I Got This

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"Komm schon, Sirena", murmelte ich zu ir selbst, "Du schaffst das."

Während ich die Kette, die vor mir lag, pausenlos anstarrte, begann ich erneut, den Zauber zu sprechen, den Freya mir genannt hatte. Ich musste es einfach schaffen. Für Ashina.

Ein bittersüßer Schmerz stieg in mir auf, als ich den Spruch zum gefühlt tausendsten Mal aufsagte, aber ich ignorierte ihn. Das bedeutete nämlich, dass es klappte. Oder dass ich mich überanstrengte und gleich sterben könnte, aber ich hoffte einfach, dass es die erste Möglichkeit war.

''Jetzt funktionier doch endlich!'', fluchte ich, ''Verdammt.'' Ich war wirklich kurz davor, alles aufzugeben und Freya irgendwie dazu zu bringen, die Mondlichtkette für Ashina zu verzaubern. Wenn ich sie nur lang genug nervte, musste das doch irgendwie gehen.

Frustriert erhob ich mich vom Kellerboden und ging auf und ab. Es musste doch einen Weg geben, wie ich diesen blöden Zauber hinkriegte. Unmöglich war schließlich nichts, auch wenn es gerade ziemlich ausweglos schien.

''Ach scheiße'', rief ich und fegte mit einer einzigen unkontrolierten Handbewegung alles um, was nicht bombenfest irgendwo befestigt war. So viel zur Kontrolle. Aber es waren nun mal nur noch wenige Tage bis zum nächsten Vollmond und bis dahin musste es geschafft sein. Ashina sollte die Verwandlung nicht ein weiteres Mal durchstehen müssen.

Verdammt, warum konnte nicht einfach sie eine Hexe sein und ich ein Werwolf. Zumindest über den Vollmond. Ein Körpertausch müsste doch in der Theorie möglich sein, oder nicht? Das einzige Problem bei der Sache war nur, dass es wohl noch schwieriger war, als die Sache mit der Kette.

"Mist, Mist, Mist."

Warum konnte ich nicht einfach die ganze Sache abbrechen. Ich würde es nie schaffen, die Magie in diese blöde Kette zu bekommen. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich hielt inne. Was wenn das die Lösung war? Ich hatte zu viel Magie, die zu schwer zu kontrollieren war, vielleicht konnte ich aber einen Teil irgendwo anders hin ableiten. Das war einen Versuch wert oder nicht?

Von neuer Hoffnung erfüllt stand ich auf. Jetzt nur noch etwas finden, was die Magie aushielt. Ein magisches Objekt war zu kompliziert, es könnte kaputt gehen, wenn die Magie zu viel wurde. Ich bräuchte etwas Unzerstörbares. Mein erster Gedanke wären natürlich meine Geschwister, aber das ging nicht. Sie würden die Magie zwar locker aushalten, aber wenn etwas schiefging, würden sie womöglich die nächsten hundert Jahre leuchten oder glitzern. Und obwohl das wirklich lustig anzuschauen wäre, auf Dauer würde es dann doch nerven.

Also etwas anderes. Irgendwas aus der Natur am besten. Von ihr kam die Macht, also würde sie damit zurecht kommen. Aber ich wollte nicht raus, das würde zu viel Aufsehen auf mich ziehen. Feuer war zu gefährlich, am Ende wäre ich nur noch ein Haufen Asche und würde auf der anderen Seite "Girl On Fire" von Alicia Keys singen. Das musste auch nicht unbedingt sein.

Blieb noch Wasser. Zu diesem Element hatte ich mich sowieso immer am meisten hingezogen gefühlt, weil es so vielschichtig war. Wunderschön und gleichzeitig gefährlich und tödlich. Ruhig aber brutal und nicht zu bändigen. So kam mir meine Magie vor. Und ich war die Schwimmerin, die vergeblich versuchte, gegen den Strom anzukommen.

"Na gut, dann mal los. Du musst das jetzt hinkriegen." Ich holte eine Schüssel, die ich mit Wasser füllte, und stellte sie vor mir hin. Während ich die linke Hand leiht hinein tauchte und sofort von der kühlen Ruhe erfasst wurde, umklammerte ich mit rechts die Kette. Konzentration.

Tonlos sprach ich den Zauber ein weiteres Mal. Jeden Gedanken, der nichts mit dem Spruch und dem schwarzen Onyx in meiner Hand zu tun hatte, verdrängte ich.

Es dauerte nicht lange, da spürte ich, dass sich etwas tat. Jetzt kam es darauf an. Würde das Wasser die überschüssige Magie aufnehmen? Oder erwies es sich als weiterer Reinfall? Mittlerweile schrie ich fast schon. Es würde funktionieren, es musste einfach!

Und dann, ganz plötzlich, explodierte die Schüssel. Glas sprang überall hin und schnitt mir die Haut auf. Doch ich hörte nicht auf. Es klappte, ich spürte es. Wenn ich aufhörte, wäre alles umsonst.

In diesem Moment war die Magie weg. Na gut, nicht weg, aber in der Kette. Es hatte funktioniert, ich hatte es geschafft! Ich hatte es tatsächlich geschafft!

Ungläubig stand ich auf und zuckte augenblicklich zusammen. "Autsch." An mir herabschauend stellte ich fest, dass ich blutete. Kein Wunder eigentlich, die Glasscherben hatten mich ziemlich erwischt. Bis jetzt war mir der Schmerz nur nicht aufgefallen. Fluchend ging ich hoch in mein Zimmer. Aufräumen könnte ich später auch noch. Erstmal wollte ich die Wunden versorgen.

Vorsichtig legte ich die Kette auf den Schreibtisch und suchte eine Salbe aus einer Schublade heraus. Freya hatte sie gemacht, also würden die Schnitte recht schnell heilen. Nicht Vampir-schnell, aber schneller als normalerweise. Der einzige Nachteil, es brannte beim Auftragen wie verrückt. Blödes Gleichgewicht der Natur.

"Was hast du jetzt wieder angestellt?", fragte plötzlich Kol.

Erschrocken schnappte ich nach Luft. "Musst du dich immer so anschleichen?"

"Musst du dich immer verletzen? Wie hast du das gemacht? Bist du in einen Dornenbusch gesprungen?" Belustigt lehnte er sich im Türrahmen an.

"Idiot."

Kol lachte nur. "Brauchst du Hilfe?"

"Mir geht's gut."

"Sicher doch." Er ging zum Nachttisch, auf dem ein Glas Wasser stand. Das Wasser lehrte er in eine Topfpflanze am Fenster, die schon halb tot war und biss sich dann in den Arm.

"Ernsthaft? So schwer bin ich echt nicht verletzt. Es sind nur ein paar Kratzer." Augenverdrehend nahm ich das Glas mir seinem Blut entgegen, das er mir hinhielt. "Danke."

"Kein Problem. Also, was hast du gemacht? Wolltest du nicht an dem Mondlichtring arbeiten?"

"Erstens, es ist ist eine Kette, zweitens, ja, hab ich. Sie ist fertig. Dabei ist halt eine Glasschüssel kaputt gegangen." Ich trank das Blut in einem Zug leer und verzog das Gesicht. Warum konnte ich mich nicht endlich an den Geschmack gewöhnen?

"Wie hast du das hingekriegt?"

"Ich hab die Magie, die zu viel war, dort rein ins Wasser geleitet. War wohl zu viel. Aber es hat geklappt, das ist das Wichtigste."

"Nein, das Wichtigste ist, dass du es versucht hast. Dass es geklappt hat, ist nur ein Bonus."

"Nein, das ganze musste für Ashina klappen, das war das einzige, was wichtig war", widersprach ich. Ein Versuch hätte sie nicht vom Fluch befreit.

"Wie dem auch sei. Ich bin stolz auf dich, kleine Hexe." Er umarmte mich.

Bis zu diesem Augenblick wusste ich nicht, wie dringend ich diese Worte gebraucht hatte. "Danke, Dracula."

Adopted By The MikaelsonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt