Dunkle Augen beobachten uns durch das Gestrüpp. Fixieren mich mit derselben Angst, wie ich ihm entgegenbringe. Das braune Fell schimmert in der untergehenden Sonne und ich nehme einen tiefen Atemzug. Doch im nächsten Wimpernschlag stockt er. Als Keir sich auf das Reh stürzt und sein Messer in dessen Hals jagt, löst sich ein Schrei von mir, der die Vögel in der Nähe aufscheucht und Talib kommt angesprungen.
„Danke für dein Opfer", wispert der junge Mann und erlöst das Tier von seinem Leid.
Gemeinsam tragen die beiden das Reh zum Feuer, das inzwischen knistert. Während mein Blick noch einen Moment auf dem blutgetränkten Waldboden fällt. Ein solcher Fang grenzt an ein Wunder und wird uns Tage versorgen. Trotzdem ist es mit schwerem Herzen, dass ich das Opfer akzeptiere.
Meine Aufmerksamkeit gleitet noch einmal durchs Gestrüpp, da ich das Gefühl, dass wir beobachtet werden, nicht loswerde. Irgendetwas ist dort draußen in der Dunkelheit. Doch es rührt sich absolut nichts.
Selbst nachdem Talib zweimal und Keir sogar dreimal durch das Dickicht streift, bleibt das Gefühl bestehen. Aber ich sage nichts mehr. Kehre lediglich dem Waldstück nicht den Rücken zu. Wenigstens kann er sich so nichts anschleichen.
Mit Aloe, die ich in der Nähe bei ein paar Felsen gefunden habe, versorge ich Keirs Verbrennungen, von denen er mir versichert, dass sie ihn nicht schmerzen. Doch die Haut ist noch immer gerötet, seine Muskeln leicht verspannt und seine Atmung zu konzentriert.
Als der Mond die Nacht erhellt und die Eulen das Abendkonzert einstimmen, legen die beiden jungen Männer sich ums Feuer. Talib starrt mit verschränkten Händen hinter dem Kopf in den Sternenhimmel. Und Keir liegt, mit dem Arm von sich gestreckt und einer Bitte in den Augen, mich zu ihm zu kuscheln.
Obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche, als seinem Herzschlag zu lauschen und seine Finger über meiner Haut zu spüren, schüttele ich den Kopf und lege Holz nach. Kleine Funken wühlen auf. Tanzen glühend in den Nachthimmel. Nur ein Funken verliert sich auf meine Haut und ich betrachte das Rot, das sich schwarz verfärbt, jedoch kein Zeichen auf meiner Haut hinterlässt.
Wie lange ich den Flammen bei ihrem Tanz zusehe, kann ich nicht sagen. Ihre hypnotisierende Wirkung lässt die Zeit anders vergehen. Lediglich das Schnarchen der beiden jungen Männer zeugt von der Ewigkeit, die vergangen sein muss.
Die Müdigkeit zerrt auch an meinen Gedanken und Glieder, zudem hat der lange Marsch meine Kraft geraubt und der Gedanke an den morgigen Tag lässt mich leise stöhnen. Doch die Angst hält mich wach. Die Angst vor mir selbst; was ich tun könnte; was passieren würde, wenn ich nachgebe. Die Kontrolle nicht behalte.
Ich lasse meinen Blick ein weiteres Mal über das Waldstück schweifen und etwas Goldenes funkelt mir entgegen. Mein Atem stockt, als das Rascheln zunimmt und dann ist das Gold von der Schwärze erneut verschluckt. Die Insekten, wie auch die Eulen verstummen in ihrem Lied. Bestätigt von der Vermutung, dass wir nicht allein sind, schlucke ich schwer und greife nach meinem Messer. Aber ein weiteres Gefühl überkommt. Eine warme Empfindung, die mich beruhigt. Eine Vorahnung, dass ich keine Angst haben muss.
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Drachenflüstern
Fantastik„Ist das alles ein Spiel für dich?", fragt er so wütend, wie lange nicht mehr. „Ja, ist es!", entgegne ich entschlossen. „Ich sterbe lieber mit einem Lächeln auf dem Gesicht, anstatt einem Blick über die Schulter." Amaya ist ihr ganzes Leben auf der...