43. Kapitel - Langer Heimweg

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Er schwieg eine kurze Zeit und schien nachdenken zu müssen. Der Wind war stärker geworden, und allmählich begann ich zu frieren. Ich drückte meinen Schal näher an mich heran und hoffte, er würde mir etwas mehr Wärme geben.

„Weiß nicht genau. So fünf oder sechs?", sagte Jayden schließlich und sah mir dabei fast entschuldigend entgegen.

„Fünf oder sechs?", fragte ich etwas zu empört und entschuldigte mich noch im selben Moment dafür.

„Findest du das schlimm?" Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, auf keinen Fall. Ich kann mir einfach nur schwer vorstellen, jetzt schon mindestens fünf Menschen so attraktiv und sympathisch gefunden zu haben, dass ich bereit gewesen wäre, sie zu küssen. Also verstehst du, was ich meine?" Er nickte.

„Hast du denn schon mal einen Typen gut gefunden?"

„Nein, also ich war vor Kurzem...." Ich verschluckte den Rest meines Satzes und räusperte mich. Dann fing ich noch mal von vorn an:

„Ähm... ich meine bisher... war ich nicht wirklich daran interessiert so jemanden zu finden." Jayden grinste mir mit großen Augen entgegen.

„Also findest du jetzt schon jemanden gut?", fragte er direkt, während seine Augen freudig zu glitzern anfingen.

„Vielleicht", antwortete ich knapp und verkniff mir dabei das aufkommende Lächeln. Er sollte sich bloß nicht zu sicher fühlen. Außerdem konnte ich ja nicht zu 100 Prozent wissen, dass er das auch so sah. Würde ich zugeben, dass ich ihn gut fand und er das andersherum nicht, dann würde das ziemlich peinlich werden für mich.

„Kenn' ich ihn?"

„Diese Frage werde ich dir ganz sicher nicht beantworten", lachte ich. Jayden zuckte mit den Schultern, kam dann etwas näher an mich heran und legte seinen Arm wieder um mich. Prüfend beobachtete er dabei meine Reaktion.

„Wenn du noch nie einen Jungen gut gefunden hast, hast du dann schon ein Mal mit einem gekuschelt?", hakte er weiter nach. Ich seufzte laut auf. Ähm ja? Mit ihm?! Oder hatte er das schon wieder vergessen? Vielleicht zählte das für ihn gar nicht.

„Nein habe ich nicht. Bist du jetzt fertig mit der Ausfragerei?", entgegnete ich etwas genervt.

„Okay sorry, ich will nur sichergehen, dass es okay für dich ist, wenn ich meinen Arm um dich lege." Jayden musste die Nacht, in der er bei mir geschlafen hatte, wirklich vergessen haben.

„Klar ist es das, sonst hätte ich mich schon bemerkbar gemacht", sagte ich ruhig und versuchte so zu wirken, als wäre das keine große Sache für mich. Schließlich hatte er nur seinen Arm um mich gelegt und mich dann wirklich nah an sich gezogen.

Die Stellen, an denen er mich berührte, kribbelten ganz eigenartig. Jedes Mal wurde meine Aufregung ein bisschen schlimmer, wenn er Druck auf seinen Arm ausübte und mich wieder etwas näher an sich drückte. Doch es war eine gute Aufregung. Ich genoss seine Nähe sehr und ja, gelegentlich auch seine Versuche, mich zu necken.

„Gut, so habe ich dich auch eingeschätzt. Dann bist du jetzt dran mit den Fragen." Ich brauchte keinen Moment lang nachzudenken, ich wusste sofort, was ich ihn fragen wollte.

„Mit den Mädchen, die du geküsst hast, also hast du mit denen..." Ich verstummte wieder.

„Vergiss es, nicht so wichtig." Okay, okay, diese Frage war echt zu privat. Niemals hätte ich die an seiner Stelle gerne beantwortet. Obwohl ich wirklich sehr neugierig auf seine Antwort gewesen wäre...

„Du meinst, ob ich mit denen auch geschlafen habe?" Vorsichtig nickte ich.

„Nein. Ich weiß, es gehen viele Gerüchte rum, mit welchen Mädchen ich schon alles was gehabt haben soll. Doch ich habe bisher nur mit einem Mädchen geschlafen und sie war zu diesem Zeitpunkt meine Freundin", sagte er, als wäre es das Normalste der Welt, einfach so darüber zu sprechen. Vielleicht war es das auch und ich war einfach nur zu verklemmt.

Zufall oder Magie? (1. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt