Kapitel 34

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Ich konnte es nicht glauben. Wie um alles in der Welt konnte Philipp mit samt Lord Derrington und einen Haufen Soldaten vor mir stehen? „Ähm, dein Freund?" Fragte Marcel gedehnt und schaute zwischen Wally, mir und Phil hin und her. „Nicht wirklich nein." „Pippa. Komm." Ich spürte wie sauer mein Bruder war und die Schuld von Wally, aber ich blieb standhaft. „Nein." „Wie bitte?" „Ich bin gerade beschäftigt." „Dann beende es." Mit festen Schritten marschierte er auf mich zu, die Arcani um uns rum machten ihm Platz. Dumme Ausstrahlung. „Wally, hast du mich verpetzt?" Zischte ich ihm zu und er hob entschuldigend die Arme. „Man hat mich angepiepst auf der Suche nach dir und ich habe meinen Standort schicken müssen." „Ähm, okay, ich lasse euch mal alleine." Verabschiedete sich Marcel und ich sah ihm peinlich berührt hinterher, während er zu seinen Kollegen zurück lief. Ich konnte nichtmal tschüss sagen! „Komm schon Pippa. Mach es nicht noch tragischer als es ist. Du kennst die Regeln." Ja, ich musste im Käfig bleiben. Ohne Chance auf Freiheit und Spaß. „Was ist hier los? Pippa?" Fragte mich dann auch schon Ellie die mit Ari zu uns kam. „Sorry, ich muss wohl gehen." Meinte ich geknickt und deutete auf Philipp und Lord Derrington, der jeden in Grund und Boden starrte, wenn er ihn nur eine Sekunde zu lange anstarrte. Warum musste Phil auch mit der Königsgarde aufmarschieren? Hätten nicht zwei drei, civil gekleidete Soldaten gereicht um mich zu eskortieren? Mussten es 10 muskelbepackte Männer mit dem typischen Gardeumhang der Königsgarde von Artemia sein? Absolut nicht! Phil streckte die Hand aus und widerwillig legte ich meine in seine, bevor er mich in den Kreis von Soldaten zog und nach außen eskortierte. Dieses Mal war es anders als zuvor auf den Straßen. Die königliche Kutsche stand direkt vor der Bar und Paparazzi ließen die Nacht wie den Tag erscheinen. „Was hast du dir hierbei nur gedacht?" Fragte mein Bruder erbost und ich zuckte mit den Schultern ohne weiter was zu sagen. „Du hast mit keiner Silbe etwas hiervon erwähnt, dabei weißt du, dass du nicht alleine raus sollst. Heute morgen hat Mom darüber noch gnädigerweise hinweg gesehen, aber nach dieser nächtlichen Aktion kannst du das jetzt vergessen." „Ich weiß nicht wo das Problem ist. Ich habe mich nur wie all die anderen Teilnehmer versucht zu amüsieren und Kontakte zu knüpfen." „Aber nicht hier!"

„Gott. Ich will nur einmal normal sein!" Schrie ich ihn an und er blieb kurz still. „Das bist du doch." Nein, das bin ich nicht. „Nein, da täuscht du dich um Meilen." „Was? Ich verstehe nicht." „Vergiss es einfach." Sicher würde ich es ihm nicht jetzt erklären. „Ich hab keine Ahnung was die ganze Aktion soll, aber glaub mir, du steckst jetzt wirklich in der Klemme!" Ich verdrehte nur die Augen aber Phill redete weiter. „Das war dumm, unüberlegt. Weißt du eigentlich was hätte passieren können? Stell dir doch nur mal vor irgendein Mitglied Excidiums wäre hier gewesen. Was dann? Hm? Was wäre dann passiert?" Mein Bruder schien wirklich sauer zu sein, aber ich war nicht wirklich besser gelaunt. Auch wenn ich irgendwo die Sorge verstand, selbst kurz die Panik verspürte von einem vermeintlichen Angriff, fand ich es lächerlich. Es waren feiernde Jugendliche in engen Räumen. Das einzige Verbrechen was hier groß passieren könnte war ungeschützter Sex in einer dunklen Ecke eines Raumes. Außerdem hatte ich deshalb doch Wally hier. „Nichts. Das einzige was passiert wäre, wäre das genug Zeugen hier gewesen wären und niemand mich angreifen würde. Man kennt nun meinen Namen." „Das ist keine Entschuldigung. Bevor du mit Mom redest solltest du wirklich eine bessere Ausrede einfallen lassen." Grummelte mein Gegenüber und ließ sich tiefer in den Sitz sinken, bis wir endlich das Schlossgelände erreichten.

Sobald wir zum stehen kamen, wurde ich von meinem Geleitschutz auf mein Zimmer begleitet und verweilte dort, bis ich am nächsten Morgen dem Donnerwetter nicht mehr entgehen konnte.

„Was zur Hölle hast du dir gedacht? Haben wir uns nicht verständlich ausgedrückt?! Keine Alleingänge.  Kein Rumrennen außerhalb des Schlosses! Keine spaßig gemeinten Wettkämpfe und erst recht keine Partys in der Stadt! Weder hier noch zuhause!" Zeterte Mom. Dad saß still in seinem Sessel, Beine überschlagen, Kopf auf der Hand abgestützt. So erzürnt habe ich Mom noch nie erlebt, deshalb vermied ich es tunlichst sie darauf hinzuweisen, dass mir nie Hausarrest oder ähnliches gegeben wurde - und erst recht hatte sie auch nur ansatzweise erwähnt, dass ich nicht raus auf die Straße dürfte. Trotzdem sah ich es als bestes an, Kleinbei zu geben und mich zu entschuldigen. „Es tut mir Leid, aber es war nur ein Abend in der Stadt mit Freunden und sogar einem Leibgardisten." „Nur? Nur? Weißt du eigentlich was alles hätte passieren können? Philippa, das ist ungehörig." „Schatz... entspann dich." Murmelte Dad und verdrehte bei den weiteren Taraden meiner Mutter die Augen. Das ließ mich schmunzeln, aber als Mom das sah, warf sie mir und ihm vernichtende Blicke zu. „Deine morgendliche Expedition habe ich dir noch durchgehen lassen, aber das heute Nacht gingst weit. Ich bin wirklich sehr enttäuscht von dir, Philippa." Wir saßen in der Suite meiner Eltern und geknickt saß ich auf dem Hocker vor ihnen und starrte bedröppelt auf meine gefaltenen Hände, die in meinem Schoß ruhten. Mit Wut konnte ich besser umgehen als mit der Enttäuschung. „Weißt du was wir uns für Sorgen gemacht haben?" „Es wird nicht wieder vorkommen." Unterbrach ich sie irgendwann. „Denkst du, dass macht es jetzt wett? Ungeschehen? Ich glaube wohl kaum." Grummelte Mom erzürnt und tigerte dann still auf und ab. „Annabelle, es geht ihr gut. Das siehst du doch!" Das Dad für mich Partei ergriff, rechnete ich ihm hoch an und am liebsten hätte ich ihn direkt umarmt, aber ich wusste das noch was folgen würde, was mir nicht gefällt. „Aber" da war es, wie prophezeit. „Es war falsch. Darüber müssen wir nicht diskutieren. Pippa wird aus ihrem Fehler gelernt haben und jetzt sollten wir uns eher über ihre Strafe Gedanken machen." „Strafe?" Piepste ich und musste schlucken. Bei dem ersten Teil des Satzes nickte ich noch total zustimmend, bei dem zweiten Absatz jedoch blieb ich erstarrt ohne jegliche Regung sitzen. Mit einer Strafe habe ich jetzt nicht wirklich für meinen kleinen Ausflug gerechnet. „Hausarrest. Für die nächsten 2 Wochen!" Bestimmte Mom und ich wollte etwas entgegnen, hielt aber die Klappe als ich Dad den Kopf schütteln sah. „Ich habe außerhalb des Schlosses Training, was ist damit?" „Dafür darfst du raus. Mit Minimum vier Gardisten. Ansonsten wirst du hier bleiben oder nur mit unserer ausdrücklichen Erlaubnis das Gelände verlassen." Ich hatte noch nie Hausarrest! Und ich bin ehrlich, es fühlte sich scheiße an. Ich wollte motzen und zetern, sie an brüllen, dass ich doch auch nur eine normale Teenagerin sein wollte und wie jeder andere in dieser Stadt einmal feiern wollte. Ich wollte ihnen sagen wie unfair ich es fand, dass Phil und Alex nicht solche Beschränkungen hatten, ich aber schon und wie ungerecht ich mich behandelt fühlte. Aber ich sagte gar nichts davon. Ich blieb still. Nur ein Seufzen verließ meine Lippen und ergeben ließ ich die letzten Taraden über mein Mangelndes Pflichtbewusstsein über ich ergehen. „Ist okay. Ich habe es verstanden. Es wird nicht wieder vorkommen." „Das will ich auch hoffen, junges Fräulein." Mom verabschiedete sich zurück ins Bett, während Dad noch eine zeitlang mich schweigend ansah. Er sagte nichts. Musste er wohl auch nicht, weil er sicherlich meine Gedanken lesen könnte oder sogar tat, aber nichts ließ darauf schließen was er dazu dachte. „Es war kein Fehler Spaß haben zu wollen." Hörte ich seine tiefe wohlklingende Stimme im Raum und ich sah auf. „Früher bin ich auch auf jedes Fest, habe meinen Bruder überall mit hingeschleift und gefeiert bis ins Morgengrauen. Die Feste in XXX sind so beeindruckend und so voller Lebensfreude, es würde dir sicher gefallen." „Du verstehst es?" „Was? Das du normal sein willst? Das du genau wie jeder andere behandelt werden willst und deine eigenen Erfahrungen sammelst? Ja. Finde ich es als Elternteil gut oder unterstütze ich das? Ja und nein." Das verstand ich nicht und Dad führte weiter aus. „Natürlich soll das Schloss oder gar unsere Gesellschaft nicht wie ein Gefängnis auf dich wirken. Wir wollen dir so viel Normalität bieten wie nur geht. Aber mit unserer Vorgeschichte..." „Du meinst mir beiden Entführungen, Excidium in meinem Nacken und soviel Betrügern und Lügnern unter uns, dass man niemanden mehr trauen kann?" Fragte ich ihn und er nickte. „Es war die schlimmste Zeit für uns, dich zu verlieren. Es hat uns alle kaputt gemacht und niemand will das ein zweites Mal riskieren. Wir haben eine zweite Chance mit dir bekommen und niemand will das versauen. Schon gar nicht deine Mutter. Seh es nicht als Strafe an und sei ihr nicht böse. Sie will dich einfach nur beschützen. Das du - wir - nicht mehr leiden müssen, wie früher. Sobald wir das ganze Chaos wieder im griff haben, wird es wieder anders werden. Nur jetzt gerade hilfst du uns viel, wenn wir morgen nicht schon wieder von deinen Alleingängen erfahren müssen." Seufzte er und rieb sich müde über die Augen. „Ist gut. Ich verstehe das. Irgendwie. Aber..." Ich wusste gar nicht ob ich es fragen sollte, aber Dad antwortete schon. „Ja. Ich hätte genau das selbe wie du getan. Du hast deine rebellische Seite eben doch von mir." Er lachte in sich rein, während ich ihm einen gute Nacht Kuss schenkte und mich dann ebenfalls in mein Zimmer begab.

Die Chroniken der Arcani - Das ÜberlebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt