41. Kapitel - Gerüchte

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Unsicher wandte ich meinen Blick von Michelle ab und sah an ihr vorbei. Warum war sie sich so sicher, dass er mir wehtun würde? Sie wusste doch nichts von den Gesprächen mit ihm und wie er wirklich mit mir umging, wenn wir alleine waren. In meiner Gegenwart verhielt er sich schon eine Weile nicht mehr wie ein Arschloch. Vorsichtig versuchte ich ihr davon zu erzählen. Nach meinem ersten Satz unterbrach sie mich jedoch wieder und machte dann eine lange Pause, in der sie nachdachte.

„Okay, okay, erzähl mir alles. Komplett bitte!", sagte sie schließlich aufgeregt. Sie schien aufrichtig wissen zu wollen, was in der Zeit bei mir und Jayden passiert war. Doch egal, wie sehr sie versuchte, dem ganzen vorurteilsfrei gegenüber zutreten, der leichte Unterton von Besorgnis wollte einfach nicht aus ihrer Stimme verschwinden. Genauso wenig wie der seltsame Blick. Sie schien mich wirklich für einen anderen Menschen zu halten. Aber warum? Hatte sie nicht glauben können, dass jemand wie er, jemanden wie mich gut finden würde? Oder war da noch etwas?

Nach und nach erzählte ich Michelle immer mehr von Jayden und mir. Ich erzählte ihr sogar jedes kleinste Detail über den Abend im Bungalow und wie wir auf dem Hof zusammen getanzt hatten. Ich sprach über die Komplimente, die er mir gemacht hatte, und dem Gefühl, dass da Gespräche gewesen waren, in denen er sich mir wirklich offenbart hatte.

Ich erzählte ihr sogar davon, was er mich fühlen ließ. Dass er der erste Typ war, bei dem ich mir überhaupt einen Kuss hatte vorstellen können. Das Einzige, was ich für mich behielt, waren die Dinge, die er mir anvertraut hatte. Davon sollte sie vermutlich nichts wissen.

Michelle schien sich auf irgendeine Art und Weise für mich zu freuen. Wahrscheinlich, weil sie bemerkte, wie glücklich er mich damit machte. Manchmal jedoch schwieg sie für einige Minuten einfach und starrte ins Leere, als würde sie sich an etwas erinnern. Und dann hinterfragte sie alles und versuchte mir klarzumachen, dass ich da bloß nicht zu viel hineininterpretieren sollte.

Jayden hatte sich zuvor wohl auch über längere Zeit Mühe gegeben und hatte am Ende immer nur das Gleiche gewollt. Doch gleichzeitig gab sie zu, dass er so fürsorglich und anscheinend ehrlich, schon lange Zeit nicht mehr gewesen war. Sie konnte nicht verstehen, wie er bei mir geschlafen haben konnte, ohne dass da mehr gewesen war. Ohne, dass er auch nur ein einziges Mal versucht hatte, mich zu küssen.

Auch, dass er Pfannkuchen für mich gemacht hatte, schien sie fast umzuhauen. Michelle's Aussagen hatten mich zunächst verunsichert und für einen Moment hatte ich das Verlangen gespürt, alle Erinnerungen an ihn aus meinem Kopf zu löschen. Für den Fall, dass er ja doch nur das Eine wollte.

Aber dann redete sie mir wieder gut zu und meinte, dass er ganz tief in sich drin, wohl doch ein guter Kerl sei und einfach nur gerne den Macho und Fuckboy raushängen ließ. Ich klammerte mich an diese Aussage und an die Erinnerung, dass Jayden vor mir geweint hatte. Das machte man doch nicht, wenn man nur Sex wollte, oder?

Obwohl das recht überzeugende Argumente waren, verschwand das ungute Gefühl nicht mehr. Seit unserer Begegnung war es nie wirklich weg gewesen. Ich war mir sicher, dass er dieses Gefühl in mir ausgelöst hatte und ich versuchte es auf meine Angst, verletzt zu werden, zu schieben. Ich versuchte mir einzureden, dass dieses Gefühl bei jedem auftauchen würde, in den ich mich potenziell verlieben könnte. Immerhin hatte sich dieses Gefühl schnell in eine aufgeregte Übelkeit verwandelt. In etwas, das sich auf merkwürdige Art und Weise gut anfühlte.

Morgen würde ich Jayden wiedersehen. Ich musste ihn danach fragen. Ich konnte noch tausende Vermutungen aufstellen, am Ende brachten sie mir alle nichts.

Nachdem Michelle einige ihrer Bedenken geäußert hatte, war sie schließlich doch zu dem Entschluss gekommen, dass sie diese Sache zwischen ihm und mir unterstützen wollte. Sie war beinahe so aufgeregt, wie Maliee es eigentlich gewesen wäre, wenn ich ihr unter „normalen" Umständen, davon hätte erzählen können.

Zufall oder Magie? (1. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt