xxix. strohpuppe

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»Ich würde den Jungs ja zeigen, wie man richtig kocht, doch dafür müsste ich auch kochen können«, brummt Kalea, nachdem Ciri und sie ihre Schüsseln wieder zu den anderen gestellt haben.

Das Frühstück ist wieder einmal wie immer ausgefallen: Die Reste noch vom Vorabend. Ein ewiger Teufelskreis, wenn es heißt, dass Lambert gekocht hat.

»An Tagen wie diesen vermisse ich den Koch in Cintra«, lacht Ciri leise und Kalea stimmt mit ein.

Kalea ist heute früh in den Armen von Geralt aufgewacht. Einige Zeit lag sie da, hat die Züge seines Gesichtes betrachtet, die im Schlaf friedlicher denn je wirken. Doch irgendwann hat es sie aus dem Bett getrieben und schwerfällig hat sie sich von Geralt gelöst, bevor sie sich angezogen hat und nach unten gegangen ist, wo sie auf Ciri getroffen ist.

»Wie geht es dir, Ciri?«, fragt Kalea, als sie das Tor nach draußen passieren und die eisige Kälte die beiden Frauen umfängt. Kalea schlingt ihre Arme um sich, während sie sie reibt.

Ciri sieht Kalea nicht an, während sie antwortet. »Ganz okay«, sie zuckt mit ihren Schultern und Kalea seufzt leise.

»Was ist los?«, doch sie hat nicht damit gerechnet, dass Kalea nicht so leicht locker lässt.

»Geralt versteht mich einfach nicht, er-« Ciri stoppt und holt einmal tief Luft.

»Er versteht nicht, was ich durchmachen musste und was ich will«, wieder stoppt sie und Kalea nutzt den Moment der Stille, um etwas zu sagen.

»Du willst es wahrscheinlich nicht hören und das kann ich verstehen, ich würde es an deiner Stelle genauso wenig wollen, aber er macht sich Sorgen. Ich verstehe nicht gerade viel von dieser Welt, doch das was ihr habt - dieses Band - es ist etwas ganz besonderes, das nicht viele haben. Es ist auch nicht einfach für ihn, er weiß doch genauso wenig, wie er mit der ganzen Situation umgehen soll. Doch hier laufen Dinge, die selbst Geralt nicht versteht«, spricht Kalea sanft.

Ciri sieht stur geradeaus, bevor sie mit ihren Kopf nickt.

»Ich verstehe es - irgendwie, aber es ist einfach kompliziert«, seufzt sie und Kalea tätschelt ihre Schulter und lächelt ihr aufmunternd zu.

»Es wird alles gut werden.«

Kalea kann es nicht wissen, dennoch will sie der jüngeren Mut geben.

Egal, was die drei noch durchstehen, niemand von ihnen ist alleine. Sie haben sich und daran wird sich sicherlich nichts ändern.

»Jetzt lass uns kämpfen!«, leichtfüßig springt Kalea nach vorne und schnappt sich eines der Trainingsschwerter, dass sich neben der Strohpuppe die als Trainingsgegenstand fungiert.

Ciri lässt es sich nicht zweimal sagen und stellt sich neben Kalea, die schon in der Ausgangsstellung ist, welche Geralt ihnen erst gestern beigebracht hat.

Tief atmet sie durch, während sie die Puppe vor sich betrachtet. Auch wenn sie sich nicht wehren kann und nur dasteht, stellt sie sich vor, es wäre wieder ein Monster, wie das, was sie als allererstes getroffen hat.

Damit hat ihre Reise mit Geralt angefangen - ihr neues Leben. Niemals hätte sie gedacht, dass sich ihr Leben so sehr ändern wird und dennoch, würde sie es jetzt nicht anders haben wollen.

Sie spürt Ciris Blick auf sich, während sie die Bewegungen so präzise ausführt, wie Geralt es ihnen gezeigt hat. Immer und immer wieder. Kaleas Blick haftet sich auf ihren Gegner, auch wenn es nur eine Puppe ist. Später kann es ein echter Gegner in einem echten Kampf sein, wo man ums Blanke überleben kämpft.

Einige Runden später geht Kalea keuchend von der Strohpuppe weg. Ihre Muskeln brennen, ihr Atem geht stoßweise, aber ein leichtes Lächeln liegt auf ihren Lippen.

another world- geralt von rivaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt