40. Kapitel - Jayden ist einfach Jayden

90 9 0
                                    

In den Mittwochmorgen startete ich ohne besondere Vorkommnisse. Ich war nur etwas verstreut, weil meine Gedanken ununterbrochen um das Geheimnis kreisten, das anscheinend über mir lag. Irgendetwas musste ich an mir haben, was so besonders war, dass gefährliche Leute mich finden wollten.

Den Brief meiner Grandma hatte ich nicht zurück in das Tagebuch gelegt. Ich hatte Angst, dort würde die Tinte wieder verschwinden. Auch, wenn momentan alle Seiten, die ich bisher hatte lesen können, mit Schrift gefüllt waren, so glaubte ich, dass es durchaus noch mal vorkommen könnte, dass die Buchstaben wieder verschwanden.

Um dem entgegenzuwirken, hatte ich den zweiten Brief meiner Grandma in die Schublade meines Nachttisches gelegt.

Meinem Großvater war ich gestern aus dem Weg gegangen. Da ich nun wusste, dass er meine Grandma nie betrogen hatte und all der Hass mehr auf Lügen und Geheimnissen beruhte, hatte ich die Befürchtung, ich würde mich ihm gegenüber anders verhalten als sonst. Er sollte vorerst nichts wissen, was ich über ihn herausgefunden hatte.

Maliee hatte sich weiterhin nicht bei mir gemeldet. Ich hatte ihr nach Silvester eine Nachricht geschrieben, in der ich ihr ein frohes neues Jahr gewünscht hatte. Heute Morgen im Bus, schrieb ich ihr dann, dass ich mir wirklich ernsthafte Sorgen machte. Langsam wurde ich paranoid. Ich versuchte, die irren Gedanken in Schach zu halten, doch manchmal drangen Vorstellungen durch, die mir eine fette Gänsehaut bescherten.

Was, wenn Maliee in Schwierigkeiten geraten war? Wenn sie durch die Telefonate an sie herangekommen waren? Und sie nun festhielten? Wer auch immer sie waren.

In den Pausen versuchte ich Maliee zu erreichen, doch sie ging kein einziges Mal dran. In der dritten Pause gab ich es dann auf. Das komische Bauchgefühl wurde ich allerdings nicht mehr los. Irgendetwas war auf jeden Fall, hoffentlich war es nur Henry. Ich wünschte ihr auf keinen Fall etwas Schlechtes, aber das würde wenigstens bedeuten, dass sie nicht in ernsthafter Gefahr wäre.

Weil meine Gedanken schon wieder mit mir durchgehen wollten, gesellte ich mich nach draußen zu Michelle, Mason und ihren Freunden.

„Der Tag ist noch nicht mal um und ich habe schon drei Hausaufgaben aufgebrummt bekommen. Am ersten Schultag! Ist das überhaupt legal?", stöhnte Michelle. Hausaufgaben, noch nie waren mir Hausaufgaben so banal vorgekommen wie im Moment. Was interessierten mich Hausaufgaben?

„Neues Jahr, neues Glück und ne Menge Motivation. Die Lehrer erwarten einiges. In einem halben Jahr ist das Schuljahr schon wieder zu Ende", antwortete Mason belustigt.

„Pff... das ist trotzdem keine Entschuldigung, schon am ersten Schultag so zu übertreiben. Oder? Maya, sag doch auch mal was dazu." Michelle stieß mir ihren Ellenbogen in die Seite und sah mich gespannt an. Ich schreckte aus meinen Überlegungen auf und sah ihnen planlos entgegen.

„Ja? Keine Ahnung... Hausaufgaben... sind mir in letzter Zeit... etwas untergegangen und..." Ich verstummte, als ich sah, wie Jayden plötzlich in unsere Richtung gelaufen kam. Sofort spürte ich, wie mein Körper von Nervosität geflutet wurde. Seit dem Silvesterabend hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Ja, ich hatte oft an ihn gedacht, doch die Probleme in meinem Leben, die wieder präsenter geworden waren, hatten meine... Aufregung ihm gegenüber, etwas in den Hintergrund gedrängt. Umso heftiger bekam ich sie jetzt zu spüren.

„Hey, wie geht's?", fragte er lässig und schloss mich fest in eine Umarmung. Mir wurde heiß. Dieses Mal war ich diejenige, die unsere Umarmung enden ließ. In Gegenwart der anderen war es mir unangenehm.

Ich erinnerte mich daran, wie ich Mason gesagt hatte, dass ich momentan nicht auf der Suche nach etwas Festem war oder nach überhaupt irgendetwas. Unruhe machte sich in mir breit. Hoffentlich würde mich Jayden nicht in Verlegenheit bringen. Bitte nicht vor Mason. Auf ein weiteres Drama konnte ich gut verzichten.

Zufall oder Magie? (1. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt