Kapitel 9.2

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Wir entschieden uns aufzubrechen, sobald die anderen in ihren Zimmern waren. Da meine Mitbewohnerin meist schnell einschlief dürfte ich nicht allzu lange warten müssen. Um ihren Verdacht nicht zu wecken, zog ich mich um und machte mich Bettfertig. Als Elodie gerade in den Waschraum ging, um sich schnell die Zähne zu putzen, nutzte ich den Moment um mir eine Strickjacke über zu ziehen. Dann kuschelte ich mich unter meine Decke und tat so, als wäre ich bereits eingeschlafen.

Fünf Minuten später konnte ich die Tür aufgehen hören. Schritte gingen hinüber zum anderen Bett, als ihre Bettdecke leise raschelte. Hoffentlich wollte sie nicht noch ein wenig lesen. Dann konnte es Stunden dauern, bis ich wegkam. Angespannt lag ich mit dem Rücken zu ihr und versuchte meinen Atem gleichmäßig und ruhig zu halten. Im nächsten Moment wurden die Lichter ausgeschaltet und hüllten uns in Dunkelheit. Elodie drehte sich ein paar Mal in ihrem Bett hin und her, als nach weiteren fünf Minuten leises Schnarchen zu hören war. Sie war eingeschlafen. Vorsichtshalber wartete ich noch einen Moment, ehe ich die Bettdecke zur Seite schob, in meine Schuhe schlüpfte und leise aus dem Zimmer verschwand.

Mein Herz begann zu rasen, als ich mich an der Wand in Richtung Aufenthaltsraum schlich. Bennett saß bereits auf einem der Sofa, eine kleine Lichtkugel leuchtete in seiner Hand. Gerade so hell, dass man sie vom Flur aus nicht sehen würde. Von Novalee hingegen fehlte jede Spur. Leise schlich ich mich zu ihm herüber: „Wartest du schon lange?" Er zuckte leicht zusammen, ehe er den Kopf zu mir umwandte: „Nein, ich bin auch gerade erst gekommen. Zum Glück haben die Lehrer ihre erste Kontrollrunde bereits gemacht. Jetzt müssen wir nur noch auf Novalee warten." Angespannt setzte ich mich neben ihn auf das Sofa. Was wir hier taten war eigentlich furchtbar dumm. Bei Nacht durch die Schule schleichen. Sicherlich würde man uns rausschmeißen, sollten wir erwischt werden. Ich kam mir wie ein Verbrecher vor.

Nervös begann ich am Ärmel meiner Jacke zu zupfen, in der Hoffnung meine Nerven ein wenig zu beruhigen. Was brauchte Novalee nur so lange? Steckte sie vielleicht in Schwierigkeiten? Nervös blickte ich mich um. Ich hatte keine Lust von einem der Lehrer erwischt zu werden. „Sie wird schon kommen." Beruhigend legte er mir eine Hand auf den Arm. Lächelnd sah ich ihn an: „Was würde ich nur ohne dich tun?" Er lachte: „Verzweifelt und wie ein aufgeschrecktes Huhn durch den Raum laufen?" Jetzt musste ich ebenfalls lachen. In diesem Moment kam eine ziemlich schlecht gelaunte Novalee aus ihrem Zimmer. „Meine Mitbewohnerin ist endlich eingeschlafen. Gott die letzte dreiviertel Stunde hat sie damit zugebracht sich die Fuß- und Fingernägel zu lackieren!" Ein Grinsen stahl sich auf Bennetts und mein Gesicht. „Jedenfalls können wir gerne aufbrechen."

Leise schlichen wir zum Flur und das Treppenhaus hinunter. Auch wenn mir der Gedanke nach draußen zu gehen immer noch Unbehagen bereitete war es wohlmöglich die beste Entscheidung gewesen. Einerseits aufgrund der Lir, von denen einige sicher unsere Gedanken hören konnten. Und zum anderen wegen dem was Debrah mir gesagt hatte. Man beobachtete mich. Damit hatte sie sicherlich Lennox gemeint, immerhin war er derjenige gewesen, der mit ihr über die Geistersache gesprochen hatte. Ich blickte mich um, hatte aber nicht das Gefühl, dass uns jemand beobachtete oder folgte. Dieses Mal schien die Luft rein zu sein, weshalb ich mich ein wenig entspannte.

Wir redeten kein Wort miteinander, während wir die vielen Stufen nach unten wanderten. In der Stille hörte sich jeder unserer Schritte unnatürlich laut an und ich fürchtete jeden Moment mit dem Auftauchen eines Lehrers. Ich sah uns schon mit gepackten Koffern beim Direktor sitzen, der uns verkündete, wir würden der Schule verwiesen. Die einzigen die solch eine Nachricht erfreuen würde, waren meine Eltern. Bei dem Gedanken an sie zog sich mein Magen zusammen. Ich musste unbedingt noch einmal versuchen mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Wir kamen derweil am unteren Ende der Treppe an. Novalee spähte in die große Eingangshalle: „Ich kann niemanden erkennen. Die Luft scheint rein zu sein." Nun mussten wir es nur noch bis zur Hintertür schaffen.

Goldriverhigh Academy - Erwachen [Slow Updates]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt