Kapitel 10.2

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Das Training endete und nachdem wir die Halle verlassen hatten, begleitete Lennox mich hoch zur Bibliothek. Sie lag im ersten Stock, des rechten Korridors, am Ende des Ganges, neben dem Raum zur Krankenstation. Bisher hatte ich keinen Fuß in diesen Raum gesetzt, aber wozu auch. Zwar war meine Neugierde groß, welche Bücher es wohl dort zu finden gab, doch hatte ich zwischen dem Unterricht und den Hausaufgaben bisher keine Zeit gefunden. „Na dann wünsche ich euch dreien viel Spaß. Wie sagt man so schön, Hals und Beinbruch." Irritiert blickte ich ihn an: „Das ist eine Bibliothek Lennox. Du tust geradezu als müssten wir gleich gegen einen Drachen kämpfen." „Glaub mir wenn ihr erst einmal drinnen seid, werdet ihr schnell verstehen was ich meine. Wir sehen uns später."

Er ließ mich stehen und verschwand im Gang. Was hatte er damit nur gemeint? Hals und Beinbruch. Eine Bibliothek war in der Regel ein recht ruhiger Ort. Vermutlich wollte er mir nur ein wenig Angst machen. Wovor auch immer. Im nächsten Moment kamen Bennett und Novalee durch die Tür in den Flur. „Sag mal, war das gerade Lennox?", wollte Novalee wissen, als die beiden bei mir angekommen waren. Schnell brachte ich sie auf den neusten Stand was Lennox anging, ehe wir die Bibliothek betraten. Zunächst verstand ich nicht was Lennox gemeint hatte.

Dieser Raum sah aus wie eine stinknormale Bibliothek. Hohe Regale, vollgestopft mit den verschiedensten Büchern. Jedes Regalabteil hatte ihr eigenes Thema. Es gab Bücher zur Geschichte der Magie, Gifte und Heilkräuter, Schutzzauber, Alltagsmagie, Duellmagie und vieles mehr. Im Mittelgang gab es hin und wieder Tische mit Bänken, an denen man Platz nehmen und lesen konnte. Beleuchtet wurde der Raum durch etliche Kronleuchter, die wie ich feststellte mit Glühbirnen in Formen von Kerzen bestückt waren.

Hinten im Raum, hinter einem Pult aus dunklem Holz stand ein großer, hagerer Mann mit Halbglatze. Er trug eine braune Cordhose, ein schlichtes weißes Hemd mit kariertem Pullunder darüber, sowie eine dazu passende Jacke. Auf seiner Nase saß eine graue Hornbrille, an deren Bügel Bänder befestigt waren, damit man die Brille um den Hals tragen konnte. Auf mich machte er den typischen Eindruck eines Bibliothekars. Sicherlich ging er vollkommen in seinem Job auf. Ob Lennox ihn vielleicht gemeint hatte? Wir traten zu ihm ans Pult, doch er schenkte uns keinerlei Beachtung. Die Nase tief über ein Buch gebeugt, murmelte er leise etwas vor sich hin. Schulterzuckend sah ich meine Freunde an. Bennett räusperte sich, was in der Stille unnatürlich laut klang. „Entschuldigen sie Sir, aber wir sollen uns hier zum Nachsitzen melden." „Name", kam die schroffe Antwort zurück. Hier hatten wir es scheinbar mit einem sehr freundlichen Zeitgenossen zu tun. Ironie ließ grüßen. „Bennett Heard, Novalee Dandridge und Roselle Ravens", stellte Bennett uns vor. Noch immer machte der Mann keine Anstalten uns anzusehen. Lediglich griff er nach einem Stift und machte sich Notizen in einem schmutzigen, kleinen Heftchen.

„Fünf Minuten Verspätung. Das heißt fünf Minuten länger bleiben." „W-Wie bitte?" Endlich sah er auf und musterte uns über den Rand seiner Hornbrille hinweg an. Sie war ihm fast bis hinunter auf die Nasenspitze gerutscht, was ihm einen wesentlich strengeren Blick verlieh. „Sie drei hätten bereits vor fünf Minuten hier seien sollen. Denken sie ich hätte den lieben langen Tag Zeit auf trödelnde Schüler zu warten? Also los jetzt sonst können sie bis heute Abend hierbleiben und arbeiten!" Er klappte das Buch zu und wies uns an ihm zu folgen. Novalee verdrehte hinter seinem Rücken die Augen. „Hören sie auf Miss Dandridge oder sie können gleich die unangenehmsten Aufgaben erledigen und glauben sie das wollen sie nicht!" Geschockt riss Novalee die Augen auf. Ich war nicht weniger geschockt als sie. Woher hatte er gewusst das sie die Augen verdreht hatte? Er war doch vor uns hergelaufen. Etwa auch ein Lir? Nein, ich konnte keinen Ohrring an seinem Ohr erkennen. War er überhaupt ein Hexer?

Aber wie hatte er dann-Die Antwort wurde mir klar, als ich den kleinen Gegenstand in seiner Hand bemerkte. Ein kleiner Spiegel, mit schwarzem Ramen, der in kunstvoll, geschnörkelten Linien um das Glas gearbeitet war. Wofür er ihn brauchte? Sicherlich nicht um sein Aussehen zu begutachten. Auch bezweifelte ich stark das er nur dazu galt uns im Auge zu behalten. Das wäre eine Spur zu paranoid.

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