xvii. das herrenhaus von murivel

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»Wo sind wir hier?«, durchbricht Ciri die Stille, während Kalea immer noch mit den Gedanken an gestern Nacht hängt. Noch nie hat sie sich so sicher, wie in Geralts Armen gefühlt, nicht bei ihrer ersten großen Liebe, und nicht bei jeden anderen darauffolgenden Freund.

»Murivel«, erklärt Geralt, der gemeinsam mit Ciri einige Meter vor Kalea läuft. Sie fixiert den großen blonden, ihr Blick ruht auf seinem Rücken und immer noch kann sie seine Wärme spüren, die in ihr übergegangen ist, als er sie in den Arm genommen hat. So als wäre es nicht bereits einige Stunden her, indem sie schon wieder nur einen Weg durch den endlos grünen Wald bahnen.

Ciri und Geralt unterhalten sich, während Kalea sich aus all dem raushält, wieder überschlagen sich ihre Gedanken. Ihr ganzes Leben hat sich verändert, seitdem sie in dem Wald aufgewacht und auf Geralt getroffen ist, doch immer noch hat sie keinen blassen Schimmer, wie es passieren konnte.

Sie hat sich eine Pizza gemacht, sich auf die Couch gelegt, irgendwann müssen ihr die Augen zugefallen sein, und plötzlich hat sie, anstatt der durchgeschlafenen Couch, harten Boden unter sich gespürt.

Sie will es verstehen, doch sie kann es nicht. Niemals hätte sie an Magie geglaubt, bis sie in dieser Welt gelandet ist, doch wie ist sie hier hergekommen?

Es macht keinen Sinn und Kalea kann es sich einfach nicht erklären. Genauso wenig wie Geralt. Sie ist sich nicht einmal sicher, ob sie dieses Geheimnis jemals lüften wird oder ob sie es jetzt, nach den ganzen Geschehnissen, überhaupt noch möchte.

Sie vermisst ihre beste Freundin, aber ansonsten gibt es niemanden mehr in ihrer Welt. Schon ziemlich traurig, wenn sie darüber nachdenkt.

Doch hier hat sie Geralt, auch wenn sie das alles noch nicht genau einordnen kann. Sie mag den milchblonden Mann. Nein sie liebt ihn, das ist ihr klar geworden.

Doch liebt er sie auch?

Sie mögen mit der Zeit zu einem ungleichen Paar geworden sein, dennoch kennt er sie immer noch nicht richtig. Sie ist das Mädchen, das er im Wald aufgegabelt hat, das Mädchen, das er von einer Kikimora und Fendir gerettet hat. Und dennoch hat er sie geküsst. Zweimal.

Und sie hat es genossen, jede einzelne Sekunde, in der sich seine weichen Lippen gegen ihre gepresst haben. Es hat sich gut angefühlt, richtig. Immer noch spürt sie seine rauen Hände, die ihre Haut lang gefahren sind, seine Lippen, die ihre Haut liebkost haben.

»Kalea?«

Geralts Stimme durchbricht ihre Tagträumerei. Verlegen und mit roten Wangen sieht sie zu ihm.

»Ist alles okay?«, fragt er, nachdem sie den gesamten Vormittag keinen einzigen Ton von sich gegeben hat.

Sie schaut in seine goldenen Augen, verliert sich wie jedes Mal in ihnen. Wieder kommt kein Ton über ihre Lippen, weswegen sie nickt. Prüfend sieht Geralt sie an, er glaubt ihr nicht und als er gerade weiter nachhaken will, ruft Ciri nach ihm. Für einen kurzen Moment sehen Kalea und Geralt sich an, dann dreht er sich um, um zu Ciri zu gehen, die auf ein riesiges Herrenhaus zeigt.

»Wolltest du hier hin?«, hört Kalea Ciri fragen, als sie neben den beiden getreten ist.

Zufrieden schnaubt Plötze neben ihr ab, während ihre Augen sich auch auf das prächtige Anwesen richten. Sicherlich hat es schon bessere Tage gesehen, dennoch ist das Herrenhaus atemberaubend.

»Wer wohnt hier?«, fragt Kalea und wendet ihren Blick von dem Anwesen ab.

»Ein alter Freund«, seufzt Geralt und geht auf das Tor zu. Ciri und Kalea sehen sich zweifelnd an. Geralts alte Freunde sind alle eine Sache für sich; denn sie verkörpern gerade nicht das, was man in Kaleas Welt als Freunde bezeichnet. Eher das Gegenteil, wenn sie an Leander, Fendir und an Cunar denkt.

another world- geralt von rivaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt