'Du bist es auch.'
Etwas unsicher sieht Harry mich an und seufzt dann leise. "Ich hoffe es..." wispert er, weshalb ich ihn irritiert anblinzle. "Wie meinst du das?" flüstere ich etwas besorgt. Schwer muss er schlucken und atmet zittrig ein, als er mir vorsichtig eine Strähne aus der Stirn streicht. "Es ist eine Sache, ob dein Herz etwas von meinem spürt. Aber du bist ein Mensch, Louis, deine Gefühle sind frei und..." mit schweren Lidern blickt er mich mit gesenktem Kopf an, "...du kannst sie noch immer für jemand anderen entwickeln, der dich glücklicher macht, als ein egoistisches, selbstsüchtiges Riesen-Insekt wie ich..."
"Harry..." seufze ich und nehme sein Gesicht in beide Hände. "Mal' doch nicht den Teufel an die Wand, nur weil nicht alles so einfach ist, wie sonst bei Euch." Doch er schüttelt den Kopf. "Wie sollst du dich bitte bei jemandem wohlfühlen, der dir schon eine so widerliche Seite an sich gezeigt hat, die sich nur nimmt, was sie braucht, ohne auf deine Gefühle Rücksicht zu nehmen? Was sagt dir, dass ich das nicht wieder tun würde, wenn mir etwas nicht passt, was du tust? Wie sollst du mir vertrauen können? Ich habe einfach so viel falsch gemacht, von vorn herein einfach kaputt gemacht, weil ich dich nicht wieder hergeben konnte. Ich konnte das, worauf ich mein ganzes Leben lang gewartet hatte, nicht verlieren - obwohl ich es eigentlich nie wirklich hatte..." Sein Kiefer verkrampft sich, als er den Kopf wegdreht, um seine feuchten Augen zu verstecken.
Leise stößt er Luft zwischen seinen Lippen hindurch, bevor er sie aufeinander presst. Ich gebe ihm einen Moment, bevor ich mir sein Gesicht vorsichtig wieder zu mir drehe. "Lass uns einfach nochmal von vorn beginnen, okay?" sage ich ganz ruhig. Er beißt sich auf die Lippe, schüttelt langsam den Kopf und haucht "Nichts lieber als das, Louis, glaub mir. Aber ich habe solche Angst, dass du nicht vergessen, nicht verzeihen kannst, was ich getan habe..." Ich streiche ihm mit dem Daumen übers Kinn, blicke einige Sekunden zwischen seinen Augen hin und her, flüstere "Lass es mich versuchen. Gib mir die Chance, dich kennen zu lernen." Erneut schnauft er leise.
"Was, wenn du nicht magst, was du findest?"
"Wie war das mit dem Teufel an der Wand, hmn?" Auch er muss nun ein wenig schmunzeln. "Du wirst von allen hier geliebt, Harry, ich kann mir kaum vorstellen, dass das ein Zufall ist." Schnell wische ich unter seinem Auge entlang, verhindere so, dass die einzelne Träne eine Chance hat, weit zu kommen.
Und obwohl ich gerade versuche, ihn zu beruhigen, würde ich am liebsten selbst schon wieder anfangen zu weinen. Denn mir wird gerade bewusst, dass nicht nur mich die ganze Situation überfordert, komplett durcheinander bringt und aus der Bahn wirft. Nein, natürlich ist das alles auch für Harry neu und alles andere als einfach. Während all seine Freunde in ihrem Gefährten den Partner fürs Leben finden, der bedingungslos immer da, eine Stütze ist und gleichzeitig das perfekte Gegenstück zu ihnen selbst, muss er dauerhaft fürchten, dass sein Herz sich einem anderen schenkt. Denn, so gern ich ihn auch beruhigen mag, ist mir natürlich bewusst, dass er Recht hat. Ich kann nicht garantieren, für immer an seiner Seite zu bleiben. Genauso gut kann mir morgen mein Traummann über den Weg laufen, in den ich mich Hals über Kopf verliebe und daraufhin Harry verlasse.
Ihm fehlt diese Sicherheit, die Gewissheit, für immer diese eine Person im Leben zu haben, die um jeden Preis zu dir steht. Und dabei braucht sein Herz nichts mehr, als dieses Gefühl.
Doch trotzdem mag ich versuchen, ihm etwas Ruhe zu schenken, wie er es zuvor bei mir geschafft hat. "Ich glaube kaum, dass ein anderer Elf es wagen würde, sich zwischen uns zu stellen." flüstere ich ruhig. "Das nicht, nein. Eine Herzensverbindung ist heilig, niemand von uns würde diese brechen wollen. Aber du bist nicht der einzige Mensch auf dieser Erde, Louis." murmelt er. "Solange ich hier bin, brauchst du dir also keine Sorgen machen." grinse ich. Doch er sieht mich traurig an. "Soll ich dich hier einsperren, oder was? Das ist ja viel besser, als dir deinen freien Willen zu nehmen..." brummt er. "Glaub mir, mich kriegen keine 10 Pferde wieder freiwillig da raus, ich hab die Schnauze voll davon, mich gegen diese Monster da draußen zu verteidigen." versichere ich ihm.
Er schnauft leise, als ich ein leises "Hmn?" von mir gebe und eine seiner Locken um meinen Finger wickle (ich kann sie einfach nicht davon lassen...), nachdem er einige Sekunden nicht auf meine Worte reagiert hat. "Es ist aber äußerst ungewöhnlich, dass so lang kein Mensch hier im Dorf war, wie im Moment - also, von dir mal abgesehen." Überrascht hebe ich die Augenbrauen. "Ist es echt so üblich, dass Ihr mit Menschen Kontakt habt?" Er nickt leicht. "Nach all dem, was sie Euch angetan haben?" Er blinzelt mich fragend an. "Dein Vater, Harry..." flüstere ich vorsichtig, denn ich weiß nicht, wie sehr ihn die Erinnerung an das was passiert ist, mitnehmen könnte. Doch er winkt sofort ab. "Das war eine kleine Gruppe. Eine Familie, die so grausamen Absichten hatte, aber die ist keine Gefahr mehr." erklärt er.
"Bist du sicher?" wispere ich. Allein die Vorstellung, auch nur ein Bewohner dieses Dorfes könnte noch einmal auf so widerliche Art und Weise sein Leben geben müssen, wie Harrys Vater es musste, lässt mich erschaudern. Den Gedanken, dass es Harry treffen könnte, mag ich nicht mal einen Zehntelsekunde zulassen.
Es würde mich brechen, ich bin mir sicher.
"Ziemlich sicher ja." spricht er überzeugt. "Okay...?" Ich hebe etwas unsicher die Augenbraue. "Wir..." er stockt kurz, um sich zu räuspern. "...sagen wir, wir haben uns drum gekümmert. Von der Familie existiert niemand mehr." Mit großen Augen blinzle ich ihn an.
Er-
Will er mir gerade sagen, diese liebevollen, gutmütigen Elfen, die Wesen, die mich mit so viel Hilfsbereitschaft und Wärme aufgenommen haben, haben eine komplette Familie quasi... ausgelöscht?
"Ihr-" Ich stocke mitten im Satz, bevor ich weiter sprechen könnte. Als er mein schockiertes Gesicht sieht, greift er nach meiner Hand. "Nein, so war das nicht gemeint, bitte versteh mich nicht falsch." Er dreht sich etwas weiter zu mir, um mich direkt ansehen zu können. "Alle Mitglieder der Familie sind im Kampf gestorben, nur... naja, ja, mein Onkel hat sich damals zur Aufgabe gemacht, seinen Zwillingsbruder, also meinen Vater, zu rächen und hat das letzte Mitglieder der Familie getötet, ist kurz darauf allerdings selbst an seinen Verletzungen verstorben. Damals ist viel zu viel unnötiges Blut vergossen worden, aber bitte glaub mir, dass niemand von uns ein kaltblütiger Mörder ist. Dir droht hier keine Gefahr, weder von uns Elfen, noch von anderen Menschen, okay?"
Während er geredet hat, hat er ebenfalls meine andere Hand genommen und ich spüre die pure Sorge, die aus seinen Augen sticht, bis tief in meine Seele. Natürlich möchte er nicht, dass ich ein solches Bild von den Elfen bekomme, doch das passt auch definitiv nicht in meine Meinung über diese Wesen. Niemand hier kann auch nur einer Fliege etwas zu Leide tun, doch mordlustigen, grauenvollen Menschen hingegen, bin ich schon einigen begegnet.
Sanft lächle ich ihn an und nicke ihm zu. "Alles gut, ich war bloß etwas... überrascht." versichere ich ihm, bringe ihn leise zum Schmunzeln, als ich die tiefe Falte zwischen seinen Augenbrauen mit dem Daumen glatt zu streichen versuche, als sie nicht sofort verschwindet. "Ich fühle mich hier so sicher, wie noch nirgendwo sonst, das verspreche ich dir, Harry." Er beginnt leicht zu lächeln. "Es freut mich, dass Eroda dir ein Gefühl von Sicherheit geben kann." flüstert er und blickt für einen Moment nachdenklich auf meine Brust, in der mein Herz seit ein paar Minuten etwas schneller schlägt.
Vermutlich macht er sich Gedanken, dass es mir wegen gestern nicht gut geht, doch tatsächlich hat mein Herzschlag erst eine erhöhte Frequenz, seit er meine Hand hält und mir um einiges näher gekommen ist. Ich habe absolut keine Kontrolle darüber, meine Hormone tanzen gerade einfach bloß glücklich durch meinen Körper und lassen meinen Puls in die Höhe schießen.
Und obwohl mich dieses Gefühl in den Tagen zuvor meist eher nervös und unsicher gemacht hat, genieße ich es in diesem Moment tatsächlich bis tief in jede Pore.
Es fühlt sich angenehm, warm und fluffig an und genau dieses Gefühl mag ich ihm ebenfalls geben.
Also schüttle ich leicht den Kopf und hebe sein Kinn vorsichtig wieder an, sodass er mir in die Augen blickt. "Eroda gibt mir kein Gefühl von Sicherheit." flüstere ich, streiche mit meinem Daumen zart über seinen kantigen Unterkiefer, der sich daraufhin etwas verkrampft.
"Du gibst mir ein Gefühl von Sicherheit, Harry."
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selfish addiction ⊱°⊰.˖* || L.S. [mpreg]
FanficVon allen Kräften verlassen sackt er auf der Lichtung zusammen. Er kann nicht mehr. Keinen Schritt weiter kann er gehen, er ist einfach am Ende. Hauchzart spürt er dann eine sanfte Berührung auf seiner Haut, als sich ein grün-braun schimmernder Schm...