Gellert Grindelwald - Kapitel 9

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Queenie schluckte einmal. „Nun, Sie waren wirklich sehr freundlich, aber meine Schwester, Tina, macht sich bestimmt schon Sorgen wo ich bleibe", sie warf einen hilfesuchenden Blich auf Saphira, die jedoch damit beschäftigt war, die Bilder an der Wand zu betrachten. „Und hämmert überall an die Türen und so", beendete Queenie ihren Satz und wich nochmals der Teekanne aus. Es war ein Gemälde mit einem Kind, welches direkt über dem Sofa hing und eines von einer Vase mit Blumen. Saphiras Blick fiel auf ein Steckenpferd und ein paar andere Spielzeuge, welche lieblos in die Ecke hinter dem Sofa geworfen worden waren. Sie runzelte die Stirn und versuchte gerade mehr aus der brünetten Hexe ihr gegenüber herauszubekommen, wurde jedoch von Queenie unterbrochen. „Ich glaube wir gehen jetzt besser, oder Saphira?", die blonde Hexe rüttelte leicht an ihrer Schulter. Saphira war wie hypnotisiert von den vielen Dingen, welche sich in dem Raum befanden, jedoch nicht so recht zusammen passen wollten. Es war wie bei einem ihrer Fälle.

„Saphira?", fragte Queenie leise. „Oh", Saphira schreckte auf, „ja, ja, wir sollten gehen". Vinda sprang auf. „Aber Sie haben den Hausherren noch nicht getroffen", sagte sie vorwurfsvoll. Saphira legte nicht sonderlich viel wert darauf den Hausherren kennenzulernen. Vinda war ihr bereits wenig sympathisch, was nahelegte, dass ihr Lebensgefährte, nicht viel besser sein würde. „Oh, sind Sie verheiratet?", fragte Queenie neugierig. Vinda lächelte leicht. „Sagen wir", sie pausierte kurz, „zutiefst verbunden". „Sehen Sie, ich kann nicht erkennen, ob sie einen Witz machen oder nur", Queenie seufzte, „französisch sind". Vinda ließ ein amüsierte Schnauben hören und drehte sich dann zum Gehen.

„Na das mit dem Gehen, hat wirklich einwandfrei funktioniert", bemerkte Saphira sarkastisch. Queenie warf ihr nur einen warnenden Blick zu. „Ich will eben nicht unhöflich sein", die Teekanne flog weiterhin aufdringlich um sie herum. „Heyyy jetzt hör endlich auf", wieder versuchte Queenie der Kanne auszuweichen. Saphira hatte bereits Schritte vernommen und das erste was sie sah, war ein weißblonder Schopf, welcher zu einem großen Mann gehörte, der mit gesenktem Kopf das Zimmer betrat. Es war Grindelwald. Queenie sprang panisch auf und richtete ihren Zauberstab auf den Magier. Saphira legte nachdenklich den Kopf schief und umklammerte ebenfalls ihren Zauberstab, der jedoch noch in ihrer Manteltasche steckte. Auch wenn ihr Aufenthalt in Paris bis jetzt anders verlief als geplant, musste sie doch feststellen, dass sie Glück gehabt hatte. Denn nun hatte sie die Möglichkeit, ihre eigentliche Mission zu beginnen. Sie wollte nicht auf den Zauberer wirken, als hätte sie Angst vor ihm oder ihn gar bedrohen, so wie Queenie es gerade tat. „Keinen Schritt weiter", befahl Queenie mit zitternder Stimme.

Grindelwald brachte ein besonderes Flair mit sich. Er hatte dieselbe natürliche Eleganz, wie sie Vinda gehabt hatte und seine Anwesenheit allein reichte aus, um alle Vorbehalte, die man ihm gegenüber hatte, fallen zu lassen. Der Zauberer strahlte eine innere und doch sehr bestimmte Ruhe aus, die Saphira dazu brachte, die Hand an ihrem Zauberstab etwas zu lockern. Er trug dunkle Stiefel, eine schwarze Weste mit passendem Jackett und darunter ein weißes Hemd. Seine dunkle Kleidung verlieh ihm ein edles Aussehen, welche jedoch im starken Kontrast zu den hellen Haaren und der blassen Haut stand. Saphira wusste in dem Augenblick, wo Grindelwald das Zimmer betreten hatte, was im Tagespropheten mit „außergewöhnlichen charismatischen Fähigkeiten" gemeint war. Denn dieser Mann, der nun in voller Pracht vor ihr Stand, füllte den Raum voll und ganz mit seinem ruhigen Selbstbewusstsein aus. „Ich weiß, was Sie sind", brachte Queenie hervor. Saphira konnte ihren Blick immer noch nicht von dem großen Zauberer abwenden, der, trotz Queenies Warnung, seinen Weg durchs Zimmer fortsetzte.

„Queenie", seine Stimme strahlte dieselbe Ruhe aus, die Saphira im ersten Augenblick seiner Erscheinung entnehmen konnte. „Wir sind nicht hier um dir weh zu tun", er blickte auf. Gänsehaut breitete sich auf Saphiras Körper aus und sie war froh, dass er nicht sie, sondern Queenie beobachtete. Sein rechtes Auge war hellblau, beinahe weiß eingefärbt und das linke so tiefbraun, dass man es auch fast für schwarz halten konnte. „Wir wollen dir nur helfen", er tat einen weiteren Schritt auf Queenie zu. Saphira fragte sich, was Grindelwald wohl ausgerechnet von Queenie wollte. Ihre Schwester war Aurorin und sie selbst liebte einen Muggel, welche nach der Ideologie von Grindelwald, niederträchtig und zu verabscheuen waren. Einen kurzen Moment haderte Saphira mit sich selbst, ob sie es wagen sollte in seinen Geist einzudringen. Sie hatte jahrelanges Training und doch hatte sie Angst von ihrer Gabe enttäuscht zu werden, auch wenn es sich um den größten Schwarzmagier aller Zeiten handelte. Sie hätte vor Freude einen Sprung machen können, als einzelne Gedankenfetzen zu ihr durchdrangen.

Es waren zwar nur Fetzen wie Legilimentik oder Friedhof Père Lachaise, jedoch konnte sich Saphira einen Reim daraus machen. Er wollte Queenie für seine Sache gewinnen, um ihre Fähigkeiten der Legilimentik zu Nutzen. Das nächste große Treffen seiner Anhänger würde wohl auf dem Friedhof stattfinden. Saphira hatte bereits von dem Amphitheater gehört, welches unterirdisch liegen musste und nur vom Friedhof aus betreten werden konnte. Queenie zitterte vor Angst, als Grindelwald nur ein paar Meter vor ihr stehen blieb und sie durchdringend musterte. „Du bist so unglaublich weit weg von der Heimat. So weit weg von allem was du liebst, von allem, was dir tröstlich war", Queenie starrte ihn an und zitterte am ganzen Körper. „Ich würde nie zulassen, dass dir ein Leid geschieht", er sprach wie ein Vater mit seinem Kind, welches Angst in der Dunkelheit hatte. „Niemals", wiederholte er. Saphira musste zugeben, dass er durchaus überzeugend war. Doch erkannte sie Manipulation, wenn sie sie vor sich sah. Der Zauberer hatte Saphira immer noch nicht eines Blickes gewürdigt und auch Queenie nicht, die ihn wie gebannt anstarrte. „Es ist nicht deine Schuld, dass deine Schwester Aurorin ist", erklärte er sanft,„Ich wünschte du würdest mit mir darauf hinwirken, eine Welt zu schaffen, in der wir Zauberer, alle ganz frei leben dürfen. Und frei lieben dürfen", er hob die Hand, um ihren Zauberstab zu greifen. Queenie wimmerte leise, als er ihn umfasste und langsam hinunterdrückte. Ihre Augen wurden glasig und waren vor Angst geweitet.„Du bist so unschuldig", sagte Grindelwald und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Also geh jetzt", sagte er. Queenie atmete schwer. „Verlasse diesen Ort", er sah ihr nochmals tief in die Augen, ehe er sich abwandte. Queenie schien aus ihrer Starre zu erwachen. „Was ist mit ihr?", fragte sie leise und deutete auf Saphira. Grindelwald verharrte und wendete seinen durchdringenden Blick nun Saphira zu. Zu ihrer eigenen Überraschung schaffte sie es ihm standzuhalten. Er legte den Kopf schief. „Sie kann ebenfalls gehen", sagte er dann nach einem Moment der Stille. Saphira fühlte sich erleichtert. Ohne ein weiteres Wort stürmte Queenie hinaus. Sie drehte sich nicht noch einmal nach Saphira oder Grindelwald um.

Saphira war nun allein mit dem mächtigsten Zauberer der Welt. Sie stand langsam auf, sich sehr bewusst, dass sein Blick immer noch auf ihr lag. „Nun", sagte sie, erstaunt, dass ihre Stimme nicht zitterte, „ ich freue mich Sie baldigst wieder zu sehen Mr. Grindelwald." Sie schritt an ihm vorbei, drehte sich jedoch auf der Türschwelle noch einmal um. Sie wusste, dass sein Interesse an ihr bei Weitem nicht so groß war wie an Queenie, weshalb sie ihm verständlich machen musste, dass auch sie eine wertvolle Anhängerin in seinen Reihen sein konnte. „Ich hoffe Sie können Credence auf dem Friedhof Père Lachaise von sich überzeugen", sie blickte ihn einen Moment lang an. Überraschung blitzte in den Augen des blonden Zauberers auf, verblasste jedoch sofort wieder. „Machen Sie sich keine Sorgen, das werde ich", antwortete er ruhig. Saphira nickte und wandte sich ab zum Gehen.

„Warten Sie" Saphira stoppte abrupt und verharrte wie versteinert, in der Hoffnung, dass sie nichts Falsches gesagt hatte. „Wie ist Ihr Name?", fragte er interessiert. Saphira drehte sich nochmal um und begegnete seinem durchdringenden Blick, bei dem sich ihre Nackenhaare aufstellten. „Saphira Selwyn", antwortete sie mit fester Stimme. „Ich würde mich freuen, wenn Sie erscheinen würden", sagte er nur und entließ sie mit einer Handbewegung. Auf ihrem Weg nach draußen begegnete sie nochmals Vinda und einem jungen Mann, der ihr lächelnd zunickte. Sie ignorierte die beiden und war einfach nur froh, wieder an der frischen Luft zu sein. Queenie hatte nicht auf sie gewartet, was Saphira nicht wunderte, so aufgelöst, wie die blonde Hexe gewesen war. Zu ihrer eigenen Überraschung , befand sich Saphira jedoch in einem sehr zufriedenem Zustand und auch die Angst, die so viele gegenüber dem Schwarzmagier empfanden und wie sie so oft im Tagespropheten beschrieben wurde, konnte die junge Hexe nicht nachvollziehen. Sie empfand ihn als einen vielseitigen und auch interessanten Charakter, über den sie gern mehr herausfinden würde. Ein siegessicheres Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie würde mehr über ihn herausfinden.

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