„Wovon habt Ihr geträumt?" Azarias reißt mich aus der Fluchtplanung, in der ich das Lächeln nicht verloren habe, das mir die Erinnerung im Schlaf geschenkt hat. Mein Blick geht zu dem jungen Mann mit den stechend blauen Augen, der eine kleine Phiole in der Hand hält.
Die Kopfschmerzen aufgrund der goldenen Murmelkette sind gestiegen. Obwohl auch sie mir das Lächeln nicht nehmen können, hat Azarias es bemerkt. Mir missfällt es, Drachentränen, die vermutlich brutal geerntet werden, zu benutzen. Aber ich habe keine Wahl und so erlaube ich ihm, sie auf meine Schläfe zu massieren.
„Meiner Mutter", sage ich knapp und starre in die blau glühenden Augen, die mich aufmerksam betrachten. Das Lächeln umspielt noch immer seine Lippen.
„Möchtet Ihr mir von ihr erzählen?" Es mag an meinem erholten Körper, seiner vertrauten Aura und dem abschwellenden Schmerz liegen - aber ich würde alles tun, um die Erinnerung noch einmal zu erleben. Selbst einem Fremden davon zu erzählen.
„Es war mein fünfter Geburtstag, glaube ich. Der Letzte, den ich mit ihr hatte. Sie roch nach Pfannkuchen und Lagerfeuer ... Ihr hellbraunes Haar stand wild ab, was es immer tat, wenn sie es nicht in einen Knoten bändigte ... ihre Augen hatten diesen Glanz, der versicherte, dass alles gut wird ... Sie trug den Sonnenschein darin. Und ihre Umarmung ... ihre Umarmung machte die ganze Welt heil." Eine Träne rollt meine Wange hinunter und ich nehme einen zittrigen Atemzug.
So lange habe ich nicht mehr an meine Mutter gedacht. Konnte nicht. Ich habe vergessen, wie sie aussah; das Lächeln, das nur mir galt. Die Last unseres schwierigen Lebens verhüllte sie erfolgreich. Heute verstehe ich die Kraft, die es sie gekostet hat. Talib zu liebe, frage ich nichts über sie. Der Schmerz in seinen Augen ist kaum auszuhalten, nicht einmal um ihr Gesicht nicht zu vergessen. Meine eigenen Erinnerungen jedoch sind rar und tief vergraben. Ich war ein kleines Mädchen, als sie starb.
Ich vermisse sie, obwohl ich sie vergesse.
Mein Körper zittert vor Sehnsucht, während ich um Atemzüge kämpfe. Ich wusste nicht, wie sehr ich mich nach ihr sehne. Wie sehr ich mir Talib jetzt wünsche. Wie allein ich bin. Drachenmist!
In Trance lasse ich mich von Azarias auf die Beine und in eine Umarmung ziehen. Aufgewühlt genieße ich die Wärme und seine Aura, die ihn umspielt und mich beruhigt. Weitere Tränen löst sich, während er mir über den Rücken streichelt. So vertraut, dass ich vergesse, dass er ein Fremder ist; weil die Wärme, die ich spüre, zu kostbar ist.
„Ihre Berührungen ... waren warm", fällt die Erkenntnis über mich. „Wie deine."
Ich schiebe mich ein Stück aus der Umarmung und sehe zu Azarias auf. Seine blauen Augen verflechten sich mit meinen, während seine Wärme mich umspielt und mein Herz leicht antreibt. Seine Finger wandern über meinen Arm zu meiner Schulter. Sie hinterlassen eine Feuerspur, die auf meiner Wange endet. Etwas blitzt in seinen Augen, dass ich zuvor gesehen, aber nicht beachtet habe. Die Veränderung, die erst heute Morgen für mich ersichtlich wurde.
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Drachenflüstern
Fantasía„Ist das alles ein Spiel für dich?", fragt er so wütend, wie lange nicht mehr. „Ja, ist es!", entgegne ich entschlossen. „Ich sterbe lieber mit einem Lächeln auf dem Gesicht, anstatt einem Blick über die Schulter." Amaya ist ihr ganzes Leben auf der...