53. Beratungsgespräch

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Ich fasste Gabe alles so gut zusammen, wie es mir möglich war. Wir hatten uns inzwischen auf eine Bank irgendwo in der Stadt, nicht weit vom Strand entfernt, gesetzt. Er hatte mir die ganze Zeit über aufmerksam zugehört und Fragen gestellt, wenn ich durch meine Unruhe etwas zu unklar beschrieben hatte. Sobald ich fertig war, schwieg er erstmal. Es schien so, als müsste er all das erstmal verdauen, bevor er mir eine Antwort geben konnte.

"Und? Was sagst du dazu?" fragte ich ihn verunsichert.

"Du bist dir nicht sicher, ob du deine Meerjungfrauen-Kräfte behalten willst, hab ich das richtig verstanden?"

Ich nickte.

"Okay. Hat sich dein Leben denn eher verschlechtert oder verbessert, seit das passiert ist?"

Das war eine gute Frage. So einfach konnte ich das gar nicht beantworten. Vermutlich war ich mir auch deswegen vorhin in dem Gespräch mit den anderen so unsicher gewesen, wie ich mich fühlen sollte.

"Das kann ich irgendwie nicht so genau sagen..." gestand ich ihm.

"Das ist voll in Ordnung, wenn du das nicht kannst. Ich kann das verstehen."

Ich hatte echt nicht gedacht, dass er so ruhig und verständnisvoll, aber auch gleichzeitig interessiert, sein konnte, bei einer Angelegenheit, die ihn gar nicht betraf. Er konnte es zwar unter keinen Umständen nachfühlen, wie es mir gerade ging, aber zumindest gab er mir das Gefühl, gehört zu werden.

"Es ist seitdem einfach so viel passiert. Sowohl positives als auch negatives."

"Na klar, das ist ja bei so ziemlich allem so. Aber oft überwiegt eine Seite."

Aber welche Seite trug in dieser Situation mehr Gewicht? Die gute oder die schlechte? Wahrscheinlich eher die schlechte. Aber warum wollte ich dennoch keine endgültige Entscheidung treffen? Ich hatte das Gefühl, dass ich absichtlich nach positiven Aspekten suchte, nur um die negativen Dinge für mich auszugleichen. Nach einem Augenblick, in dem wir uns nur angeschwiegen hatten, fragte ich ihn schließlich Folgendes: "Wie würdest du dich entscheiden?"

Er hob daraufhin eine seiner dunklen Augenbrauen.

"Würdest du die Kräfte behalten wollen?"

Einen Moment lang dachte er nach, bevor er mir die Frage vollen Ernstes beantwortete: "Ja, würde ich."

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Irgendwas störte mich an seiner Antwort. Ich war unzufrieden damit. Aber wahrscheinlich wäre ich ebenso unzufrieden gewesen, wenn er mir das Gegenteil gesagt hätte. Vielleicht war es auch einfach dämlich von mir gewesen, ihn das überhaupt zu fragen. Immerhin hatte er ja nicht die leiseste Ahnung davon, wie es tatsächlich war, eine Meerjungfrau zu sein.

"Warum?" fragte ich ihn, zum einen, weil ich die Gründe wirklich wissen wollte, und zum anderen, weil ich keine Ahnung hatte, was ich sonst dazu sagen sollte.

Erneut überlegte er für einige Sekunden, ehe er mir seine Antwort formulierte: "Weil ich glaube, dass die negativen Sachen, nicht nur im geringsten an die positiven herankommen würden."

"Das kannst du doch gar nicht wissen."

"Aber ich kann es mir vorstellen." erwiderte er auf meinen Einwand. "Ich hab auch einen Kopf zum Denken, weißt du?"

"Da bin ich mir manchmal nicht so sicher..." murmelte ich eher zu mir selbst als als Antwort auf das, was er gesagt hatte.

Gabe fasste dies jedoch nicht als Beleidigung auf und lachte daraufhin. Und ich konnte nicht anders, als ebenfalls etwas zu kichern. Das passierte automatisch, als sein Lachen ertönte.

Our Little Secret - H2O/MakoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt