14. Ein magischer Morgen

373 27 5
                                    

Am nächsten Morgen weckten mich die Sonnenstrahlen, die sich auf meinem ganzen Gesicht breitmachten. Mit Mühe richtete ich mich Augen reibend auf. Für einen kurzen Moment war ich von meinem Standpunkt verwirrt. Doch dann erinnerte ich mich an die letzte Nacht, an die Party. Wir drei waren wohl beim Filme schauen eingeschlafen. Bree schlief noch immer friedlich neben mir. Elizabeth lag mit dem Rücken zu Bree und mir gerichtet auf der anderen Seite des Bettes. Innerlich seufzte ich. Sie sahen beide so unbeschwert aus, wenn sie schliefen. Wären sie wach, würde das bestimmt nicht mehr der Fall sein. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu, sie weiterhin im Land der Träume zu lassen.

Leise streifte ich die Bettdecke von meinen Beinen und schlich zu meiner Jacke, in der sich mein Handy befand. Sobald ich mein Mobiltelefon hatte, ließ ich mich auf einem der weißen Sessel in Elizabeths Zimmer nieder und begann durch meine Benachrichtigungen zu gehen. Zehn verpasste Anrufe von meinem Bruder, sieben von meiner Mutter und einer von Mike. Von allen drei hatte ich auch Nachrichten bekommen, entschied mich jedoch dazu nur die meiner Mutter und meines Bruders zu beantworten. Mit Mike wollte ich lieber persönlich reden.

Meine Mutter und mein Bruder hatten sich nur Sorgen gemacht, wo ich steckte. Schnell schrieb ich ihnen, dass es mir gut erging und ich bei Elizabeth übernachtet hatte. Hoffentlich würde das beiden als Information reichen. Dass es meiner Mutter reichen würde, war mir klar. Aber mein Bruder war fragwürdigerweise um einiges besorgter als meine Mutter. Dieser hatte sich letzte Nacht hundertprozentig auf die Suche nach mir gemacht, da er vermutlich daran gedacht hatte, ich wäre von irgendwelchen schmierigen Typen vergewaltigt worden oder so. Solche Gedanken konnte ich ihm echt zutrauen. Ich kannte diesen über fürsorglichen Trottel immerhin schon mein ganzes Leben lang.

Ein lautes Gähnen ließ mich zusammenzucken. Ich blickte zum Bett und sah wie Bree sich streckte. War ja klar, dass dieser Gähner von ihr kam. "Guten Morgen, Candy." grüßte mich die Brünette mit einem weiteren Gähnen mitten im Satz. "Morgen." antwortete ich ihr etwas zaghaft. Als Bree bemerkte, dass Elizabeth neben ihr noch immer schlief, stupste sie sie immer wieder an. "Hey, wach auf!" sagte sie dabei die ganze Zeit.

Während Bree weiterhin versuchte Elizabeth aufzuwecken, galt meine Aufmerksamkeit wieder meinem Handy. Aus Langweile loggte ich mich mal wieder auf dem Sozialen Netzwerk für die Schüler unserer Schule ein. Shining Point's Students hieß die Seite, aber meine Mitschüler kürzten es immer mit SPS ab. Eigentlich hielt ich nicht viel von Sozialen Netzwerken, da ich solchen Sachen wie Cyber-Mobbing ausweichen wollte. Wenn es nach mir ginge, wäre ich gar nicht auf SPS angemeldet. Jedoch erhielt jeder Schüler einen Account. Wie dieser ihn nutzte, war ihm frei überlassen. Ich zum Beispiel ging höchstens ein einziges Mal im Monat online. Da ich sowieso so gut wie unsichtbar auf unserer Schule war, hatte ich meistens auch entsprechend keine bis weinige Benachrichtigungen. An diesem Morgen war das jedoch anders. Meine Augen weiteten sich. 13 neue Freundschaftsanfragen, 10 Benachrichtigungen und 5 neue Nachrichten. Was sollte das denn? War ich über Nacht plötzlich berühmt geworden oder was?

Ein lauter Knall riss mich aus meinen Gedanken. Ruckartig sah ich zum Bett herüber. Bree hatte Elizabeth anscheinend vom Bett gestoßen. Diese richtete sich Flüche murmelnd auf. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Dieses erlosch jedoch sofort, als die beiden anfingen sich zu streiten. Seufzend erhob ich mich vom Sessel und machte große Schritte, um die beiden schnellst möglich zu erreichen. "Hey! Wollen wir vielleicht frühstücken?" unterbrach ich die unnötige Auseinandersetzung dieser Streithähne. "Das ist keine schlechte Idee..." meinte Elizabeth.

Kurze Zeit später saßen wir gemeinsam in der modernen großen Küche von Elizabeth und frühstückten. Elizabeth seufzte. "Laura hasst mich jetzt bestimmt dafür, dass ich sie gestern auf der Party versetzt habe!" Dasselbe tat Mike nun wahrscheinlich auch. "Ist doch egal. Ohne diese Schlange bist du sowieso besser dran." erwiderte Bree nüchtern. Und schon entfachte sich wieder ein Streit zwischen ihr und Elizabeth. Das war doch echt nicht normal, oder? Sooft hatten sich nicht mal meine Eltern gestritten, als sie noch zusammen waren. Bei der Erinnerung an die gescheiterte Ehe meiner Eltern wurde mir ganz unwohl in der Magengegend.

In Gedanken versunken griff ich nach meinem Orangensaft. Das wollte ich jedenfalls, denn mein Glas war auf einmal verschwunden. Ich befreite mich von meinen Erinnerungen und hielt Ausschau nach meinem Glas. Anscheinend hatte ich es nur für ein paar Zentimeter verfehlt. Erneut griff ich danach. Erschrocken sog ich die Luft ein, als ich sah was dabei passierte. Täuschte ich mich oder hatte sich das Glas gerade tatsächlich bewegt? Wieder und wieder versuchte ich das Glas in meinen Griff zu befördern, doch es bewegte sich wirklich immer weiter von mir weg. Bis es schließlich vom Tisch fiel und auf dem Boden in Scherben zerbrach. Mein Orangensaft war nun auch dahin.

Das klirrende Geräusch hatte die Aufmerksamkeit von Bree und Elizabeth erregt. Ich starrte noch immer ungläubig auf die Scherben und den sich ausbreitenden Saft. "Das Glas..." ich hielt inne, "...hat sich von selbst bewegt." Bree und Elizabeth tauschten Blicke untereinander aus, während ich noch immer geschockt war.

"Nimm doch einfach meinen Orangensaft, ich hab ihn eh noch nicht angefangen und hab auch keinen Durst." sagte Bree und schob mir ihr Glas hin. Skeptisch musterte ich es, bis ich nach ihm greifen wollte. Und wieder bewegte es sich von mir weg! Blitzschnell zog ich meine Hand wieder an meinen Körper. Bree und Elizabeth schauten beide verdutzt drein. Also hatte ich es mir nicht eingebildet. Es hatte sich tatsächlich bewegt.

"Ich hab's euch doch gesagt! Wir haben alle magische Kräfte!" erinnerte Bree uns aufgeregt an unser Gespräch letzte Nacht. Aufstöhnend ließ ich mein Gesicht in meinen Handflächen verschwinden. Ich wollte doch keine magischen Kräfte. "Beschwer dich nicht! Ich hätte liebend gerne irgendeine magische Fähigkeit. Genau wie viele andere auch." giftete Bree mich an. Darauf ging ich jedoch nicht ein. Das war mir gerade zu blöd. Was sollte meine magische Fähigkeit überhaupt sein? Gegenstände zu bewegen?

Nachdem wir alle uns wieder einigermaßen beruhigt und Elizabeth dabei geholfen hatten, das Haus nach der Party aufzuräumen, ließen wir uns in ihrem Wohnzimmer auf dem Sofa nieder. Inzwischen war es schon halb elf. Außerdem hatten wir gemeinsam herausgefunden, dass meine Fähigkeit war, das Wasser zu kontrollieren. Auch wenn mich diese ganze Meerjungfrauen Geschichte noch immer abschreckte, fand ich diese Fähigkeit doch ziemlich cool. Sobald ich sie nämlich richtig drauf hatte, konnte ich sie doch zu meinem Vorteil beim Ausweichen von Wasser nutzen, oder? Aber ich müsste das Wasser nicht meiden, würde mir von der Berührung damit kein Fischschwanz wachsen.

"Wollen wir vielleicht schwimmen gehen?" fragte Bree gelangweilt. "Klar." meinte Elizabeth einfach nur. Moment, was? "Nein!" sagte ich bockig. Die Brünette seufzte. "Komm schon. Ein einziges Mal. Du wirst es nicht bereuen. Und uns wird auch keiner erwischen." Sie konnte das so gut reden wie sie wollte. Mich überzeugte sie nicht. Das würde sie niemals. Stur schüttelte ich meinen Kopf. Bree war anscheinend wieder genervt von mir, blieb jedoch erstaunlich ruhig und freundlich mit ihrer Stimme. "Bitte, Candy. Du verpasst ehrlich was. Das Meer ist wunderschön, du hast die Krabbe gestern im Film selbst gehört. Unterwasser ist es viel besser als anland. Wolltest du etwa noch nie das Meer auf so eine Weise betrachten?" Elizabeth nickte der Brünetten einfach nur zustimmend zu.

Ich überlegte eine Weile lang. Sie hatte eigentlich recht. Ich wollte das Meer schon immer auf so eine Weise erkunden. Natürlich ohne einen Fischschwanz. Wenn ich diesen außerdem nie mehr loswerden würde, sollte ich doch auch lernen damit klarzukommen. Und solange uns niemand entdeckte, sollte doch alles glatt laufen. Solltes es doch, oder?!

"Na gut, ich werde mit euch schwimmen gehen." willigte ich nach langem hin und her in meinem Kopf nun ein.




Our Little Secret - H2O/MakoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt