v. die erscheinung

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»Vielleicht schlafen sie?«, fragt Kalea unbeholfen, wobei sie selbst merkt, wie dämlich ihre Aussage klingt. Immerhin hat ein Wachhund genau eine Aufgabe, und das ist es über das Anwesen zu wachen.

Von jedem noch so kleinsten Geräusch müsste er aufgeweckt werden und in dieser Welt, wo es diese ganzen Monster gibt, ist es wichtiger denn je, einen Wächter zu haben.

Man kann sich nie sicher genug sein.

»Was glaubst du ist passiert?«, Geralt zieht sein Schwert aus der Scheide, während er mit langsamen und bedachten Schritten durch das Tor marschiert.

»Nehmt Plötze«, befiehlt er ihr und sofort schnappt sie sich seine Zügel und führt Plötze einige Meter hinter Geralt.

»Bleibt hinter mir und wenn ich euch sage, ihr haut ab, dann tut ihr das«, spricht er, während Kalea seinen breiten Rücken betrachtet.

»Ich kann dich hier nicht alleine lassen«, sagt sie bestimmend.

»Kalea«, seine Stimme klingt warnend.

»Wenn ich sage Ihr verschwindet, dann verschwindet Ihr!«, brummt er und ärgerlich beißt sich Kalea auf ihre Lippe.

Sie antwortet nichts darauf und vielleicht ist es etwas töricht von ihr, doch sie würde Geralt nicht alleine lassen. Nicht mal aus dem Grund, dass sie alleine komplett aufgeschmissen wäre, doch sie würde es nicht zulassen, dass ihm etwas passiert. Nicht, dass sie etwas gegen ein Monster ausrichten könnte, dennoch kann sie es nicht über ihr Herz bringen.

Sie ist Geralt schon jetzt zu unfassbarem Dank verpflichtet und auch wenn er ein kleiner (oder auch großer) Grummelbär ist, lebt sie nur noch wegen ihm.

Er hätte sie einfach alleine lassen können – doch aus welchem Grund auch immer – hat er die zierliche Blonde mitgenommen. Dabei ist er gerne ein Alleingänger und es gibt Momente, wo er hofft, sie würde einfach ihre Klappe halten.

Doch irgendwie beruhigt ihn ihre aufgeweckte, neugierige Stimme. Sie ist wie er, als er jünger war und diese grausame Welt entdeckt hat, und doch ist sie anders, denn im Gegensatz zu ihm, ist sie eine Frohnatur und vielleicht etwas naiv, doch sie versucht, in allem das Positive zu sehen.  Gerade dann, wenn es nichts Positives gibt.

Während die beiden in den kleinen Hof laufen, hört man nur den leisen Wind, der durch eine offene Tür pfeift. Ansonsten hört man nur Stille; kein Bellen, keine arbeitenden Menschen, kein Kinderlachen.

Geralt wird immer langsamer, aufmerksam sieht er sich um und fixiert die Gegend, als würde er etwas komplett anderes als Kalea sehen. Plötze bleibt abrupt stehen und tänzelt nervös auf der Stelle herum, Kalea erhöht den Druck an den Zügeln, doch Plötze stellt sich quer.

»Verdammt...«, murmelt Kalea, als plötzlich ein Vogel mit einem lauten Schrei in die Luft steigt.

Erschrocken schaut Kalea den Vogel nach, während er in den Baumkronen verschwindet. Kurz atmet sie auf, für einen Moment ist ihr Herz stehen geblieben.

»Es war nur ein Vogel...«, murmelt sie zu sich selbst.

Ihr Blick wandert zu der eingefallenen Mauer, von wo der Vogel weggeflogen ist. Geralt bewegt sich auf das Haus zu, seine ganzen Sinne sind geschärft, dass Kalea hinter ihm war, hat er komplett ausgeblendet.

Automatisch führen ihre Beine sie zu der alten Mauer, Plötze wiehert ihr leise hinterher, doch Kalea wird magisch von der Mauer angezogen. Wenige Meter vor der Mauer erkennt sie erst, was sie umzäunt.

Wildes Gestrüpp breitet sich über die Fläche aus, ein großer Baum steht in der Mitte, während mehrere Grabsteine dort stehen.

»Ein Friedhof...«, murmelt Kalea leise. Ihr Blick ist auf den Friedhof gerichtet, während sie ihre Beine automatisch durch das kaputte Tor tragen und sie die kleine Totenstätte betritt. Kalea weiß nicht was es ist, doch als würde sie ein unsichtbares Band ziehen, geht sie durch die Gräber zu dem großen Baum.

another world- geralt von rivaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt