Ein Funken Hoffnung

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Schweigen senkte sich über den Raum. Doch dann stieß Cassian einen Freudenschrei aus, der die angespannte Stille brach. Im nächsten Moment sprang er von seinem Stuhl auf und sürzte sich auf Rhys.
Die beiden gingen wie ein Knäul aus Schwingen und dunklen Haaren zu Boden, während ich aufgeregt Feyre gratulierte.
Azriel wollte Feyre einen Kuss auf den Scheitel drücken, wurde dann aber ein paar Zentimeter davor aufgehalten.
"Wusst ich's doch, dass dieser dämliche Schutzschild nicht nur als Training für eine von Helions Übungsaufgaben dient", rief Cassian und verpasste Rhysand einen brüderlichen Schlag auf den Oberarm, bevor er von mir, mit einem beleidigten Grunzen zur Seite geschoben wurde, damit ich Rhys umarmen konnte.
Daraufhin drehte Cassian sich zu Feyre um und zog sie an sich. Rhysand lockerte den Schild soweit, dass Cassian lachend die Arme um sie schlingen konnte.
Und als Rhys den Schild vollständig entfernte, erfüllte Feyres Geruch den Raum - das war das eigenartige, was ich bemerkt hatte und zwar, das ihr Geruch fehlte. Von den Übungen von Helion wusste ich allerdings nichts, ich würde ihn nachher danach fragen, nachdem Cassian sich wieder eingekriegt hatte.
Doch neben Feyres vertrauten Geruch, gesellte sich ein schwächerer, sanfter Duft, der neu war. Wie von einer knospenden Rose.
"Kein Wunder, das du in letzter Zeit so ein launischer Mistkerl warst", lachte Cassian.
"Wie weit bist du?", fragte ich Feyre neugierig und versuchte den Stich zu ignorieren, der mir wieder schmerzlich bewusst machte, das sieben Monate eine sehr lange Zeit waren.
Amren warf mit freudig funkelnen Augen einen Blick auf Feyres noch flachen Bauch.
Feyre legte die Hand darauf und lächelte. "Im zweiten Monat."
Cassian wirbelte erneut zu Rhysand herum. "Du hast die Schwangerschaft zwei Monate für dich behalten?"
Rhysand schenkte ihm ein arrogantes Lächeln. "Um ehrlich zu sein, hatten wir gehofft, das ihr selbst darauf kommt. Launischer Mistkerl und so weiter", erwiderte er.
Cassian grinste und sah Azriel an. "Du und ich....wir werden Onkel".
"Die große Mutter möge diesem Kind beistehen", lachte Amren, als Azriel das breite Grinsen seines Bruders erwiderte.
Während Cassian und ich uns liebevoll ansahen, fragte Azriel: "Hast du es schon Mor gesagt?"
"Sie würde ihre Begeisterung kaum für sich behalten können, selbst, wenn sie es niemanden erzählt", erwiderte Rhysand und strahlte dennoch pure Gelassenheit aus, während sein Arm um seine Seelengefährtin lag.
"Ich werde es Mor nach ihrer rückkehr aus Vallahan mitteilen", verkündete Feyre.
"Und ich will nicht, dass ein potenzieller Feind davon erfährt. Noch nicht", fügte Rhys hinzu.
"Elain wird Zeit brauchen, um ihre Kräfte zu aktivieren, bevor sie sich auf die Suche nach der Truhe machen kann", erzählte Feyre, als die erste Aufregung etwas verflogen war.
"Aber du Nesta", richtete sich Feyre an ihre Schwester. "Könntest es wieder mit einer Vision versuchen."
"Bist du nicht auch erschaffen worden?", wollte Nesta von Amren wissen.
"Nicht so wie ihr", antwortete Amren und schenkte ihr ein spöttisches Grinsen. "Angst?"
Nesta hob trotzig das Kinn, und das war wohl Antwort genug.

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"Du kannst ja gar nicht aufhören zu grinsen", bemerkte Cassian, immer noch erheitert.
"Man wird ja auch nicht jeden Tag Tante", erwiderte ich.
Feyre und Rhysand würden Nesta bei ihrer Vision unterstützen, da wir anderen dafür nicht gebraucht wurden, gingen wir unsere eigenen Wege. Wobei wir alle neigierig waren, was die Knochen ihr verraten würden, docj wir wurden regelrecht aus dem Raum geworfen, sobald, sie sich über die große Landkarte gebeugt hatte.
Azriel und Amren unterhielten sich weiter über die Schreckenstruhe.
Und Cassian und ich zogen uns wieder diskret in unsere Gemächer zurück.
Seit wir aus der Tür des Arbeitszimmer getreten sind, betrachtete er mich mit diesem Blick, den ich nicht deuten konnte und der mir langsam auf die Nerven ging.
"Was auch immer es ist, spuck es schon aus. Du machst mich noch ganz Nervös, und das nicht auf die gute Weise", sagte ich und setzte mich aufs Bett. Cassian schloss die Tür hinter uns und setzte sich zu mir.
Dabei sah er jetzt nervöser aus als ich.
"Wir hatten nie die Gelegenheit darüber zu sprechen", begann er und ich wusste sofort, worauf er hinaus wollte.
"Du meinst Kinder?", fragte ich nach. Er nickte.
"Mir ist der Gedanke wahrscheinlich im selben Moment gekommen, wie bei dir", gab ich zu. "Und ich kann zumindest sagen, dass mir die Vorstellung eine Tochter zu haben, sehr gefällt."
"Tochter?", fragte er und hob eine Augenbraue.
"Glaubst du, dass ich mich mit einer zweiten, kleineren Version von dir herumschlagen will?", frage ich scherzend. Er piekste mich mit dem Finger in die Seite und ich quitschte lachend.
Ich schlug seine Hand weg und wollte ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen knuffen, doch er hatte meinen Plan durchschaut und blockte mich ab.
Ich versuchte mich auf ihn zu werfen, doch in diesem Moment stürzte er sich zu erst auf mich und warf mich in die Mitte des Bettes. Die nächsten Sekunden bestanden aus kämpfenden Händen und füßen, bis ich lachend die Oberhand gewann, mich rittlinks auf ihn setzte und seine Arme links und rechts in die Kissen drückte. Keuchend beugte ich mich über ihn.
"Natürlich habe ich darüber nachgedacht mit dir eine Familie zu gründen", sagte ich schließlich und küsste ihn auf die Nasenspitze. Cassians haselnussbraunen Augen leuchteten regelrecht.
"Aber vergib mir meine Selbstsüchtige Art, wenn ich sage, dass ich dich erst Mal mit niemanden teilen will."
Ich ließ ihn los, blieb aber auf ihm sitzen.
"Wir haben wieder so viel Zeit verloren...Ich will dich ganz für mich", hauchte ich.
"Dann lass uns unsere Selbstsüchtigkeit noch eine Weile auskosten", sagte er und strich mir die Haare aus dem Gesicht, damit er mich besser sehen konnte.
"Ich verspreche dir, dass wir diese Zeit haben werden, die wir verloren haben. Dafür werde ich sorgen."
Cassian setzte sich etwas auf und holte ein Lederband unter seinem Hemd hervor, das mir schon vorher aufgefallen war.
"Ich denke, den möchtest du wieder haben", sagte er.
Ich schnappte mir den Verlobungsring, der an der Schnur baumelte, so schnell, dass er lachen musste.
Als ich in mir wieder an den Finger steckte, sagte ich: "Ich glaube, an dieser Stelle sollte ich dir danken."
Cassian sah mir ratlos an und mein grinsen wurde breiter.
"Dafür, das ich mir meinen Ring nicht aus der Hütte der Weberin stehlen musste."
"Das hätte ich nicht gewagt", lachte er. "Wer weiß, welchen Zauber du dir schon bereitgelegt hast, um mich zu bestrafen, wenn ich es zu weit treibe."
"Die Zeiten sind vorbei", sagte ich. Cassian schmunzelte.
"Zumindest zum größten Teil", fügte ich hinzu.

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"Auch wenn ich dich nicht sehen konnte, wenn ich dich nicht berühren konnte, war es, als wärst du all die Zeit an meiner Seite gewesen. Und doch habe ich mich so allein gefühlt", murmelte er. Wir saßen ineinander verschlungen auf der Bank auf unserem Balkon und blickten zusammen auf die wundervolle Stadt, die bereits in den späten Frühling überging.
Selbst die Jahreszeiten schienen bei den Fae lebendiger zu sein, als im Reich der Menschen. Es lagen so viele Gerüche in der Luft, die bereits den Sommer ankündigten, die salzige Brise vom Meer, der sanfte Duft nach zitrus.
Ich hatte bis jetzt die Augen geschlossen gehalten, bis Cassian das Wort ergriff.
Eine kühle Brise, wahrscheinlich vom den noch schneebedeckten Berggipfel, spielte mit Cassians Haar.
"Mir ging es ähnlich", murmelte ich zurück und zog die Decke etwas enger. Auch wenn der Hitzblütige Illyrianer unter mir eine sehr angenehme Wärmequelle war, war meine Vorderseite ungeschützt.
"Hätten wir wenigstens unsere Seelenverbindung gehabt. Vielleicht wäre es dann etwas leichter gewesen. Ich nehme an, dass du Azriel die ganze Zeit in den Ohren lagst", grinste ich. "Er war recht häufig ziemlich genervt."
Cassians Brust bebte ein wenig, als er lachte. "Seine Berichte ließen oft dein Wohlbefinden aus, daher musste ich nachfragen. Er war schließlich die einzige Verbinding, die wir zu dir hatten."
"Und ich dachte, dass Nesta all deine Aufmerksamkeit beanspruchen würde."
"Nesta lebt aber nicht in meinen Gedanken und hält mich die halbe Nacht wach", erwiderte er.
Ich lächelte in mich hinein und eine angenehme Stille legte sich über uns.
"Nesta hat einige der Pristerinnen aus der Bibiliothek dazu motiviert, ebenfalls zu trainieren. Emerie ist auch dabei", erzählte Cassian.
Meine Augenbrauen schossen in die höhe und ich drehte mich soweit zu ihm um, damit ich ihn ansehen konnte.
"Sie hat sich mit Gwyneth angefreundet, und in der Bibliothek eine kleine Show abgezogen, die ihnen aus erster Hand zeigte, was mit ein wenig Training möglich ist."
"Hört sich so an, als hättest du ihr dafür als Sandsack gedient", bemerkte ich.
"Kann man so sagen", grinste er. "Ich weiß, dass du gerade erst zurück bist, aber ich denke, einige von ihnen würden sich wohlerfühlen, wenn eine Frau dabei wäre."
"Vor den Pristerinnen ein wenig anzugeben kann nie schaden", sagte ich mit einem frechen Lächeln.
"Ist das wirklich in Ordung für dich?", fragte er nach.
"Im Reich der Menschen war ich jeden Tag von hunderten Männern umgeben, dass kann nur eine verbesserung sein. Und außerdem muss ihnen doch jemand zeigen, wo man bei einem Mann hintreten muss, damit sie wie ein Schlosshund heulen."
Cassian lachte leise. "Ich werde dein persönlicher Sandsack sein."
"Und dabei unverschämt gut aussehen", fügte ich hinzu.

Das Reich der Sieben Höfe - Licht Und KroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt