„Dann komme ich mit", beharrte Cassian, als ich für ein paar Tage zum Sommerhof aufbrechen wollte, um Tarquin für den Friedensvertrag zu begeistern.
„Cassian, darf ich dich daran erinnern, dass du immer noch vom Sommerhof verbannt bist?", erwiderte Rhys, der mit uns im Flur stand, während ich meine Stiefel schnürte.
Er machte den Mund auf, um zu protestieren, wurde dann aber prompt von Azriel unterbrochen.
„Ja, ‚bis in alle Ewigkeit', bedeutet bis in alle Ewigkeit, Cass", sagte er mit verschränkten Armen.
„Es war nur ein Gebäude. Niemand kann deswegen so nachtragend sein", sagte Cassian fassungslos.
„Versuch, das Tarquin zu erklären", erwiderte Azriel trocken.
Ich kicherte leise, band eine Schleife und stand auf.
„Wenn du so wenig zu tun hast, kann dir Rhysand bestimmt noch ein paar Aufgaben geben", sagte ich, und Rhysand sah so begeistert von dieser Idee aus, dass Cassian abwehrend die Arme hob. Er wusste, dass er selbst genug zu tun hatte. Das hinderte ihn aber nicht daran, mich jedes Mal davon abhalten zu wollen, wenn ich zu einem der Höfe aufbrach. Wir sahen uns ohnehin zu wenig, aber der Friedensvertrag musste so schnell wie möglich unterschrieben und die Verluste der Illyrianer ausgeglichen werden. Das kostete leider unsere gemeinsame Zeit.
„Denkst du, dass Tarquin bald unterschreiben wird?", fragte Rhysand und sah so aus, als würde er die Antwort bereits kennen. Vor allem, da er einer der Gründe war, warum Tarquin so lange zögerte.
„Ich gebe mein Bestes", antwortete ich und legte mir ein dünnes, luftiges Tuch über die Schultern. „Er gibt sich stur, aber er ist, um sein Volk zu besorgen, als dass er meinem Charm noch länger standhalten kann."
„Sag ihm, da ich immer für ein Gespräch offen bin."
„Das letzte Mal, als ich euch beide erwähnte, gab es eine Sturmflut. Aber das Thesan beinahe bereit ist zu unterschreiben, wird ihn vielleicht zum Nachdenken bewegen und ich werde dafür sorgen, dass er die Entscheidung trifft, die uns alle ein Stück weiter bringt."
„Vielleicht könntest du ihm ein neues Gebäude versprechen, das vom Nachthof finanziert wird, als Ausgleich für das, was Cassian zerstört hat", schlug Azriel vor und erwiderte Cassians stechenden Blick mit einem amüsierten Grinsen.
„Ich bin überzeugt, dass du einen guten Einfluss auf Tarquin hast", lenkte Rhysand das Gespräch wieder auf die wichtigen Themen. „Dank dir haben wir zumindest die Bibliotheken von Helion zur Verfügung."
„Es waren meine charmante Überredungskunst und deine großzügige Spende an Büchern, die ihn dazu verleitet haben", entgegnete ich. „Vielleicht wird er in Zukunft bereit sein, seine Bibliotheken für die anderen High Lords zur Verfügung zu stellen. Aber dafür müssten sie erst mal den Vertrag unterschreiben, bevor wir die Details der gegenseitigen Unterstützung festlegen können."
„Wir haben viel zu tun", stimmte Rhys seufzend zu.
„Irgendwas Neues von Vallahan?"
Soweit ich wusste, kümmerte sich Mor um die Reiche auf dem Kontinent. Ich war selbst so mit den High Lords beschäftigt, dass ich manchmal vergaß, danach zu fragen.
„Vallahan möchte sich einige Zeit um die Bedingungen des Vertrags besprechen, bevor sie unterschreiben", antwortete Rhysand.
„Also wollen sie abwarten, ob sie nicht vielleicht doch ihr die Grenzen ihres Reiches vergrößern können", übersetzte ich.
„Das wird Rask gar nicht gefallen", brummte Cassian. „Dabei planen sie wahrscheinlich genau das Gleiche."
„Was glaubt ihr, warum wir Mor noch seltener zu Gesicht bekommen als Aviana?", bemerkte Rhysand.
Ich dachte an Thesan, der sich weigert, den Vertrag zu unterschreiben, weil er zunächst seine Ressourcen wieder aufstocken will. Übersetzt hieß das, dass er nicht an einen Frieden glaubte und lieber vorbereitet war.
Ich dachte an Helion, der uns zwar seine Bibliotheken zur Verfügung gestellt hatte, aber den anderen High-Lords den Zutritt verwehrte. Nach Amarantha wurden seine Bibliotheken geplündert oder niedergebrannt. Daher zog er sich lieber zurück und würde wohl als letzter dem Vertrag zustimmen.
Ich dachte an Kallias, der im Grunde bereit war zu unterschreiben, aber lieber abwarten wollte, wie sich die Dinge entwickeln. Denn sobald er den Vertrag unterschrieb, war er daran gebunden, egal ob die Unterschriften der anderen neben seiner standen oder nicht. Das war derselbe Grund, weswegen auch Tarquin sich weigerte.
Alles im allen bedeutete das für mich, alle High Lords von dem Vertrag zu überzeugen und sie dazu zu bewegen, zuzustimmen, obwohl sie sich alle nicht vertrauten und lieber abwarteten, wie die anderen handelten.
Krieg konnten sie gemeinsam führen – das hatten sie bewiesen, aber Frieden zu schließen, war schwieriger als in eine Schlacht zu ziehen.
„Sie hat mein Mitgefühl", seuftze ich.
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Das Reich der Sieben Höfe - Licht Und Krone
FanfictionDies ist der zweite Teil von meiner anderen Fanfiction Das Reich der Sieben Höfe - Licht und Dunkelheit. Und bezieht sich auf das Buch Das Reich der Sieben Höfe - Silberne Flammen von Sarah J. Maas - also der 5. Band der Reihe. Auch wenn der Krieg...