Kapitel 18 - Keine Zeit für Spielchen

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19. September 2014, Apartment von Leon, Washington, D.C. – Nordamerika

Leon Kennedy wälzte sich von einer auf die andere Seite. Seit Jahren schon fand er nur ausgesprochen selten festen Schlaf. Meistes schlief er ziemlich unruhig, aber er hatte sich derweil so sehr daran gewöhnt, dass es keinerlei Einfluss auf seine Tagesverfassung ausübte. Er kam sehr gut ohne Tiefschlaf aus. Es genügte, wenn er ein paar Stunden Ruhe fand und die Gemütlichkeit seines Bettes im Halbschlaf genießen konnte.

Seit Raccoon war Leons Unterbewusstsein darauf gepolt, ständig aufmerksam zu sein. Er war obligat permanent auf Alarmbereitschaft. Es war, als rechnete er jederzeit damit, von einem Zombie in der Nacht in seinem Bett attackiert zu werden. Man mag es Paranoid oder Vorsicht nennen, aber derart grausige Ereignisse waren nun mal einprägsam und übten selbst auf den stärksten Verstand einen Effekt aus. Der Lauf der Dinge hatte ihn und seine Charakteristik geformt, das konnte Kennedy nicht bestreiten. Es gab Momente, in denen er diese Entwicklung verteufelte, aber die meiste Zeit hatte er damit abgeschlossen und es akzeptiert, wie die Dinge eben verlaufen waren. Es war ohnehin nichts mehr daran zu ändern.

Der DSO-Agent schlug schlagartig die Augenlieder auf, als er glaubte, ein Geräusch vernommen zu haben. Leon lauschte aufmerksam und reglos. Er konnte kaum hörbare Schritte ausmachen. Jemand schlich durch sein Apartment, dessen war er sich sicher. Er spürte die Präsenz des Eindringlings, denn das vermittelte ihm sein Instinkt. All die furchterregenden Dinge, die er erlebt und durchstanden hatte, hatten über die Jahre sein Gespür geschärft und ihn zur Wachsamkeit gedrillt.

Leons Augenmerk huschte zu seinem Nachttisch. Seine Pistole lag darauf, denn er fühlte sich sicherer, wenn sie niemals unweit von ihm entfernt war. Ebenfalls eine Marotte, die das Grauen ihm beschert hatte. Wenn man es ständig mit abscheulichen Kreaturen und rachsüchtigen Wahnsinnigen zu tun hatte, dann eignete man sich gewisse Vorsichtsmaßnahmen an.

Er nahm die fremde Präsenz deutlich im Rücken wahr, und er sah einen Schatten, der durch die Beleuchtung der Stadtlichter verursacht wurde, die durch das Fenster ins Schlafzimmer schienen. Die fremde Gestalt stand genau davor.

Leon war abgebrüht genug, um die Ruhe zu bewahren, und abzuwarten. Er beobachtete die Bewegung des Schattens und bemerkte kurz darauf, wie sich die Matratze leicht senkte, als der Eindringlich über das Bett kraxelte.

Kennedy versuchte anhand des Schattens, die Distanz des Fremden abzuschätzen. Der DSO-Agent regte sich nicht und machte keinerlei Anzeichen, dass er wach war, um den Fremden in falscher Sicherheit zu wiegen. Erst als er die Präsenz unmittelbar in seinem Nacken spürte, wirbelte Leon herum und versuchte im selben Atemzug mit einer Hand nach der Pistole auf dem Nachttisch zu greifen.

Schemenhaft erfasste er die grazilen Konturen eines schlanken Beines, das sich über ihn schwang, als sich die fremde Gestalt auf seinem Becken niederließ. Zusätzlich legte sich eine Hand auf Leons Mund und die Finger der zweiten Hand packten sein Handgelenk, um ihn davon abzuhalten, die Waffe zu erfassen. Alles verlief in einer einzigen, geschmeidigen und flüssigen Bewegung.

„Shhht! Ganz ruhig, Leon. Entspann dich", säuselte melodiös Ada Wong, die dicht über Leon gebeugt lehnte und auf seinen Hüften thronte.

Gemächlich nahm sie die Hand von seinem Mund und gab auch sein Handgelenk wieder frei. Ihr rabenschwarzes Haar leuchtete im seichten Schein, und ihr gesamtes Antlitz wurde umrahmte von der Stadtbeleuchtung im Hintergrund. Ihr knallrotes, langes Shirt mit tiefen Seitenschlitzen, die einen Einblick auf ihre helle, seitenweiche Haut zuließen, zeichnete sich gut aus der Dunkelheit hervor.

„Was zur Hölle, Ada! Schon wieder?" ereiferte sich Leon. „Ich hätte dich fast erschossen! Du sollst das doch unterlassen und dich nicht immer so anschleichen. Irgendwann jag ich dir noch aus Versehen eine Kugel in den Kopf!"

Operation Darkness || A Nivanfield Story [Resident Evil] - Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt