Stumm starre ich ihn an. Denkt er schon die ganze Zeit so über mich? Ich versuche den dicken Kloß in meinem Hals zu ignorieren. Ich fühle mich bedrückt... Verraten.
„Verstehe", leise verlassen diese Worte meinen Mund. Ich gehe ein paar Schritte zurück. „Dann sehe ich keinen Grund noch weiter mit dir zu trainieren".
Ich mache auf dem Absatz kehrt und drehe Satoru meinen Rücken zu. Es ist erschreckend still. Meine Schritte hallen viel zu laut in meinen Ohren. Sobald ich die Tür passiert habe und sie hinter mir geschlossen habe, rennen meine Beine wie von selbst los.
Warum bin ich so enttäuscht? Ich fühle mich so unglaublich verletzt und verlassen...
„Kaya~..."
Erschrocken blicke ich auf und schaue in alle Richtungen. Es fängt wieder an. Diese Stimme, die mich ruft. Zitternd hebe ich meine Arme hoch und halte mir meine Ohren zu. Ich fange wieder an zu rennen. Ich will einfach meine Ruhe haben.
Ich weiß nicht, wann ich in meinem Zimmer angekommen bin. Das einzigste was ich mitbekommen habe ist, als es angefangen hat zu regnen. Wie die Regentropfen gegen mein Fenster prasseln.
Mit angezogenen Beinen sitze ich auf dem Boden und lehne mich an meinem Bett an. Es fühlt sich wie ein Dejá Vù an. Ich mache genau das selbe wie damals. Mich verkriechen. Den Fuchs meiden, die Stimmen meiden. Alles ignorieren. Ich wollte doch nie wieder in dieses tiefe Loch fallen.
„Kuzunoha... Falls du mich hören kannst, antworte mir bitte", ein Flüstern aus Verzweiflung. Den Tränen nahe streiche ich durch meine Haare. „Bin ich wirklich kein Mensch mehr?".
Mein Blick festigt sich an meine linken Hand. Eine kleine blaue Flamme entzündet sich in dieser. Laut atme ich ein. Meine Hand bewegt sich wie von selbst. Dreht sich, bewegt abwechselnd die Finger. Die kleine Flamme tänzelt um meine Hand herum. Ich kann die Wärme spüren.
Ein leichtes Lächeln taucht in meinem Gesicht auf. Das Fuchsfeuer, was ich bis vor kurzem gefürchtet habe, beruhigt mich in diesem Augenblick.
~•~•~•~•~•
Gelangweilt laufe ich hinter Satoru her. Mein Kopf ist leicht in den Nacken gelegt. Meine Augen starren in den bewölkten Himmel. Seit der kleinen Auseinandersetzung rede ich kein Wort mehr mit ihm. Ignoriere seine Anwesenheit. Auch jetzt laufe ich ein paar Meter weiter hinter ihm.
Ich bin ziemlich nachtragend, das merke ich gerade. Vielleicht wird mir die Auszeit für die paar Wochen ganz gut tun. Auf dieser Mission werde ich bestimmt gar nicht dazu kommen, an ihn zu denken.
Mein Blick wandert nach vorne und landet auf dem Weißhaarigen. Ob er wohl noch darüber nachdenkt? Hat er sich überhaupt darüber Gedanken gemacht? Finden er mein Verhalten kindisch?
Satoru bleibt stehen und dreht sich leicht zu mir. Mit einer lässigen Handbewegung zeigt er auf ein großes Gebäude. „Hier ist das Polizeipräsidium, Gib dir Mühe".
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„Ja, wir freuen uns echt über jede Hilfe! Es ist eine nicht einfache Zeit". Seufzend redet der Beamte drauf los. Ich höre ihm aufmerksam zu. „Was meinen Sie?". „Wir haben zur Zeit viel zu viel Personalmangel. Manche melden sich krank, andere kommen nicht mehr...". Verwundert blicke ich den großen, in die Jahre gekommenen, Mann an. „Weiß man warum manche nicht mehr kommen?". Ich zucke leicht zurück, als der Mann sich zu mir runterbeugt. „Nein, um ehrlich zu sein sind sie komplett verschwunden. Wir suchen zwar nach Ihnen, aber finden keine Spur. Die Oberbosse wollen nicht, dass diese Fälle an die Öffentlichkeit gelangen... Da stimmt etwas ganz gewaltig nicht!", flüstert er mir zu.
„Naja! Auf jeden Fall, hier wäre dein Arbeitsplatz. Unterlagen liegen auch schon bereit. Wenn du noch irgendwas brauchst, kannst du dich gerne an mich wenden!", zufrieden salutiert der Mann vor mir und geht dann schnellen Schrittes wieder zurück. Ich blicke ihm nachdenklich hinterher.
Der Mann wirkte von Außen her gelassen, aber innerlich war er ängstlich. Mein Blick wandert durch den Raum. Jeder hier ist so. Sie haben Angst, fühlen sich unwohl. „Wirklich bedrückend", seufze ich leise.
Ich setze mich auf den Stuhl und öffne neugierig die Unterlagen. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird meine Aufgabe sein, alle Fälle, die vor kurzem gelöst wurden, auf Richtigkeit zu überprüfen und einzusortieren. Gespannt blicke ich mir die erste Seite an. Es geht um Mitsuba Aya, vierzehn Jahr alt. Sie wurde am 23. Januar um 16:43 Uhr als vermisst gemeldet, nachdem sie von der Schule nicht zu Hause ankam. Das ganze Wohn- und Schulgebiet wurde von der Polizei abgesucht, jedoch keine Spur von Mitsuba-chan. Die Suche wurde nach drei Monaten eingestellt. Am 16. November um 22:18 Uhr wurde durch ein Jogger in der Nähe vom Meiji Jingu Schrein ihre Leiche entdeckt.
Traurig blicke ich den Bericht an. Warum gibt es nur solch grausige Menschen? Dieses Mädchen hat doch keinem was getan.
Nervös blättere ich zur nächsten Seite. Die Ergebnisse der Pathologie. Mehrere Hämatome auf allen Gliedmaßen, sowie drei ausgefranste Einstichstellen im Thorax. Keine weiteren Auffälligkeiten aufzuweisen. Todesursache Verblutung. Verwesungszustand: Fortgeschritten. Geschätzter Todeszeitpunkt: vor ungefähr drei Monaten. Hinweise Täter: keine
Der Fall wurde zu den Akten gelegt.Neugierig schaue ich mir die beigefügten Bilder an. Ein ungutes Gefühl macht sich in mir breit. So wie als hätte man irgendetwas wichtiges übersehen. Eine Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus. Mein Blick wandert zum Aufnahmedatum. 18. November. Das war vorgestern! Mit mulmigen Gefühl schließe ich die Akte.
Sollte ich? Es wäre gut möglich, dass sie noch im Gebäude vorhanden ist. Motiviert stehe ich vom Stuhl auf. Meine Hand greift nach der Akte. Erschrocken zucke ich zusammen und drehe mich um. Unsicher blicke ich durch den Raum. Ich habe das Gefühl beobachtet zu werden. Der Blick brennt sich geradezu in mich. Alle Mitarbeiter, die ich sehen kann, starren auf ihre Schreibtische und bearbeiten ihre Unterlagen.
Hab ich mir das eingebildet? Ich schüttel kurz meinen Kopf. Nein. Es war eindeutig. Aber von wo kam es nur? Nachdenklich blicke ich wieder auf die geschlossene Akte. Ich sollte mich fürs erste ruhig verhalten. Ich kann auch noch später los gehen und einen Versuch starten.
Entschlossen lege ich die Akte von Aya zur Seite. Ich schnappe mir einer der nächsten Akten. Den Blick immer noch in meinem Rücken spürbar. Meine Nase zuckt nervös. Dieser Geruch...
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Im Bann des Fuchses (Gojō Satoru x Oc)
RomanceMeine Atmung und mein Herzschlag setzen aus. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich in diese Fratze. Ich muss hier weg, aber das Monster versperrt den Ausgang. So schnell wie ich kann, greife ich den nächstgelegenen Gegenstand von der Rezeption und...