Die Chroniken der Arcani - Das Überleben

Kapitel 36

Avania und ich in einem Team war in der Vorstellung schon desaströs, in der Wirklichkeit sah das ganze noch viel schlimmer aus. Wir konnten niemals gemeinsam arbeiten, das hatte uns die Vergangenheit schon gezeigt. Nun waren wir aber dazu gezwungen, ohne reißaus und ich bin ehrlich: man merkt total, dass sie es auf mich abgesehen hat anstatt auf unser gegnerisches Duo! Hasst sie mich so sehr, dass sie unsere Gegner gewinnen lassen will? Ständig rempelte sie mich „ausversehen" an, gerade wenn ich auf die Ziele über unseren Köpfen schoss. Wo Marlin mir den Rücken frei hielt und wir uns gegenseitig deckten, versuchte Avania mich ständig auszustechen und sei es nur, das sie mich versehentlich zu Boden schupste, dass sie auf mich herabschauen konnte. Diese wenigen Minuten mit ihr an meiner Seite fühlten sich an wie Ewigkeiten, aber das alles hätte ich akzeptieren könne, wenn sie denn wenigstens ihr Bestes gegeben hätte. Aber das tat sie nicht. Keineswegs, denn ich wusste wie sie schoss und dieser Kindergarten hier brachte uns keine Punkte ein. Aber selbst das hätte ich verkraften können, denn das Punkte Sammeln und Siegen war nicht alles im Leben. 20 meter vor der Ziellinie stellte mir Avania jedoch einen Fuß und ich fiel, genauso wie sie kurz darauf mit einem dramatischen Aufschrei hinfiel und dabei ein krachendes Geräusch ertönte. Erst dachte ich es wären Knochen gewesen, aber als ich mich aufrappelte und schnell zum Finish rennen wollte, merkte ich, dass es mein Bogen war der splitterte. Das Bogengestell war in der Hälfte gebrochen und die Sehne gerissen. Erst nach einen Rempeln von Avania setzte ich mich wieder in Bewegung und hechtete über die Ziellinie, konnte aber ihr hämisches Lächeln nicht vergessen. Keine Ahnung was passiert war, aber ich war mir sicher, dass es ihre Schuld war. Und wenn nicht dann spielte es ihr nur zu gut in die Karten. Allein schon ihre heuchlerische Art machte ihr besorgtes Auftreten wett. Denn... haltet mich für verrückt, aber ich war abergläubisch. Ich hatte in meinen Leben mit nur einen einzigen Bogen geschossen. Diesen hier. Er war relativ einfach, manche würden es billig nennen, aber ich mochte ihn. Er war mir vertraut und erinnerte mich an die Anfänge hier in Artemia. Ich hatte nichts, nur diesen Bogen, den mir Florence irgendwann in einer unserer Trainingseinheiten geschenkt, und das schätzte ich sehr. Ich hatte ihn an mich angepasst, ihm zu meinem gemacht und jetzt lagen die Splitter in meinen Händen, während ich kniend im Sand saß. „Ups. Entschuldige das ich über deinen Bogen gestolpert bin. Er lag einfach so im Weg. Glaub mir, das tut mir wirklich Leid!" Betonte Avania wiederholt, aber ihre Augen und ihr Tonfall verrieten anderes. „Ach, steck dir deine Heucheleien sonst wo hin!" grumelte ich leise vor mich hin, dass mich niemand anderes hörte, als Serena die neben mir kniete und mich tröstete. Denn das Ende dieses Wettkampfes kam für mich in greifbare Nähe. Wie sollte ich auch? Ich hatte keinen Ersatz noch konnte ich einen Bogen meiner Kollegen verwenden! Außerdem waren die meisten Bögen eh zu stark auf den Benutzer individualisiert - ich meine, manche Schützen formen ihre Bögen per Hand um sie so gut es geht an die eigene Handform anzupassen. Manche bezahlten aber auch die besten Bogenmacher des Landes. Und weder für das eine noch für das andere hatte ich Zeit.
Avania beteuerte weiterhin wie sehr sie dieses Versehen doch trifft und labberte unsere Teamkameraden weiter zu, das ich es nicht mehr aushielt und auf sie zumarschierte. Nicht mal Serena konnte mich da zurückhalten.

„Tu nicht so als wäre es ein versehen gewesen!" Zischte ich wütend und sie legte betroffen eine Hand über ihr Herz. „Pippa, bitte. Wie könnte ich dir jemals was böses?" Ich lachte freudlos auf und fuchtelte mit meinen Zeigefinger vor ihrem Gesicht herum. Gerade als ich ansetzen wollte, wurde unsere Niederlage verkündet. Wir lagen nur wenige Zehntel hinter unseren Gegnern, aber trotzdem, die Rivalität innerhalb unseres Duos verhinderte den Sieg. „Lass dir das besser eine Lektion sein und halt dich zurück. Hier, im Speisesaal und eindeutig von meinem Verlobten!" Fauchte sie, schlug meine Hand weg bevor sie davon stolzierte und eine traurige aber zuversichtliche Miene aufzusetzen für die Kameras, die auf uns gerichtet waren. „War ein wirklich guter Kampf. Alles gut bei dir?" Allein das meine Gegner zu mir kamen und meine Hand schüttelten als Aufmerksamkeit und man nach mir fragte, zeigte mir, dass ich niemanden über die schlechte Beziehung zwischen Avania und mir täuschen konnte. „Alles gut. Danke. Ihr wart wirklich stark." Entgegnete ich und schüttelte die dargebotene Hand, während wir gemeinsam vom Feld liefen. „Du warst grandios. Wir haben euch eigentlich schon siegen sehen, aber dann..." der junge Kerl, paar Jahre älter als ich, schaute auf die Überreste meines Bogens und dann auf seinen eigenen. „Ich weiß wie wichtig einem sein eigener Bogen sein kann und ich hoffe du findest eine Alternative weiter am Wettkampf teilzunehmen. Du kannst das Ruder noch rumreißen, da bin ich mir zu 100% sicher." Sprach er mir Mut zu und was soll ich sagen? Das hoffte ich nämlich auch.