Meine Schritte waren vor lauter Aufregung viel zu schnell. Ich hatte schon Seitenstechen, aber ich konnte nicht langsamer laufen. Irgendwie musste ich die Aufregung loswerden. Jayden und ich hatten uns an der Kreuzung, am Ende der Straße meiner Wohnsiedlung, verabredet. Ich wollte vermeiden, dass mein Großvater ihn sah.
Niemals hätte er einem Treffen mit Jayden zugestimmt. Und bevor ich die nächste Hausarbeit als Strafe aufgebrummt bekäme, hielt ich es lieber geheim. Ich hatte ihm gesagt, dass ich zu Michelle gehen würde, um mit ihr für einen Mathetest zu lernen. Dem hatte er nicht widersprechen können.
Noch im Gehen zog ich mir schnell die Mütze und Kapuze vom Kopf. Ich hatte vor meinem Großvater verstecken müssen, dass ich mir die Haare nicht geglättet hatte. Seitdem er von seiner Reise wieder zurück war, hatte er mich vermehrt darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig es wäre, dass niemand mitbekäme, wie meine natürliche Haarstruktur wirklich war.
Ich packte die Mütze in meine Tasche und bog um die Ecke.
„Gut siehst du aus", sagte Jayden, als ich zu ihm gelaufen kam. Er zog mich in eine feste Umarmung, die meine Aufregung so groß werden ließ, dass ich zittrig wurde.
„Danke", flüsterte ich nervös in sein Ohr und löste mich dann langsam von ihm. Ob diese Aufregung in seiner Gegenwart jemals aufhören würde?
„Mir gefallen deine Locken." Ich musste lächeln, als ich bemerkte, wie mich Jayden ansah. Leicht verträumt und schmunzelnd. Natürlich trug ich meine lockigen Haare. Seitdem er mir ein Kompliment darüber gemacht hatte, hatte ich meine Haare fast gar nicht mehr geglättet.
Jayden legte seinen Arm um mich und lenkte mich dann die Straße hinunter.
„Ich habe dich vermisst."
„Vermisst?", fragte ich unsicher. Seinem Blick konnte ich nur einen Moment standhalten. Ich hatte ihn auch vermisst, aber ich war überrascht, dass er mir das sagte. Ich hatte gedacht, ich... steigerte mich etwas zu sehr in diese Sache hinein.
„Glaubst du mir nicht?" Ich zuckte mit den Schultern. Die Vorstellung, Jayden habe mich vermisst, löste in mir zwar eine Art Glücksgefühl hervor, trotzdem blieb ich skeptisch. Er kam mir nicht wie die Art von Typ vor, der einem so etwas sagte.
„Ich fand die Zeit mit dir wirklich schön." Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, doch ich brachte kein Wort heraus. Meine Aufregung hatte sich immer noch nicht gelegt. Wenn ich zu ihm sah, wurde sie sogar noch ein kleines Stück mehr.
„Siehst du das anders?", fragte er schließlich, nachdem ich viel zu lange zu keiner Antwort imstande gewesen war. Energisch schüttelte ich den Kopf.
„Nein, ich fand die Zeit mit dir auch sehr schön, ich... also... mir hat nur noch nie ein Typ gesagt, dass er mich vermisst hat", gab ich zu und spürte schon im nächsten Augenblick, wie mir die Röte ins Gesicht schoss.
Wenn Jayden eins und eins zusammenzählte, konnte er sich denken, dass ich noch nie einen Freund gehabt hatte. Unwohlsein überkam mich. Ich musste mir schnell eine bessere Erklärung einfallen lassen. Ich wollte nicht zugeben, dass ich in diesem Thema gänzlich unerfahren war.
„Echt? Wieso?", fragte er verblüfft, während wir um eine Ecke bogen.
„Na ja... ähm... da... war nie ein Typ, der mir so etwas hätte sagen können." Die Wahrheit war wohl doch die beste Option. So schnell fiel mir nichts Besseres ein. Was hätte ich auch sagen sollen?
Jayden blieb einen Augenblick lang stehen und musterte mich mit schmalen Augen. Dann lief er weiter, den Arm immer noch um mich geschlungen.
„Hattest du noch keinen Freund oder einfach keinen Guten?", fragte er vorsichtig und sah mir dabei ernst in die Augen.
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Zufall oder Magie? (1. Teil)
SpiritualBedeutungslos scheinende Zufälle reißen die 16-jährige Sam aus ihrem gewohnten Leben. Von ihrer Familie im Ungewissen gelassen, jagt sie der Wahrheit hinterher und trifft dabei auf einen attraktiven Typen, voller Geheimnisse, der sie in einen Zwiesp...