten und sah mit ihren großen braunen Augen Joela an. Sie musste mehrmals blinzeln, damit sich ihre Augen an das Licht gewöhnten. Aber es änderte nichts an dem, was sie gesehen hatte. „Oh", war ihre einzige Aussage. „Das... Das wollte ich nicht. Also euch stören." Joela wurde rot und Nico eilte schnell zu den beiden dazu. „Das ist Joela", erwiderte Nico höflich, monoton und versucht, mit den Antworten, die er gab, nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit zu erzeugen. „Meine Freundin."

Daraufhin lächelte Nikola noch viel mehr als vorher und ihre gesamte positive Aura, die sie umgab, schien noch heller zu strahlen als das Licht im Haus. „Glückwunsch für euch beide", rief sie euphorisch und schüttelte Nico die Hand. Aber weder er noch Joela lachten. Dafür war gerade nicht der richtige Zeitpunkt. „Keine Sorge. Ich sagen niemand, dass ihr... zusammen seid. Warum auch? Ich muss doch selbst ständig auf alles achten, damit meiner Familie und mir nichts passiert. Macht euch da keine Gedanken."

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