34. Kapitel

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< Sandra >

Ein Arzt und eine Schwester kommen und beruhigen mich. Sie sagen mir, dass sie diesen Schlauch jetzt ganz vorsichtig entfernen. Oh mein Gott, was für ein Scheißgefühl!
Als der Schlauch endlich draußen ist, muss ich röcheln und husten und erstmal tief einatmen. Endlich, ich bekomme wieder Luft. Aber mein Hals ist trocken. Ich kann nicht sprechen.
"Schwester Lea gibt Ihnen gleich etwas zu trinken, dann klappt es auch wieder mit dem Sprechen. Mein Name ist Dr. Meyer. Schön, dass Sie wieder bei uns sind, Frau Richter."
Die Schwester reicht mir ein Glas Wasser mit Strohhalm und ich trinke es Schluck für Schluck aus. Schon viel besser.

"Wo bin ich und was ist mit mir passiert?"
"Sie sind in der Uniklinik Hamburg. Sie sind eine Treppe hinunter gefallen und auf den Hinterkopf gefallen."
"Was mache ich denn in Hamburg?"
Ich bin verwirrt.
"Das kann Ihnen Ihr Freund bestimmt alles beantworten, Frau Richter."
"Ich habe keinen Freund." Ich schüttele mit dem Kopf.
"Ich werde den jungen Mann einmal informieren und dann wird er Sie bestimmt aufklären können. Frau Richter, ich will ehrlich sein, es scheint so, als hätten Sie Ihr Kurzzeitgedächtnis verloren. Es kann eine Weile dauern bis es zurück kommt. In einigen Fällen kann es jedoch passieren, dass es für immer Lücken gibt. Tut mir leid Ihnen das so direkt sagen zu müssen."
Ich nicke nur. Mir laufen die Tränen. Das kann doch nicht sein, verdammt! Was ist bloß passiert und wer soll mein Freund sein? Wo ist Katja? Weiß sie, dass ich hier bin?
Ich schließe die Augen. Das kann doch alles nicht wahr sein! Ich schlafe ein.

Am nächsten Morgen wache ich auf und werde auf eine andere Station verlegt. Der Arzt sagt, dass mein Zustand stabil ist und das ich nach Neujahr in eine Reha kann. Diese dauert 4 Wochen. Und dann kann ich endlich wieder nach Hause.

Es klopft an der Tür.
"Ja?"
Die Tür öffnet sich.
"Hey."
Da ist sie - diese schöne Stimme, die die ganze Zeit hier war. Aber, wer ist er? Was macht er hier? Warum war er die ganze Zeit bei mir?
Ich drehe meinen Kopf vom Fenster zur Tür und sehe ihn an. Ach du scheiße!
Ich schließe die Augen und öffne sie nochmal. Okay, dass ist also keine Einbildung. Wincent Weiss steht tatsächlich an meinem Krankenbett. Aber....was will er hier?
"Schön, dass du wieder wach bist."
"Was willst du hier?"
"Wie meinst du das?"
"Also, ich meine, was macht Wincent Weiss hier bei mir." Ich sehe ihn fragend an und zeige mit dem Zeigefinger zwischen uns hin und her.
Er schaut etwas irritiert. Aber da ist noch etwas anderes in seinen rehbraunen Augen - Traurigkeit und Erschöpfung.
"Ich...ich bin dein Freund." Er sieht mich mit großen Augen an.
"Mein Freund? Du?" Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern jemals Wincent Weiss getroffen zu haben. Ich war noch nicht mal auf einem Konzert von ihm.
"Ja, schon seit ein paar Monaten. Was ist denn das Letzte, woran du dich erinnern kannst?", fragt er leise und sieht auf den Boden.
"Ich...ich war in Hannover. Ich habe mich geärgert, dass ich nach München zu einer Messe muss und dann anschließend noch ein Vierteljahr dableiben soll, um eine Baustelle zu begleiten."
"Du warst schon in München. Die Baustelle ist fertig. Wir haben uns zufällig in München kennengelernt."
Ich sehe ihn etwas ungläubig an.
"Wir kennen uns also wirklich näher?"
Er nickt und holt sein Handy raus. Er drückt ein paar Mal auf den Touchscreen und gibt es mir. Das sind tatsächlich Fotos von ihm und mir, also wir zusammen. Wir strahlen in die Kamera. Auf einem Foto küssen wir uns sogar.
Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern. Und ich sehe auf den Fotos so glücklich aus. Daran muss man sich doch erinnern, oder etwa nicht?
"Dein Handy liegt da. Ich habe es geladen. Katja ruft dich später an, wenn sie von ihren Eltern wieder zu Hause ist."
"Du kennst Katja auch?"
Er nickt.
"Ja, sie war auch zweimal hier und hat dich besucht. Wir haben seitdem du hier liegst fast täglich Kontakt. Sie hat sich Sorgen um dich gemacht."
Die andere Stimme, die mir so bekannt vor kam.
"Waren meine Eltern hier?"
Er sieht mich ernst an und seine Lippen werden zu einer Linie. Er schüttelt den Kopf. Ich hätte mir das denken können. Nur hatte ich nicht gedacht, dass ich ihnen so egal bin.
"Nein. Sie haben Katja und mir eine Vollmacht ausgestellt, damit wir uns um dich kümmern können. Es tut mir wirklich sehr leid."
Er nimmt meine Hand. Dieses Kribbeln. Wow! Ob er das auch so gespürt hat? Ich sehe auf seine und meine Hand. Wincent Weiss hält meine Hand!
"Es tut mir leid, Wincent.", sage ich und habe Tränen in den Augen.
"Was tut dir leid?"
"Das ich mich nicht an dich, also uns, erinnern kann.", schluchze ich und die Tränen laufen hinunter.
Er wischt sie mit seinem Daumen weg und sieht mich an.
"Du kannst nichts dafür. Es ist meine Schuld", flüstert er.
"Deine Schuld? Warum?"
Er seufzt. "Du wurdest bei meinem Konzert hier in Hamburg von einem anderen Mädchen die Treppe hinuntergestoßen und bist mit dem Kopf auf eine Kante aufgeschlagen. Das ist jetzt etwas über 2 Wochen her. Wärst du nicht mit mir zusammen, wäre dir das nicht passiert."
Er hebt seinen Kopf und sieht mich an.
"Puuh, das muss ich erstmal sacken lassen. Kannst du mir vielleicht etwas von uns erzählen? Wie wir uns kennengelernt haben zum Beispiel?"
Er nickt und lächelt. Als ob in diese Geschichte glücklich macht.
Er erzählt mir, wie wir in einander gerannt sind und der Kaffee über mein Shirt gelaufen ist. Ich muss lächeln. Das klingt echt nach mir.
Er erzählt mir von seinen Freunden und das sie anscheinend auch schon meine Freunde sind. Von unserem ersten Kuss. Von Ausflügen die wir gemacht haben.
"Kommst du morgen wieder?", frage ich ihn.
"Na klar. Wenn du das möchtest", er lächelt mich leicht an.
"Das wäre schön. Ich habe hier nur dich und ich...ich habe Angst."
"Ich komme wieder. Versprochen." Er drückt meine Hand.
Ich hoffe so sehr, dass ich mich wieder erinnere. Ich spüre, dass ich diesen Kerl mag und das da irgendetwas zwischen uns ist.
Und irgendwann schlafe ich ein, weil mein Kopf diese Informationen erst einmal verarbeiten muss.

Fanfiction Wincent Weiss - Wer, wenn nicht wir?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt