13: Wieso seid Ihr auf der Flucht?

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***Danke für 300 Sterne***

In einem vornehmen Kleid humpele ich zur Tür. Feine dunkelrote Seide mit dezentem Blumenmuster in einem dunkleren Ton. Einfach nur schrecklich. Wären meine Gedanken kein rasendes Karussell, würde ich mich über das teure und feine Kleid beschweren. Würde lieber erneut Hosen und ein viel zu weites Hemd überstreifen. Die Ärmel des Kleides reichen bis zum Handgelenk und der Saum bis knapp über die Knöchel. Zumindest haben sie daran gedacht, meine Blessuren zu verhüllen.

Azarias, der an der Tür lehnt, schreckt zusammen, als sich diese öffnet und blickt mich mit großen Augen an. In dem stechenden Blau sehe ich denselben Wirbelsturm, der auch in mir herrscht. Nur dass anstatt meiner Unwissenheit in seinen Selbstvorwurf schwebt.

Einige Wimpernschläge betrachtet er mich in der untypischen Kleidung. Für mich ungewöhnlich. Für ihn vermutlich, was er sich unter einer jungen Frau vorstellt. Zumindest dem Schimmer seiner Augen zu urteilen, ist er zufrieden mit meinem Anblick. Er wendet den Blick ab, als ihm mein mahnender Ausdruck auffällt.

Schweigend hilft mir Azarias nach unten in die Taverne an einen Tisch abseits des Trubels. Die Wächter amüsieren sich lautstark mit ein paar Weibern und Met. Während die anderen Gäste in ihr eigenes Gebrüll über Würfelspiele verfallen.

Wenig später wird mir ein Eintopf aufgetischt, den ich hungrig verschlinge und sogar eine zweite Portion.

Als mein Blick zurück zu Azarias fällt, lehnt dieser mit verschränkten Armen und dem Blick auf mir im Stuhl. Doch in Gedanken scheint er woanders zu sein.

„Was ist Drachenflüstern?", frage ich und hole den jungen Mann aus seiner Trance.

Er schüttelt den Kopf.

„Nicht hier." Aus dem Augenwinkel sieht er zu den Wächtern, zu denen sich zwei leicht bekleidete Frauen gesellt haben.

Obwohl ich eine Antwort will, schlage ich das Dessert nicht aus, das er mir anbietet. Bereits der erste Löffel der braunen Masse lässt mich leise stöhnen. Eine Köstlichkeit, wie ich sie noch nie gekostet habe und meine Gedanken einige Momente übernimmt. Schokoladenmousse hat Azarias erklärt.

Als wir zurück ins Zimmer treten, wird die Atmosphäre erneut angespannter und Azarias minimiert die Berührungen auf ein Minimum. Was in meinem Interesse liegt - obwohl seine Berührung so verlockend ist. Er hilft mir auf das breite Bett und setzt sich selbst auf eine Truhe an der gegenüberliegenden Wand. Das einzige andere Möbelstück neben der Wanne. Dann wird es so still, dass wir das Gelächter aus der Taverne unter uns hören können.

„Hast du vor etwas zu sagen oder soll ich deine Gedanken lesen?" Der junge Mann richtet sich auf und nimmt einen tiefen Atemzug.

„Wieso seid Ihr auf der Flucht?"

„Weil die Wächter mich gefangen nehmen wollen ... wollten." Ich verenge die Augen.

„Wisst Ihr weshalb?"

Will er mich verhöhnen? Ich schüttele den Kopf, um nicht durch einen Streit vom Thema abzukommen.

„Was hat Eure Mutter Euch erzählt?"

„Dass sie mich nicht bekommen dürfen." Azarias macht eine auffordernde Kopfbewegung, um mich zum weiter sprechen zu motivieren. Eine dunkle Haarsträhne fällt vor seine Augen, die mich einen Wimpernschlag ablenkt. Wieso jagen mich die Drachentöter? Drachenmist noch einst ich weiß es nicht. Sie tun es eben.

Das ist, was ich weiß.

Wenn sie mich bekommen, passieren schlimme Dinge. Welche Dinge das sind, weiß ich nicht. Nur, dass es nicht gut für mich ist. Ob Talib mehr weiß, kann ich nicht sagen; erzählt hat er mir nichts.

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