Die Chroniken der Arcani - Das Überleben

Kapitel 22

Anna kam noch am selben Abend mit einigen Koffern und stopfte sie voll mit Dingen die ich brauchen könnte, während ich nur in der Ecke schmollte. Das meiste waren Trainingskleider aber aus irgendeinem Grund packte sie mir auch noch feine Kleider mit ein, duftende Lotionen und die weichen Handtücher aus meinem Bad. Alles Dinge, die ich bestimmt nicht brauchte, aber Anna meinte Vorsorge wäre besser als Nachsorge. Ich blieb dabei. Ich will nicht bändigen und das mir Mom beinahe schon befahl es wieder zu tun ärgerte mich enorm. Glaubt sie wirklich ein Haufen Steine oder wie auch immer es aus Lyleija aussehen soll, kann mir helfen? Nein! Sicher nicht. Also warum das ganze Theater? Ich ließ Nat, die ja jetzt mein portabler Begleiter war, alles was sie über Lyleija finden konnte heraussuchen, doch selbst ihre Ergebnisse fielen mager aus. Aber eins wusste ich jetzt mit Sicherheit: Das war ein Geheimstützpunkt auf den nur die besten Soldaten eingeladen wurden um dort zu den königlichen Gardisten weitergebildet zu werden. Es gab nicht mal Bilder von dort oder den genauen Standort auf einer Landkarte. Wohin wollte Mom mich nur abschieben?

Als ich Anna fragte, ob sie denn auch mit auf meine kleine Expedition ins Nirvana kommt, verneinte sie das, meinte aber auch es wäre nicht so schlimm, schließlich müsste sie noch einiges für den Abflug nach Winanda regeln und das brauchte seine Zeit. Das ich nicht hinfliege oder gar dort nur auftauchen wollte, sickerte wohl noch nicht zu ihr durch, oder sie regelte für jemand anderes aus der Familie noch ein paar Dinge.

Mom kam nicht nochmal um mit mir zu reden, dafür bekam ich einen Brief - von Benjamin. Ein Brief in dem stand, dass ich ab jetzt als ein Schützling der Familie Dornewill deklariert wurde. So wie jeder andere Gesegnete hat mich eine Familie „adoptiert" um mein Talent und mein Ansehen für ihre eigene Reputation zu verwenden. Jeder der mich fragen würde, warum, wieso, weshalb ich auf Lyleija wäre, sollte diese vorgefertigten Antwort von mir bekommen: „Die Familie Dornewill ist mein Patronus, sie schulen mich jetzt."

Das ging mir jetzt schon alles auf die Nerven. Ich sah einfach den Sinn nicht.

Die ganze Nacht schlug ich mich mit Gedanken tot nur um dann mit weniger als zwei Stunden Schlaf von Anna geweckt zu werden und nach außen zu den Kutschen eskortiert zu werden. Die dachten wohl wirklich ich würde abhauen.

Kurz vor dem Ausgang sah ich dann zwei bekannte Gestalten und egal wie sauer ich war, ich war froh sie zu sehen.

„Pippa." Meinte Mom sachte und nahm mich in den Arm als ich vor ihr stand. „Ich hoffe danach wirst du mich verstehen. Es ist nur zu deinem Besten, ja?" Auch Dad nahm mich fest in den Arm und flüsterte mir im Vertrauen zu, dass nur ein Wort reichen würde und er würde mich persönlich von dort abholen, wenn ich nicht mehr wollte. Am liebsten hätte ich dieses Wort jetzt schon gesagt, denn ich wollte nicht weg, aber scheinbar hatte ich keine Wahl. „Wir sehen uns zum Certamen wieder." Das waren aber noch ganze 6 lange Wochen! Was wollte ich solange dort? Dad laß natürlich meine Gedanken und erwiderte: „Du wirst sehen, die Zeit wird wie im Flug vergehen und schneller als du schauen kannst, sehen wir uns in Winanda wieder."

„Pass auf dich auf, ja?" Verabschiedete sich auch Mom und nach letzten ausgetauschten Umarmungen und Abschiedsküssen, setzte ich mich in die Kutsche und wir ruckelten davon.

Wie damals bei meiner Ankunft in Artemia fuhren wir zu dem Flugfeld in Levea wo schon ein Jet und eine Person auf uns wartete. „Ah, das muss dein neuer Lehrmeister sein." Erklärte Sebastián, der mir auch an die Backe geklebt wurde, das offensichtliche und mehr als genervt stieg ich aus und lief auf das Flugzeug zu. „Schön dich so früh wiederzusehen. Gewöhn dich besser an das frühe Aufstehen. In Lyleija geht es anders zu." Begrüßte mich die Person die wider Erwartens Meister Alfredo Ramsley war. Mom hatte ihn gefunden - war auch nicht mehr schwer mit Adresse, Wegbeschreibung und Namen - aber das sie ihn mir auf die Backe drückte... das konnte ich jetzt nicht glauben.