49. Bree und Liz

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Widmung an @AkenoFantasy, weil dieses Kapitel durch eine Idee von ihm entstanden ist!

Verärgert darüber, dass sie erst verspätet am Treffpunkt mit den Mädels ankommen würde, sauste Bree umso schneller durch die Tiefen des Ozeans. Normalerweise genoss sie die Zeit unterwasser. Als Meerjungfrau durch das Meer zu schwimmen hatte auch einfach etwas Unbeschwertes, etwas Freies, etwas Unvergleichbares. Bree würde sogar fast zugeben, dass sie die Zeit nicht nur wegen des Meeres so begeisterte. Über die letzten paar Monate hatte sie gemerkt, wie gut es ihr tat, etwas mit anderen Menschen zu unternehmen. Bevor die ganze Sache passiert war, war sie nämlich eine ziemliche Einzelgängerin und vertrat eine düstere 'alle Menschen sind scheiße'-Einstellung, mit der sie sich besonders cool und edgy gefühlt hatte. Aber die letzte Zeit hatte sie immer mehr vom Gegenteil überzeugt. Zwar noch nicht zu hundert prozent, aber sie war zumindest auf einem guten Weg. Diese ganze Meerjungfrauen-Sache mit zwei - beziehungsweise drei, wenn man Mike zur Gruppe dazu zählte - anderen zu erleben, hatte etwas an sich, was Bree sehr zu schätzen wusste. Die drei waren einfach miteinander verbunden durch ein gemeinsames Geheimnis und sie mussten füreinander da sein, auch wenn sich das nicht immer als einfach erwies. Gerade mit den beiden. Also Candy konnte ja schon anstrengend sein, aber im Vergleich zu Liz war Candy nur ein pflegeleichter, knuffiger Welpe. Diese Sache mit Liz durchzustehen, stellte allerdings eine ganz schöne Herausforderung für die brünette Meerjungfrau dar. Nicht, dass Bree ein Problem mit Herausforderungen hatte, sie lebte für Herausforderungen. Nur handelte es sich bei Liz um eine Herausforderung, mit der sie nichts mehr zu tun haben wollte. Die beiden hatten das in den letzten Monaten nie zur Sprache kommen lassen, aber sie waren vor einigen Jahren mal eine längere Zeit befreundet gewesen. Und es war eine tolle Freundschaft, die die beiden gepflegt hatten, trotz dass sie damals schon sehr verschieden waren und hier und da angeeckt hatten. Aber insgesamt war ihre Freundschaft wie sie in einem Bilderbuch für Kindergartenkinder dargestellt wurde. Sie hatten wirklich alle möglichen Dinge gemeinsam durchgestanden und waren bereit gewesen noch mehr miteinander durchzustehen. Doch dann kam Laura. Sie hatte sich damals wie ein Parasit in ihre Freundschaft eingenistet. Und anfangs hatte es auch funktioniert. Aus einer zweier Freundschaft wurde eine ausgeglichene dreier Freundschaft. Aber an irgendeinem Punkt war etwas gekippt, so wie es in den meisten Fällen von dreier Konstellationen war. Die anderen zwei verbrachten immer mehr Zeit zu zweit und entwickelten immer weiter eine Art Allianz gegen Bree, bis Bree immer eifersüchtiger wurde und sich irgendwann komplett von ihnen distanziert hatte. Das alles war ungefähr in der achten Klasse zu einem Ende gekommen, also war es inzwischen um die drei Jahre her. Aber seitdem war Bree auf sich gestellt. Sie hatte auch keinen Plan davon, wie man Leute ansprach, um Freundschaften zu knüpfen. Aus ihrer Unsicherheit wurde über die Jahre eine Abneigung und sie stieß andere bewusst von sich ab. Bis zu diesem einen Tag, an dem das Schicksal sich dazu entschlossen hatte, Liz und Bree wieder zu vereinen und ihnen diesmal Candy als 'die Dritte' zu schenken. Bree glaubte zwar nicht daran, dass es sowas wie ein Schicksal gab, aber die Situation erschien ihr so lächerlich, dass 'Schicksal' eine ziemlich gute Beschreibung dafür war. Und trotz der gemeinsamen Verbindung zwischen den dreien wurde Bree die Unsicherheit, dass es genauso wie damals enden würde, nicht los. Dreier Gruppen waren doch immer dazu verdammt zu scheitern, oder?

Und warum Bree spät dran zum wichtigen Treffen war? Das war eine ganz andere Geschichte.

Auf dem Weg zum Strand entschloss Bree sich dazu nicht den ganzen Weg bis zur Bucht zu laufen und irgendwo anders schon ins Meer zu tauchen, wo nicht ganz so viele Leute waren. Einfach nur, um sich den Weg zu sparen. Kaum hatte sie ein leeres Fleckchen am Strand entdeckt, dachte sie nicht länger darüber nach und tauchte mit einem Sprung ins kühle Meer hinein. Keine zehn Sekunden später war sie für einen kurzen Augenblick von kleinen Bläschen umhüllt, die durch ihren ganzen Körper wie Ameisen kribbelten und ihre Beine mit dem inzwischen bekannten Fischschwanz austauschten. Sie war gerade dabei davon zu düsen, als sie nicht weit entfernt die Beine eines Kindes strampeln sah. Eine ihrer Augenbrauen zog sich in die Höhe. Um sich zu vergewissern, dass sie sich die Gestalt eines Kindes nicht einbildete und komplett den Verstand verloren hatte, tauchte sie kurz mit ihrem Kopf auf und schaute sich um. Und tatsächlich. An der Meeresoberfläche trieb ein kleines Kind in seinem dicken Schwimmreifen und wanderte mit einem überforderten Blick durch die Gegend. Vorsichtig hielt Bree nach irgendwelchen Erwachsenen Ausschau, die möglicherweise zu dem Kind gehören könnten. Doch wie vor ein paar Sekunden war hier keine Menschenseele. Innerlich fluchte Bree. Wer verlor denn sein Kind im Meer? Wie unaufmerksam und inkompetent musste man denn dafür sein?

Nach einem tiefen, entnervten Seufzen setzte Bree sich in Bewegung. Sie schwamm direkt an das Kind heran, welches von Nahem noch verzweifelter aussah als von Weitem. Älter als fünf konnte es nicht sein. Aber zumindest plärrte es nicht. Das einzige Problem: wenn Bree so nah bei dem Kind war, konnte es Brees Schwanzflosse ganz genau erkennen. Und das tat es auch. Sobald die bronzene Schwanzflosse im Sichtfeld des Kindes gelandet war, weiteten sich sowohl die Augen, als auch der Mund des Kindes, so weit es nur ging.

"Eine Meerjungfrau?"

Bree musste damit kämpfen, die Augen nicht zu verdrehen. Sie drehte nur den Schwimmreifen des Kindes so, dass der Blick von ihr weggerichtet war. Im Anschluss darauf schwamm sie langsam mit dem Kind in seinem Schwimmreifen mit lila Ananas drauf vor ihrer Nase in Richtung des öffentlichen, gut besuchten Strandes. Auf dem Weg dorthin stellte das Kind immer wieder Fragen, die jedes fünfjährige Kind stellen würde, wenn es einer Meerjungfrau begegnen würde.

Warum bist du eine Meerjungfrau? Wie machst du das? Kann ich auch eine Meerjungfrau sein? Und, und, und...

Also lauter Fragen, bei denen Bree immer wieder kurz mit dem Gedanken gespielt hatte, das Kind seinem Schicksal auf dem offenen Meer zu überlassen.

Langsam nahm Bree die Stimmen von mehreren Leuten aus der Ferne wahr. Lange würde es also nicht mehr dauern, bis sie das Kind los war. Je näher sie dem öffentlichen Strand kamen, desto aufmerksamer blickte Bree um sich herum, um ja nicht entdeckt zu werden. Zur Sicherheit entschied sie sich irgendwann dazu, mit ihrem Kopf wieder unter zu tauchen und den Schwimmreifen von unterwasser aus nach vorne zu schieben. Nach einer Weile lugte sie behutsam wieder aus dem Wasser heraus, um nachzuschauen, ob das Kind bereits nah genug bei anderen Menschen war, die sich darum kümmern konnten. Und tatsächlich. Sie waren inzwischen so nah beim gut besuchten Strand der Stadt, dass man das Kind eigentlich schon sehen können sollte.

"Da sind meine Papas!" rief das Kind freudig und zeigte auf irgendwelche Männer, die ziemlich weit weg von den beiden waren. Bree war sich nicht mal sicher, wen das Kind genau meinte. Aber scheinbar wurden nun Leute auf das Kind aufmerksam, weswegen Bree sich dazu entschloss, sich aus dem Staub zu machen. Sie tauchte wieder so unauffällig es ging unter und schwamm nun - endlich - in Richtung Mako Island, wo sie eigentlich schon längst hätte sein sollen. Bree konnte sich auch schon ausmalen, wie das Kind seinen Eltern von ihr als Meerjungfrau erzählen würde. Aber da hatte die Brünette keine wirklichen Sorgen, dass daraus etwas Schlimmes resultieren würde. Immerhin war es, naja, ein Kind. Die Eltern würden sicherlich nur denken, dass es eine blühende Fantasie hatte. Solange keine erwachsene Person, ihre Schwanzflosse wahrgenommen hatte, sollte alles im grünen Bereich sein.

Am Mondsee angekommen, wollte Bree sich erstmal für ihre Verspätung entschuldigen, direkt nachdem sie aufgetaucht war. Doch noch bevor sie ihre Entschuldigung aussprechen konnte, verstummte sie, als sie sah, dass nur Liz anwesend war. Letztere wirkte inzwischen ziemlich grantig darüber, dass man sie hatte warten lassen. Was Bree auch vollkommen nachvollziehen konnte.

"Und ich dachte, ich wäre spät dran." sagte die Brünette nur, ehe sie sich zu der anderen Meerjungfrau gesellte, sodass die beiden gemeinsam auf die Dritte warten konnten.

Hey Leute,

Kleine Info am Rande: nach diesem Kapitel kommen noch exakt zehn Kapitel raus, dann ist die Story offiziell beendet :( 
In den letzten Wochen sind nochmal ein paar aktive Leser*innen dazu gekommen, die fleißig Votes und Kommentare da lassen. Dafür wollte ich mich an dieser Stelle nochmal ganz herzlich bei allen bedanken :))

Bis nächsten Sonntag!

Our Little Secret - H2O/MakoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt