Bunty - Kapitel 5

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1927
Es war wärmer geworden und ausnahmsweise zeigte sich am heutigen Tage über London ein blauer Himmel. Saphira Selwyn machte sich gerade daran, ihre Post nach einem neuen interessanten Auftrag zu durchforsten. Sie summte dazu eine leise Melodie vor sich hin und ihr schwarzer Kater schlief leicht schnurrend auf ihrem Schoß. Der Raum war von dem sanften Morgenlicht in ein goldiges Licht getaucht und Saphiras dunkle Haare erhielten einen rötlichen Schimmer. Vor ihrer Wohnung sprossen bereits einige Frühblüher in die Höhe und gaben dem Reihenhaus ein freundliches Aussehen. Mit einem Blick aus dem Fenster schweiften Saphiras Gedanken zu ihrer Kindheit und wie ausgelassen fröhlich sie im Frühjahr mit einem Besen durch den Garten geflogen war. Sie seufzte sehnsüchtig bei dem Gedanken daran, widmete sich jedoch wieder den unzähligen Briefen, welche vor ihr lagen. Sie verteilte einige Absagen und sortierte die Fälle, welche sie interessierten, nach Alt-und Neukunden alphabetisch in die Schubladen ein.

Saphira fragte sich, wie es Newt wohl erginge. Seit neuestem ging häufig eine junge Frau bei ihm ein und aus. Bunty. Saphira hatte durch Zufall bereits einige Worte mir ihr gewechselt, als sie sie vor Newts Haus angetroffen hatte. Newt und Bunty hatten sich bei einer Buchlesung von Newt kennengelernt und Bunty hatte sich sofort in ihn verliebt. Saphira musste nicht einmal ihre Gedanken lesen, um das zu erkennen. Es war mehr als offensichtlich gewesen, dem verträumten Funkeln in ihren Augen nach zu urteilen, als sie Saphira von ihrem Kennenlernen berichtete.  „Kennen Sie ihn näher?", hatte Bunty Saphira gefragt. „Wir sind... gute Bekannte", hatte sie der Tierpflegerin daraufhin geantwortet. Zu dem Zeitpunkt war es ihr bereits egal gewesen mit welcher Frau Newt seine Zeit verbrachte. Sie hatte sich nach seinem Aufenthalt in Amerika in einen Haufen Arbeit gestürzt und mied seitdem seine Person. Newt hatte ein paar Mal bei ihr geklingelt und sich nach ihrem Ergehen erkundigt, jedoch war sie seinen Fragen größtenteils ausgewichen. Nun waren sie nichts weiter als Nachbarn.

„Schön", hatte Bunty mit einem breiten Lächeln erwidert, „er hat mir eine Stelle als Tierpflegerin angeboten. Sie werden mich von nun an, wahrscheinlich öfter hier aufkreuzen sehen." Saphira hatte als Reaktion nur genickt und war dann hinter der eigenen Wohnungstür verschwunden. Es hatte ihr häufig in den Fingern gejuckt, einfach hinüberzugehen und so zu tun, als wäre nichts passiert. Aber das konnte sie nicht. Es wäre ein zu großer Einschnitt in ihren Stolz gewesen. Saphira wusste, dass Newt sich fragte, was wohl in sie gefahren war. Sie wusste allerdings auch, dass ihre Gefühle für ihn sicher nicht nachgelassen hätten, wenn sie sich weiterhin regelmäßig gesehen hätten. Es war das beste für sie und auch für ihn, so wie es jetzt war. „Einfach nur Nachbarn", murmelte Saphira und schlug den Tagespropheten auf, der unter dem Haufen von Briefen gelegen hatte. Erschrocken riss sie die Augen auf, als sie den Artikel auf der Titelseite überflog. „Bei Merlin", sie konnte es kaum glauben, was sie da las und doch war es eigentlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es hätte passieren müssen. Grindelwald war mit Hilfe eines Komplizen aus dem amerikanischen Zaubereiministerium bei seinem Umtransport geflohen.

Saphira wusste, dass sich nun wieder einige Dinge ändern würden. Sie hatte die ruhige Zeit genossen, wo sie keinen Mordanschlägen bei ihrer Arbeit auf den Grund gehen musste. Die Anhänger von Grindelwald waren zwar nicht tiefgreifend blutrünstig, jedoch waren sie sich ihrer Sache sehr sicher und nahmen kaum bis keine Rücksicht auf Verluste. Wie als hätte sich ein dunkler Schatten über London gelegt, wurde das eben noch goldene Licht der Frühlingssonne schwächer und Saphira fröstelte etwas. Sie konnte nicht anders, als auch ein wenig Bewunderung gegenüber dem Schwarzmagier zu empfinden. Denn schließlich hatte es bis jetzt niemand geschafft, sich selbstständig, aus einer Haft wie dieser zu befreien. Sie wusste, dass es nur einen Zauberer auf dieser Welt gab, der es mit Grindelwald aufnehmen könnte und das war Albus Dumbledore. Etwas schien jedoch beide davon abzuhalten direkt gegeneinander vorzugehen. Saphira hatte von Newt erfahren, dass Grindelwald in New York auf der Suche nach einem Obscuros war, vermutlich um Dumbledore, ohne die eigene Hand, vernichten zu können. Sie legte den Tagespropheten zur Seite, stützte ihr Kinn auf den Händen auf und warf einen Blick  durch das Fenster auf die Straße.

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