Die Mission

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Er wollte mich nicht gehen lassen, aber er musste.
Sein innerer Konflikt stand immer noch zwischen uns und die Zeit würde nicht ausreichen, um ihn beiseitezulegen.
Dennoch standen wir uns am Tag meiner Abreise gegenüber. Er war der Letzte, von dem ich mich verabschiedete, und Azriel wartete diskret draußen. Er würde mich ins Menschenreich begleiten.
„Hier, die wirst du dort mehr brauchen als ich", sagte er und streckte mir seine Zwillingsschwerter entgegen. Meine Augen weiteten sich.
"Aber das sind..."
„Willst du unsere letzten Minuten mit Diskussionen verschwenden? Nimm sie. Es beruhigt mich, wenn wenigstens ein kleiner Teil von mir bei dir ist."
Ich nahm sie, befestigte sie jedoch an beiden Seiten meiner Hüfte. Das ist im Reich der Sterblichen unauffälliger, als sie auf dem Rücken zutragen. Vor allem, da ich mich selbst als Sterbliche ausgebe. Und ich konnte sie so unter dem Mantel verstecken.
„Danke. Er nickte."
„Versprich mir, da du zu mir zurückkehren wirst", forderte er leise.
„Ich verspreche es", antwortete ich genauso leise. Mit dem Daumen strich er mir über die Unterlippe. So viele unausgesprochene Worte hingen noch zwischen uns, aber ich fand nicht die Kraft, um sie jetzt noch mit ihm durchzugehen. Doch es gab eine Sprache, die wir beide ohne Probleme verstanden.
Er hatte wohl den gleichen Gedanken.
„Ich will dich jetzt küssen, glaubst du, Azriel ist geduldig genug?"
»Er wird es wohl sein müssen.« Dann zog er mich und unseren letzten Kuss, der Azriels Geduld auf jeden Fall auf die Probe stellen wird. Denn als er sich langsam von mir lösen wollte, wurde mir bewusst, dass dies der letzte Moment ist, den wir zusammen haben werden, und der nächste befand sich irgendwo in einer weit entfernten Zukunft, also zog ich ihn wieder an mich.
„Hier", sagte ich und drückte ihm etwas in die Hand. „Ich kann ihn dort leider nicht tragen, bewahrst du ihn für mich auf?"
Er öffnete seine Hand und mein Verlobungsring glänzte in seiner Handfläche. Er nickte.
"Natürlich."
Cassian schob mich behutsam zurück. Dass er noch so viel Selbstbeherrschung aufbringen konnte, überraschte mich.
„Du musst jetzt los ", erinnerte er mich. Ich lächelte.
„Dafür musst du mich aber loslassen", erwiderte ich und sah auf seine Hände, die immer noch auf meiner Taille lagen.
„Stimmt", murmelte er. Wir verharrten einige Momente und sahen uns gegenseitig in die Augen.
„Cassian?"
"Ja?"
»Ich werde zurückkommen«, versicherte ich ihm.
Ich werde mir trotzdem Sorgen machen. Du bist meine Seelengefährtin, meine Verlobte, meine Gedanken werden dich begleiten, egal wo du bist."
Meine Augen brannten.
„Ich liebe dich, ich will, dass du das niemals vergisst. Egal, wie oft wir uns streiten. Nach dieser Mission werden wir unsere Ewigkeit genießen", raunte ich. Er lehnte seine Stirm gegen meine.
Versprochen?
Versprochen.
Er nahm mein Gesicht in beide Hände und küsste mich. Ich zog ihn so fest an mich, wie es möglich war, atmete seinen Duft ein letztes Mal ein und vergrub meine Hand in seinen Haaren und genoss das Gefühl seiner Lippen auf meinen.
„Ich muss jetzt los", sagte ich mit belegter Stimme. Er verzog das Gesicht. Dann beugte er sich wieder vor. Er lächelte an meinem Hals, bevor er einen keuschen Kuss unter mein Ohr drückte und danach schnell Abstand zwischen uns brachte. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und beobachtete mich, wie ich meine Waffen überprüfte und mir die Kaputze über den Kopf zog.
Ich hob zwei Finger an die Augenbraue und schwänkte sie zum Abschied.
„Tu nichts, was ich nicht auch tun würde", grinste ich.
„Dann kann ich wohl für Nichts garantieren", erwiderte er.
An der Tür hielt ich noch mal inne. Ich drehte mich zu ihm um und er war so schnell bei mir, dass ich ihn erst nur als einen Schatten wahrnahm. Dann waren seine Hände schon auf meinen Wangen und seine Lippen auf meinen Lippen.
„Die Geschichte hat ein Auge auf dich", raunte er. „Beeindrucke Sie."

.
.
.

Azriel führte uns durch die Schatten bis auf den Kontinet, wo wir zusammen Richtung Menschenwelt flogen. Kurz bevor wir die Grenze erreichten, wo damals die Mauer stand, landeten wir.
Er suchte die Papiere zusammen, die er vor einigen Tagen besorgt hatte, und die mir den Zutritt in die menschliche Armee gewähren würden, ohne dass viele Fragen gestellt wurden.
Mit geschlossenen Augen sprach ich hochkonzentriert den Zauber, den Amren mir aus dem Buch des Atems übersetzt hatte. Er würde meine Magie soweit unterdrücken, dass ich problemlos durch jeden Schutzzauber, den die Königinnen wahrscheinlich aufgestellt hatten, schlüpfen konnte.
Das Kribbeln, welches der Zauber auslöste, begann an meinen Ohren. Sie wurden kleiner und runder. Meime Magie fiel Stück um Stück von mir ab, bis ich äußerlich wie innerlich als Sterbliche durchgehen konnte.
„Jetzt schau doch nicht so besorgt, Az", sagte ich. „Ich glaube, du kennst den Plan besser als ich, und im Gegensatz zu den anderen werden wir ständig im Kontakt sein."
„Ich weiß." „Ich sollte mir lieber Sorgen um die Königinnen machen", sagte er. Das Zucken seiner Mundwinkel konnte man beinahe mit einem Lächeln verwechseln.
„Ganz genau", stimmte ich zu und schloss ihn zum Anschied in die Arme. „Zudem hast du jetzt Cassian, der dir ständig in den Ohren liegen wird."
Er verzog das Gesicht und ich musste lachen.
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn.
„Zeig ihnen, das sie es sich mit dem falschen Hof verscherzt haben."

Das Reich der Sieben Höfe - Licht Und KroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt