35. Kapitel

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< Wincent >

Ich war so froh, dass sie endlich wieder aufgewacht ist. Und dann kam der Arzt mit der nächsten Hiobsbotschaft- Amnesie. Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Sie weiß also nicht mal, dass sie meine Freundin ist.

Als ich zu Hause ankomme, lasse ich mich auf die Couch fallen. Meine Großeltern sind natürlich schon weg. Meine Mum und Shayenne kommen zu mir und setzten sich ebenfalls.
Ich starre in den Garten.

"Sie hat ihr Kurzzeitgedächtnis verloren", sage ich in die Stille, "sie weiß nicht mehr, dass wir zusammen sind."
Die Tränen laufen mir über's Gesicht. Ich kann nicht mehr und ich weiß nicht, wie ich das durchhalten soll. Meine Mum nimmt mich in den Arm. Shay hält meine Hand.
"Was ist, wenn sie sich gar nicht mehr erinnern kann? Ich liebe sie doch!"
"Ach Junge. Gib ihr etwas Zeit. Vielleicht muss die Platzwunde erst richtig heilen und sie muss erstmal wieder auf die Beine kommen. In den nächsten Tagen sieht die Welt bestimmt wieder anders aus."
"Es tut mir leid, dass ich vorhin nicht da war."
"Muss es nicht. Oma und Opa hatten vollstes Verständnis. Sandra geht jetzt vor."
"Ich werde mich hinlegen. Ich möchte morgen Vormittag gleich ins Krankenhaus. Und ich muss Katja noch anrufen und auf den neuesten Stand bringen."
"Gute Nacht", sagen beide gleichzeitig und nehmen mich noch einmal in den Arm.

Am nächsten Tag stehe ich vor der Zimmertür. Es kostet mich 3 Versuche bis ich endlich klopfe. Ich weiß einfach nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Zu wissen, dass sie nicht weiß,  dass ich ihr Freund bin, macht mich wahnsinnig. Ich weiß nicht, ob ich dieser Situation gewachsen bin.
Als sie antwortet gehe ich ins Zimmer. Sie dreht ihren Kopf zu mir, ihre Augen weiten sich und sie schließt abrupt die Augen. Super, sie kennt den Sänger, mehr aber auch nicht. Das merke ich an der Reaktion.
Wir unterhalten uns etwas und ich zeige ihr Fotos von uns, damit sie mir glaubt, dass wir wirklich zusammen sind. Ich erzähle ihr, warum sie hier liegt und sie sieht mich fassungslos an. Aber sie scheint mir nicht die Schuld zu geben. Als sie anfängt zu weinen, weil sie Angst hat, sich nicht mehr erinnern zu können, nehme ich ihre Hand. Eine Wärme durchströmt mich und mein Körper kribbelt. Ob sie das auch spürt?

Ich habe ihr versprochen jeden Tag wiederzukommen. Heute treffe ich mich vorher noch mit Marco.
"Hey, wie geht's ihr und dir?", fragt er mich.
"Hey, sie ist stabil, aber sie kann sich an alles, was uns betrifft, nicht mehr erinnern. Ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen soll,Marco."
"Du musst das nicht alleine schaffen. Wir sind alle da und wir unterstützen euch beide so gut es geht. Das weißt du doch!"
"Ich weiß, danke. Sie wollte, dass ich ihr von uns erzähle."
"Das klingt doch gut. Hast du ihr alles erzählt?"
Ich schaue auf's Wasser und schüttele den Kopf.
"Wince, dass ist nicht gut. Sie muss wissen, dass ihr getrennt wart und was in München passiert ist. Vielleicht hilft ihr das auch."
"Ich weiß, aber ich konnte nicht. Ich wollte ihr das noch nicht zumuten."
"Ich hoffe, dass das nicht schief geht."
"Ich auch."
Ich möchte ihr nicht weh tun und ich möchte, dass sie mir vertraut. Und ich weiß, dass ich es dadurch auf's Spiel setze. Aber ich kann es ihr jetzt einfach noch nicht sagen.

Als ich den Arzt 2 Tage später treffe, teilt er mir mit, dass die Reha hier ganz in der Nähe stattfindet, da kurzfristig ein Platz frei geworden ist. Es kann auch als ambulante Reha stattfinden. Ich rufe Mum an und frage sie, ob es für sie in Ordnung wäre, wenn wir die ambulante Reha machen und Sandra zu uns holen. Sie ist einverstanden. Eigentlich habe ich auch nichts anderes erwartet. Nur weiß ich noch nicht, wie Sandra die Idee findet.
"Hey schöne Frau", sage ich als ich das Zimmer betrete.
"Hey du. Der Arzt sagt, ich kann bald zur Reha."
"Ja, ich weiß. Darüber wollte ich mit dir sprechen." Ich lächle sie leicht an.
"Ok."
Ich hole tief Luft.
"Der Arzt sagt, die Reha ist hier in der Nähe und könnte auch ambulant durchgeführt werden. Ich dachte, also, ich hab mir überlegt, dass du...dass du vielleicht bei uns wohnst und tagsüber zur Reha gehst. Also natürlich nur, wenn du willst. Ich tabe die nächsten Monate frei, damit ich dich unterstützen kann."
Sie sieht mich eine Weile an.
"Ich würde das schön finden, aber...aber ich möchte euch nicht zur Last fallen. Danke, dass du das alles für mich machst."
"Tust du nicht. Ich freue mich, wenn du bei mir bist. Der Arzt sagt, du könntest morgen nach Hause." Ich nehme ihre Hand und halte sie fest.
Ich liebe es, dieses Kribbeln zu spüren.
"Das wäre toll. Mir fällt hier die Decke auf den Kopf. Danke. Für alles Wince." Das erste Mal, dass sie nicht meinen vollen Namen benutzt. Ein kleiner Fortschritt.
"Morgen kommen übrigens Lisa und Kevin aus München. Sie würden dich gern besuchen."
"Klar, warum nicht. Du sagtest ja, dass Lisa und ich uns gut verstehen. Vielleicht hilft es mir. Vielleicht bin ich dann schon zu Hause. Also bei dir, meine ich."
"Zu Hause klingt gut", sage ich und lächle sie an.

Am nächsten Tag hole ich sie am späten Vormittag ab. Katja hat beim letzten Besuch Klamotten für sie mitgebracht, so dass sie ihre eigenen Sachen anziehen kann. Sie hat wirklich Glück eine so tolle Freundin zu haben.
Der Arzt gibt uns alle Unterlagen mit. Die Reha startet nächste Woche.

Ach, wenn ihr euch fragt, was ich Silvester gemacht habe...ich habe mich ins Krankenhaus geschlichen und es mit Sandra verbracht. Damit wir zusammen ins neue Jahr starten konnten :)

Meine Mum hat wirklich übertrieben. Sogar ein "Willkommen zu Hause"- Banner hat sie aufgehangen. Kevin und Lisa sind auch schon da. Sie bleiben ein paar Tage hier in der Nähe. Vielleicht hilft es Sandra irgendwie. Mir auf jeden Fall, ich bin froh, dass unsere Freunde uns so beistehen und unterstützen.

"Wince! Sandra!" Der kleine Wirbelwind Louis stürmt auf uns zu. Ich fange ihn auf. Sandra's Arm ist noch im Gips und die Rippen geprellt.
"Hallo kleiner Mann", strahlt Sandra ihn an. Endlich ein ehrliches Lachen.
Wir begrüßen die anderen mit einer Umarmung und sie stellen sich nochmal vor. Das ist komisch, aber es ist jetzt nun mal so...

Fanfiction Wincent Weiss - Wer, wenn nicht wir?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt