Energisches Klopfen riss mich unsanft aus dem Schlaf. Erschrocken fuhr ich zusammen und saß einen Augenblick später kerzengerade im Bett, während Susann die Tür öffnete.
„Ich glaube, ihr müsst bald los", sagte sie und ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen.
„Wie spät ist es?", fragte ich verschlafen und wollte nach Jayden tasten. Doch der lag nicht mehr neben mir.
„Kurz nach sieben."
„Oh, okay ich komme gleich runter", entgegnete ich verlegen. Susann nickte und schloss dann die Tür. Seufzend ließ ich mich wieder ins Bett fallen und starrte einen Moment an die Decke.
Ob Jayden noch im Haus war? Vielleicht duschte er oder machte wieder Frühstück. Aber... das hätte seine Mutter sicher mitbekommen...
Auch nach dieser zweiten gemeinsamen Nacht hatte ich den Eindruck, nicht tief geschlafen haben zu können. Ich war oft wach gewesen und hatte insgeheim gehofft, dass er auch wach wäre und mich doch noch küssen würde. Aber Jayden hatte sich fast die ganze Zeit nicht bewegt.
Wieder glaubte ich, nicht tief geschlafen zu haben, und wieder hatte sich Jayden unbemerkt hinausschleichen können. Warum hatte ich das nicht mitbekommen? Ich hatte doch die ganze Zeit in seinem Arm gelegen. Wie machte er das nur?
Träge raffte ich mich allmählich auf und wagte einen Blick in den Spiegel. Meine Haare waren völlig zerzaust. Ich knotete sie abwesend in einem Dutt zusammen, während ich mein müdes Spiegelbild weiterhin betrachtete. Ich sah ganz schön fertig aus.
Nachdem ich meine Haare halbwegs gebändigt hatte, checkte ich mein Telefon. Keine Nachrichten, keine Anrufe. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er mir geschrieben hätte. Wenigstens eine kurze Info, wo er war und warum er schon gegangen war, wäre nett gewesen.
Ich legte das Handy wieder beiseite und wollte mich dann auf den Weg ins Badezimmer machen. Doch ein klirrendes Geräusch hielt mich von meinem Vorhaben ab. Der Ring meiner Grandma war mir vom Finger gerutscht und lag nun neben Jaydens Bett, auf dem Boden. Ich starrte ihn eine Weile an. Er war mir ziemlich wichtig, allerdings... wäre das vielleicht ein guter Vorwand, um noch mal herkommen zu können.
Ich hatte seine gestrige Reaktion auf meine Anwesenheit in diesem Haus nicht vergessen. Rückblickend kam es mir so vor, als hätte nicht mehr viel gefehlt, bis er mir mehr erzählt hätte. Über das, was er dachte und was es wirklich in ihm auslöste, wenn ich hier war. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er es vermeiden wollte, mich jemals wieder hier hineinzulassen.
Mit einem Vorwand hätte ich allerdings vielleicht eine Chance. Ich wollte noch mal bei ihm schlafen. Und mit etwas Glück würde er mich nicht nur in sein Zimmer lassen, sondern auch noch seine echten Gedanken mit mir teilen. Gestern zumindest hatte er noch einiges zurückgehalten.
Ich ließ den Ring liegen und schob ihn ein Stück unters Bett. Dort wäre er sicher und Jayden würde ihn nicht gleich finden. Dann begab ich mich ins Badezimmer. Ich wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Meine Sachen von gestern waren immer noch nass und stanken furchtbar nach Pferdemist. Die könnte ich für die Schule jedenfalls nicht anziehen. Leider hatte ich keine Wechselsachen dabei und so blieb mir nichts anderes übrig, als die Jogginghose und das T-Shirt von Susann anzulassen.
Als ich wieder in Jayden's Zimmer trat, fiel mein Blick auf den Pullover, den er gestern getragen hatte. Ich zögerte kurz und entschloss mich dann, ihn anzuziehen. Der Pulli war mir bestimmt zwei Nummern zu groß. Doch gerade das machte ihn so gemütlich und bequem. Und er roch so gut. Nach Jayden und seinem Parfum. Ich zog den Saum über meine Nase und genoss den Moment, in dem ich in Tagträumerei verfiel.
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Zufall oder Magie? (1. Teil)
SpiritualBedeutungslos scheinende Zufälle reißen die 16-jährige Sam aus ihrem gewohnten Leben. Von ihrer Familie im Ungewissen gelassen, jagt sie der Wahrheit hinterher und trifft dabei auf einen attraktiven Typen, voller Geheimnisse, der sie in einen Zwiesp...