39. Kapitel - 01. Januar

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Mein neues Jahr startete nicht gerade vielversprechend. Ich wachte mit einem ordentlichen Schädel und einer gedrückten Stimmung auf. Eigentlich hatte ich gestern nicht mehr viel getrunken, doch der Wein musste es in sich gehabt haben. Mason und Michelle hatten mich schon eine Stunde nach Mitternacht zurück nach Hause gebracht. Ich war nicht länger in der Lage dazu gewesen, so zu tun, als hätte ich Spaß und hatte daher behauptet, ich sei müde. Im Bungalow angekommen, hatte ich mich nur noch in mein Bett verkrochen und geweint. Ich hatte mich nie einsamer gefühlt.

Selbst am nächsten Morgen war diese miese Stimmung immer noch nicht verschwunden. Stattdessen fing ich mich an zu fragen, ob das mit Jayden nicht doch ein Fehler gewesen war. Wo sollte das hinführen, wenn ich auf längere Sicht gar nicht hierbleiben würde?

Außerdem gab es garantiert einen triftigen Grund, warum ich vermehrt vor ihm gewarnt worden war. Ich wurde misstrauisch, was seinen geheimnisvollen Job anging. Seit gestern Abend, noch weit vor Mitternacht, hatte ich keine Nachricht mehr von ihm bekommen. Ich schrieb ihm auch nicht, aber langsam tat sich die Befürchtung auf, dass jetzt die Spielchen anfingen, von denen alle sprachen.

Mir wurde klar, dass ich meine Laune schon längst von ihm abhängig gemacht hatte. Und genau das hatte ich versucht zu vermeiden. Ich nahm mir also vor, mich wieder mehr auf mich selbst zu konzentrieren. Jayden hatte mich abgelenkt. Viel zu sehr, meine Magie hatte ich bei den Treffen mit ihm fast vergessen und das könnte für mich gefährlich werden.

Ich hatte nun wieder eine klare Vision vor Augen. Ich musste endlich an Antworten kommen. Ich musste herausfinden, um was es hier ging, damit ich so schnell wie möglich zurück nach New York fahren und mein Leben ganz normal weiterführen könnte. Na ja, falls es ein Normal für mich überhaupt noch gab.

Etwa eine halbe Stunde, nachdem ich aufgestanden war, kam mein Großvater von seiner Reise zurück. Tatsächlich war er mit der Sauberkeit des Bungalows zufrieden, sodass er mich von den zusätzlichen Aufräumarbeiten befreite und sogar mehr als nur zwei Sätze mit mir sprach. Obwohl er seine gewohnte, kühle Art nicht abgelegt hatte, hatte er mich durchaus interessiert danach gefragt, wie ich die Feiertage verbracht hatte. Ich gab ihm nur eine kurze Zusammenfassung und ließ die Passagen, von denen er nichts wissen durfte, selbstverständlich aus.

Anschließend ging jeder von uns wieder seiner eigenen Wege. Er verzog sich in seinen Keller und bastelte an irgendwas herum und ich verschwand in mein Zimmer. Allmählich spürte ich, wie ich ungeduldig und wahnsinnig wurde. Ich brauchte Antworten! Dringend! Aber ich wusste auch, dass weder meine Eltern noch mein Großvater mir welche geben wollten. Also wagte ich erneut einen Blick in das Tagebuch meiner Grandma.

Ich hatte vorher eine Weile auf dem Bett gesessen und mir vorgestellt, wie der Brief aussehen würde, wenn er beschrieben wäre. Ich versuchte, daran zu glauben, endlich Informationen zu bekommen. Als ich das Buch schließlich öffnete, blätterte ich keine zwei Seiten um, da fiel mir schon der zweite Brief in den Schoß.

Aufregung löste die gedrückte Stimmung ab und ließ mich hibbelig werden. Ich spürte einen Anflug von Energie, der mich ganz nervös machte. Schnell legte ich das Buch beiseite, stand von meinem Bett wieder auf und begann durch den Raum zu laufen, während ich den voll beschriebenen Brief zu lesen anfing:

Liebe Sam, 02.01.2017

wenn du diesen Brief erhältst, ist es für dich an der Zeit, die Wahrheit über deinen Großvater und mich zu erfahren. Es gab nie eine echte Trennung. Es tut mir weh zu wissen, dass die Familie glaubt, er hätte mich betrogen. Das hätte Maikel nie über sein Herz bringen können.

Ich habe Maikel verlassen und ich habe den Kontakt zu euch abgebrochen. Ich war nicht mehr in der Lage dazu, euch vor meiner Magie schützen zu können. Dein Großvater hat lange dafür gekämpft, dass ich zu ihm zurückkomme. Er wollte mich nicht aufgeben, aber er war nicht in der Lage dazu, mir helfen zu können. Niemand konnte das.

Zufall oder Magie? (1. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt