51 - Sicily

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„Ich verstehe nicht, wieso Paparazzi solche Geier sind", beschwert sich Telese, während sie ihre Haare mit einem Handtuch trocknet. Ich stehe neben ihr und sehe aus dem Fenster. Die einen haben tatsächlich schon Zelte hier draußen aufgestellt. Ich schüttle aufgebracht den Kopf und ziehe den Vorhang zu, ehe einer von ihnen uns entdeckt.

„Es ist ein Skandal, Telese. Sie suchen nach dem Futter. Ich könnte es ihnen geben."

Sie schüttelt aufgebracht den Kopf und legt das Handtuch auf eine Stuhllehne. Ich habe sie selten so ernst erlebt, aber ich finde es gut, dass wir uns einig sind, dass diese Situation hier kein Spaß ist.

„So etwas sollte illegal sein. Moderne Paparazzi kennen keine Grenzen mehr. Das ist unerträglich."

Ich nicke zustimmend, auch wenn es mich normalerweise nicht betrifft. Meistens kann ich über das geierhafte Verhalten hinwegsehen, weil ich es zu meinem Zweck - also für die Werbung - nutzen kann. Dadurch konnte ich das Silver Dreams auch so berühmt machen. Aber zu sehen, wie gierig sie jegliche Informationen suchen, während sie aufgrund von Spekulationen recherchieren, geht zu weit. Sie respektieren keinerlei Privatsphäre, was ich schlimm finde.

„Es tut mir leid, dass ich dich in diese Sache mitreinziehe, Tele", sage ich zu meiner besten Freundin, doch sie schüttelt nur bestimmt den Kopf.

„Machst du nicht. Ich war schon die ganze Zeit involviert. Von Beginn an, weil ich euch gesehen habe und Nacer und dich beobachtet habe. Wir sind sogar zusammen ins Nagelstudio gegangen."

Sie wirft mir ein schelmisches Lächeln zu, während ich traurig auf meine Nägel blicke, welche Baby-blau lackiert sind. Nacer hat sich damals so aufgeregt, dabei hat er die ganze Sache bestimmt witzig gefunden, wenn ich ihn richtig einschätze. Ich seufze, weil mich jeder Gedanke an Nacer deprimiert.

„Ich kann nicht glauben, dass er etwas derartiges getan haben sollte, Telese. Er hat nie gewirkt, als würde er große Pläne haben oder irgendetwas verstecken. Sein Zimmer ist immer offen gewesen und selbst als ich geschnüffelt habe, war da nichts zu finden. Wo hätte er die Sachen sonst haben sollen, ohne einen Komplizen zu haben?"

Telese zuckt mit den Schultern und holt uns beiden ein Stück Kuchen, ehe sie sich zu mir setzt.

„Noch steht nichts fest. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass er Komplizen gehabt hat. Allein ist es immer schwierig, so einen Plan durchzuführen. In Werkstätten hat es immer Leute, vor allem in der Formel 1. Deshalb sucht man schon seit einigen Tagen seit handfesten Beweisen. Es muss gut durchgeführt worden sein. So, dass es niemand gemerkt hat und keine Kamera hätte aufgreifen können."

Ich nicke zustimmend und nehme einen kleinen Biss von der Schwarzwälder-Torte vor mir. In meinem Kopf gehen die einzelnen Puzzleteile nicht zu einem Bild zusammen, sondern wirken eher, als würden sie nicht zusammenpassen. Es beunruhigt mich, dass es so viel Unwissen gibt. Dass es so viele Aspekte gibt, die ich nicht einordnen kann. Dass ich Nacer kennengelernt habe und das Bild des Täters, desjenigen, welcher solche Dinge anstellt, gar nicht zu ihm passt.

„Wann kommt dein Bruder schon wieder?", fragt Telese und holt mich damit aus meinen Gedanken. Ich werfe einen kurzen Blick auf die Uhr und zucke dann mit den Schultern.

„Er hat mir geschrieben, dass er sich gerne am Nachmittag mit uns treffen würde, aber ich kann dem keine explizite Uhrzeit zuordnen. Er kommt vermutlich einfach, wenn es ihm passt. Vielleicht hat er auch die vielen Reporter gesehen und dann direkt aufgegeben."

Telese schnaubt. „Schön wäre es. Ich hätte nämlich nichts dagegen, wenn er nicht auftaucht."

Ich nicke zustimmend. Das Verhältnis zwischen Luciano und mir ist nicht besser geworden. Wir unterhalten uns einfach auf einer professionellen Ebene, wo es um die Geschehnisse um uns herum und nicht um uns selbst geht. Dann können wir den ernsten Themen nämlich aus dem Weg gehen, was ich gut finde. Dann muss ich mit ihm nicht über Gefühle reden, denn das artet jedes einzelne Mal aus. Dass er vorgeschlagen hat, sich zu treffen, beunruhigt mich, aber es ist auch möglich, dass er Wissen besitzt, welches mir nicht zur Verfügung steht. So wie als ich Nacer zu der Befragung begleitet habe und er mich dort davor gewarnt hat, vorsichtig zu sein.

„Vielleicht kann er uns helfen", versuche ich optimistisch zu sein. Telese schnaubt nur.

„Vermutlich möchte er uns aushorchen. Er ist auch ein Freund von Pasquale, wenn ich dich daran erinnern darf."

Ich seufze. „Das Verhältnis zwischen den beiden hat gebröckelt, als Pasque bemerkt hat, wie der Umgang zwischen meiner Familie und mir ist, wenn ich dich daran erinnern darf."

Telese streicht sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und nickt.

„Pasquale hat viele Freundschaften aufgegeben. Ich habe allgemein das Gefühl, dass sich die Dinge zwischen ihm und mir ebenfalls verändert haben, seit er den Unfall gehabt hat. Er wirkt viel ängstlicher. Ich denke, dass ihn das wirklich getroffen hat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie wütend er auf Nacer sein muss. Er hat schon nicht begeistert gewirkt, als wir über ihn zu sprechen gekommen sind. Wahrscheinlich ist er beleidigt, dass wir Beweise wollen, ehe wir Nacer verurteilen."

„Du auch?", frage ich überrascht. Telese hat nicht so gewirkt, als wolle sie Nacer in den Schutz nehmen oder daran zweifeln, dass er all diese Dinge getan hat.

„Ja. Ich sehe die Hoffnung in dir. Du bist nicht töricht, Sisi. Du weißt, was du tust. Wenn du Nacer vertraust, dann vertraue ich ihm auch. Denn ich vertraue dir. Du bist ein schlaues Köpfchen und denkst immer an tausend Sachen. Wie kann ich dir da auch nicht vertrauen? Vielleicht täuschst du dich, aber ich denke, dass uns ein grundlegendes Teilchen fehlt, um alles zu verstehen. Vielleicht spricht es dafür, dass Nacer schuldig ist. Oder vielleicht ist es auch Luciano oder was weiß ich wer."

Ich nicke zustimmend, während ich ihr ein dankbares Lächeln zuwerfe. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie so viel Vertrauen in mein Urteil steckt. Aber sie tut es doch und gleichzeitig gibt sie mir die Chance, das Richtige zu tun. Sie gibt Nacer die Chance. Sie gibt unserer Liebe ein letztes Mal die Chance, und dass sie das als eine außenstehende Person macht, bedeutet mir die Welt.

Ich möchte ihr das alles sagen, aber noch bevor ich zu Wort komme, klingelt es an der Tür. Telese und ich wechseln einen angespannten Blick. Luciano ist hier.

Uiiii wird Luciano hier helfen können?

Haben Sicily und Telese da wohl recht?

Genießt das Wochenende und dann lesen wir uns bald wieder 🥰

[DOPPEL-UPDATE 2/2]

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