Geflüster der Höhlen Stadt

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Zum ersten Mal betrat Azriel den Thronsaal am Hof der Albträume allein. Schatten wickelten sich um seine Flügel, schlängelten sich bei jedem Schritt um seine Füße und verhärteten sein Gesicht. Nur seine Augen wurden durch das Kerzenlicht hervorgehoben.
Während der Schattensänger seinen Platz vor dem Podest ansteuerte, wurde er von Verwirrten geflüstert begleitet.
Statt Mor's üblicher Gleichgültigkeit schmückte ein stolzes Lächeln ihre Lippen und funkelte hinterlistig in ihren Augen. Sie setzte sich geradewegs an die lange Tafel, die sich unter den üppigen Speisen bog. Jedoch nicht ohne den Blick von den flüsternen Untertaten abzuwenden, die schnell verstummten, als Rhysand und Feyre den Saal betraten. Doch sie würden heute nicht zum gewöhnlichen Klatsch und Tratsch der Höhlenstadt werden.
Rhysand warf einen Blick hinter sich, begleitet durch ein hochmütiges Grinsen, das einige Fae in der ersten Reihe vorsichtshalber zurückweichen ließ.
Mit hocherhobenem Kinn und einer funkelnden Krone auf der offenen Frisur zog Aviana alle Blicke auf sich. Begleitet von Cassian, der mit den gekreutzen Zwillingsschwertern auf dem Rücken und einem blutrünstigen Grinsen seinen Arm mit ihrem verhackt hat.
Die Prinzessin und der General des Nachthofs.

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Ich setzte mich auf seinen Schoß, als hätte dieser Platz schon immer mir gehört. Cassian legte eine Hand auf meine Taille, während ich die Beine überschlug und nach einem Weinglas griff. Dabei verschob sich der Schlitz meines Kleides und legte meine glatte Haut frei. Cassian grinste, als der dunkelgrüne Stoff nach unten fiel, und lehnte sich ein wenig vor. Ich neigte meinen Kopf sanft in seine Richtung, um ihn besser zu hören, als er raunte: „Ich kann ihnen beinahe an den Gesichtern ablesen, wie gern sie meinen Platz einnehmen würden", seine Nase streifte mein Ohr: „Sie würden Morde dafür begehen, um diesen Hintern auf sich spüren zu dürfen."
Meine Lippen verzogen sich zu einem verzücktem Lächeln, und ich schwänkte mein Glas, so wie es Mor immer gern tat.
„Sie fragen sich bestimmt, wie ein Illyrianischer Bastard die Prinzessin des Nachthhofs für sich gewinnen konnte. Ich denke eher, sie würden Morde dafür begehen, um dich deswegen töten zu können."
Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas und stellte es wieder ab.
Da ich seitlich auf seinem Schoß saß, konnte ich die Höflinge genau betrachten.
»Wir sind wohl nicht überzeugend genug«, sagte ich. Dieses Spiel gehörte ganz allein uns. Rhysand hatte eine ähnliche Show dargeboten, als er Feyre dem Hof vorgestellt hatte, und dann noch mal, um zu verkünden, dass sie zu einer High Lady geworden ist.
Die Krone, die Rhysand für mich anfertigen ließ, ruhte überraschend leicht auf meinem Haupt und zog die Blicke auf sich, wie das Licht die Motten. Rhysand hatte Recht behalten. Sie verdeutlichte meine Stellung am Hof und forderte stumm einen gewissen Respekt ein.
Ich befeuchtete meine Lippen und entdeckte mindestens vier hochgeborene Adlige, die diese Bewegung verfolgten, als würde ihr Leben davon abhängen.
"Zeig ihnen zu wem du gehörst", raunte er.
"Ich gehöre dir nicht".
"Oh, das hat sich letzte Nacht aber ganz anders Angehört", er grinste anzüglich.
„Ich denke, wir sollten diesen Moment mehr auskosten", sagte ich.
„Mit Vergnügen."
Mit diesen Worten drehte ich mich zu ihm und unsere Lippen pressten sich aufeinander. Leidenschaftlich und besitzergreifend.
Auch wenn keiner von uns viel Vorfreude auf die Besuche der Höhlenstadt hatte, fanden wir dennoch Wege, es irgendwie zu genießen, beziehungsweise es angenehmer zu gestalten. Und in dieser Nacht - mit Cassian - hatte ich Freude daran.
Unter meinen Fingern spürte ich, dass er genauso elektrifiziert war wie ich.
Ich ließ unsere Seelenverbindung aufleuchten, nicht zu sehr, nur ein wenig, aber mit so viel Nachdruck, dass jedem klar ist, dass wir zusammengehören. Und ich genoss es; Die Missgunst, die dadurch aufkam, seine heißen Lippen auf meinen, sein fester Griff um meine Taille, und wie das alles ein lustvolles Ziehen zwischen meine Schenkel schickte.
Ich schlang meine Arme fester um ihn, vergrub meine Hände in seinen Haaren, und als ich an ihnen zog, löste sich ein Stöhnen von seinen Lippen.
„Ganz ruhig, Cassian. Wir haben nicht mal richtig angefangen", säuselte ich spöttisch an seinen Lippen.
„Dass du dich gegen meinen Schwanz reibst, hilft mir nicht, die Kontrolle zu behalten", erwiderte er.
„Vielleicht will ich, dass du außer Kontrolle gerätst."
„Wenn ich die Kontrolle verliere, findest du dich auf diesem Tisch wieder, mit meinem Kopf zwischen deinen Beinen." Ich neigte den Kopf leicht zur Seite. Und das Verlangen, für das ich ihn eben noch verspottet hatte, fuhr durch meinen Körper.
„Das hört sich nicht danach an, als dass ich es verhindern wollte."
Ich spürte wie sich bei meinen Worten, etwas hartes gegen meinen Hintern drückte. Ich biss mir auf die Lippe um nicht zu stöhnen.
"Sag mir, schmeckst du genauso gut wie das essen hier?", säuselte Cassian.
"Ich weiß nicht. Sag du es mir."
Ich spürte das Knurren, das seiner Kehle empor stieg, doch bevor er etwas erwidern konnte, unterbrach uns ein nachdrückliches Räuspern.
"Leute, bitte. Nur ein einziges Essen", seuftze Mor verzweifelt
Wir lösten uns widerwillig voneinander.
„Ich würde gerne wenigstens die einzige positive Sache an diesem Abend in Ruhe genießen", sagte Mor und deutete auf das Festmahl, das sich über die lange Tafel erstreckte.
„Mor hat ihre Prioritäten für heute wohl schon festgelegt", grinste ich. Cassian lachte sein tiefes Lachen, und beinahe vergaßen wir, dass wir unter den Augen der Höhlenstadt speisten.
Ich blieb auf seinem Schoß sitzen, während das Essen in belanglose Gespräche überging und die Höflinge sich ebenfalls an ihrem Buffet bedienten.
Musik wurde gespielt und die ersten Paare kreisten auf der Tanzfläche. Rhysand hörte sich gelangweilt die Beschwerden seiner Untertanen an. Feyre unterhielt sich mit Mor, und Amren war nicht zusehen. Wahrscheinlich verbreitete sie irgendwo Angst und Schrecken. Ich entdeckte Azriel in einer dunkeln Ecke und überlegte, ob es klug war, ihn zum Tanzen aufzufordern.
Da der Abend noch gewisse Spannungen vertragen konnte, erhob ich mich und näherte mich dem Schattensänger.
„Es gibt bestimmt irgendeine versteckte Tradition, da der Meisterspion seine Prinzessin zum Tanzen auffordern sollte", sagte ich. Er musterte mich von oben bis unten.
„So ein Brauch ist mir nicht bekannt, Miss Lady. Aber ich werde euren Wünschen Folge leisten, wenn ihr es mir befiehlt." Seine Augen funkelten gefährlich, mit einer Spur von Neugierde.
„Das tue ich", erwiderte ich und hob das Kinn. Ich erhaschte sein Lächeln, als er sich tief verbeugte und mir seine vernarbte Hand darbot. Zusammen steuerten wir die Tanzfläche an und mussten uns keinen Weg bahnen, da sie alle vor uns zurückwichen.
„Ich hoffe, dass diese Aufmerksamkeit nicht dazu dient, Blut fließen zu lassen. Das würde mir meinen teuren Anzug versauen", sagte er mit gedämpfter Stimme. Ich lächelte verführerisch.
„Ich möchte mich nur davon überzeugen, ob unser Meisterspion genauso leichtfüßig auf dem Tanzbein ist wie in seinen Aufträgen."
„Dann werde ich mein Bestes tun, um Euch nicht zu enttäuschen", sagte er und wirbelte mich im gleichen Moment herum, als wir die Tanzfläche erreicht haben. Ich spürte Cassians stechenden Blick im Rücken. Ein neues Stück wurde eingestimmt und schon drehten wir uns in perfekter Eleganz. Er hatte seine Flügel eng am Rücken gefaltet und seinen Wahrsager, der deutlich sichtbar an seiner Seite hing und in jedem Gesicht Respekt und Furcht aufblitzen ließ, der ihn entdeckte.
„Ich wusste gar nicht, dass du so viel Wert auf dein Äußeres legst. Habe ich da etwas nicht mitbekommen?", hackte ich nach.
„Darf ich meine gewisse Eitelkeit etwa nicht zur Schau stellen, wie Amren oder Mor? Ich glaube, sogar Cassian hat sich für heute die Haare gekämmt", fügte er hinzu.
In der nächsten Umdrehung wurde ich eng an seine Brust gezogen. Ich hob mein Bein an und presste meinen Oberschenkel gegen ihn. Seine Hände umfassen meine Taille und ich lehnte mich so weit zurück, dass mein Blick den von Cassian auffing, der daraufhin vor nachlassender Zurückhaltung erzitterte. Um noch eins draufzusetzen, schenkte ich ihm ein süffisantes Lächeln, bevor Azriel mich wieder aufrichtete. Er bemerkte das Spielchen, das ich mit Cassian trieb, und hob eine Augenbraue.
„Ich bin dann also doch nur Mittel zum Zweck, wie ich sehe."
„Aber du stellst dich ausgesprochen gut dabei an", grinste ich. "Außerdem habe ich es vermisst, mit dir zu tanzen. Wir müssen schließlich zweihundert Jahre wieder aufholen, nicht wahr?", fügte ich versöhnlich hinzu, sprach dabei aber so leise, dass nur er es hören konnte. Seine Augen leuchteten auf.
„Ich befürchte nur, dass Mor auf die gleiche Idee kommen könnte", sagte er und sah dabei so gequält aus, dass ich lachen musste.
Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung war, doch ich ließ meinen Blick auf Azriel gerichtet und wir tanzten weiter, bis...
„Darf ich dich ablösen, Bruder?" Cassians bebende Stimme durchbrach den Bann der Musik. Seine Frage war eher als eine höfliche Aufforderung zum Gehen gemeint. Die nur so sittlich ausfiel, weil es Azriel war.

Das Reich der Sieben Höfe - Licht Und KroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt