Ein kühler Wind wehte über die Wege zu mir herüber, der Horizont verdunkelte sich langsam. Das alles und die aufkommende Kälte nahm ich nur am Rande wahr. Verzweifelt, saß ich einfach da und hing meinen Gedanken nach. War das alles wirklich passiert? War das was Lennox mir erzählt hatte die Wahrheit? Und was gab es was er mir nicht sagen konnte? Oder wollte er es mir einfach nicht sagen?
Verbittert starrte ich auf mein Handy und wählte zum vielleicht zwanzigsten Mal dieselbe Nummer. „Leider ist der Teilnehmer zurzeit nicht erreichbar!", verkündete die monotone Frauenstimme am anderen Ende. Nicht erreichbar das ich nicht lachte. Er hatte lediglich keine Lust sich mit mir zu unterhalten. Und dabei hatte er doch so dringend mit mir reden wollen, um mir alle Fragen zu beantworten. Schöne Bescherung aber auch. Ein eiskalter Windhauch kam mir entgegen und ich zog meine Jacke etwas enger um den Körper. Wie kalt es geworden war.
„Ob es ihr gut geht?", drang die Stimme einer älteren Dame an mein Ohr. Ich sah nicht auf, wusste nicht einmal ob sie über mich sprach. Es war mir egal. Alles schien mir in diesem Moment egal zu sein. „Komm meine Liebe, wir sollten die junge Dame nicht stören", ertönte nun die Stimme eines Mannes. Vermutlich ihr Ehemann. „Aber was macht sie denn hier, so allein auf diesem Friedhof?" „Wer weiß das schon. Komm wir sollten lieber gehen!" Kurz darauf quietschte das Tor und die Schritte entfernten sich.
Ich ließ mein Handy zurück in meine Jackentasche gleiten und warf einen prüfenden Blick über den Friedhof. Nur einige spärlich beleuchtete Laternen und die Kerzen auf einigen Gräbern spendeten Licht, doch es ließ den gesamten Friedhof schaurig aussehen. Sofort spürte ich die Gänsehaut die sich auf meinem Körper breit machte. Ich hatte gar nicht mitbekommen wie lange ich bereits hier saß. Es wurde an der Zeit das ich den Heimweg antrat. Draußen entfernten sich die Stimmen des älteren Ehepaares und ein einzelnes Auto brauste über die Straße.
Dann herrschte nichts als stille. Nervös stand ich auf, ich wollte diesen unheimlichen Ort schnellstens verlassen. Der Kies knirschte unnormal laut unter meinen Füßen, während ich mich langsam vortastete. War der Nebel eben schon dagewesen? Dicht über den Boden umhüllte er die Gräber in seinen diesigen Schein. Fehlten nur noch die Kürbisse und Spinnenweben und die Gruselstimmung wäre perfekt. Halloween war für mich der schlimmste Tag den es geben konnte. Kinder die sich verkleideten, Leute in verrückten Clownskostümen, das alles bereitete mir Unbehagen. Ein Grund mehr sich an diesem Tag im Haus zu verkriechen und bei Chips und Cola sich sämtliche Barbie Filme rein zu ziehen.
Das kreischen einer Eule schallte durch die Nacht und ließ mich unwillkürlich herumfahren. Saß dort oben etwas im Baum? Mir war als hätte ich zwei leuchtende Punkte zwischen den Ästen gesehen. Angestrengt starrte ich in die Dunkelheit, die Umrisse der Bäume waren kaum zu erkennen. Riesige Kreaturen, die nur darauf warteten ihre Hände nach mir auszustrecken. Mit mir ging die Fantasie offenbar durch.
Ich war auf einem normalen Friedhof mit normalen Gräbern. Das bisschen Nebel und Dunkelheit konnten mir doch nichts anhaben. Trotzdem zog ich mein Handy aus der Jackentasche und schaltete die Taschenlampenfunktion ein. Sicher war sicher. Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr. Herumwirbelnd richtete ich die Taschenlampe auf das Grab rechts von mir. Mein Herz setzte einen Moment aus, als eine schwarze Katze fauchend auf mich zu rannte und hinter mir in der Dunkelheit verschwand. Kraftlos sank ich in mich zusammen, das war zu viel des Guten gewesen.
Mein Körper zitterte unkontrolliert, als mir auch schon Tränen über die Wangen liefen. Ich wollte nach Hause, hatte aber keine Kraft vom Boden aufzustehen. Mein eigener Körper wollte mir nicht gehorchen. Sich hier mit ihm zu treffen war die dümmste Idee die ich seit langem gehabt hatte.
Wobei es rein theoretisch nicht einmal meine Idee gewesen war. Wäre ich doch heute Morgen einfach im Bett geblieben. Liv hätte mich nicht aus dem Haus zerren dürfen. Nein, ihr dafür die Schuld geben war falsch. Immerhin war es meine Entscheidung gewesen hierher zu kommen. Meine eigene Schuld. „Lennox?", rief ich zaghaft in die Dunkelheit, ganz in der Hoffnung, Lennox befand sich gleich in der Nähe. Sicherlich kam er gleich um die Ecke gesprungen und verkündete, dass er mich nur hatte reinlegen wollen. Mir einen kleinen Streich spielen.
DU LIEST GERADE
Goldriverhigh Academy - Erwachen [Slow Updates]
FantasyWusstet ihr das in den Schatten von London, fern in einem geheimnissvollen Wald eine Schule verborgen liegt. Eine Schule für Hexen und Hexer. Und die man nur durch den Uhrturm im BigBen betreten kann. Roselle (kurz Ro) Alea Ravens muss mit dem tägl...