Was hatte Dad nochmal gesagt? Die Zeit würde wie im Flug vergehen? Na da hat er sich gehörig vertan.
Es war nun schon zwei Wochen her, seitdem ich hier auf Lyleija angekommen bin und ich schlief jeden Abend mit den vermeintlich schlimmsten Muskelkater im ganzen Körper und schmerzenden Knochen ein, nur um morgens um 4:30 Uhr durch die Glocke zum Morgenappell geweckt zu werden und dann wie alle anderen zum Morgensport anzutreten. Es war kräftezerrend, gerade wenn man bedachte, dass ich seit Ewigkeiten keinen Sport mehr gemacht habe und ich trotzdem den Schmerz noch in meinen Knochen spürte. Aber langsam merkte ich Besserung, zumindest was meine Muskeln und Knochen anging.
Mein Spezialtraining mit Ramsley gestaltete sich da schon schwieriger. Ich weigerte mich immer noch auch nur das Wasser in die Hand zu nehmen, deshalb entschied Ramsley dass ich weiterhin Ausdauersport machte, bis zur Erschöpfung und dann meditierten wir neben einer kleinen Quelle im Wald. Es war ruhig, außer vielleicht mal Liv die durch die Bäume streifte. Er hoffte, durch die Erschöpfung würde es mit leichter fallen, die Gegebenheiten anzunehmen und ganz unrecht hatte er damit nicht, aber meine Angst vor dem Wasser und wie gefährlich es in meinen Händen war, ließ mich immer wieder zurückschrecken, wenn ich auch nur einen kleinen Wasserball in meinen Händen jonglierte. Es war zum Mäusemelken. Wenn er also zu verzweifelt mit mir war, scheuchte er mich über den Bogenschützen Parcours oder ließ mich mit ihm den Nahkampf proben und ich sags euch! Dieses Getue des gebrechlichen alten Mannes ist eine reine Lüge! Seine Schläge sind hart und unnachgiebig und das konnte ich gut genug beurteilen, wenn ich so meinen farbenfrohen Körper am Abend immer bewunderte. „Du schlägst wie ein Kleinkind! Wenn du schon in die Verteidigung gehst, dann mach es auch richtig!" Schrie er mir immer wieder zu und ich musste mich unbedingt bei Ari entschuldigen. Die hat mich im Vergleich dazu noch ziemlich leicht rangenommen. Ich vermisste diese Zeiten. Mit ihr und Ellie. An der Elima. Ellie tratschend neben mir, die gemeinsamen Mittagessen oder sogar die Stadtbummel Touren. Alles war besser als diese Tortur. Es wurde auch nicht besser, wenn mir jeder hier ständig vor Augen führte, dass mir die Zeit wegrannte. In einem Monat und ein paar Tage, begann das dritte Level des Certamen Disciplinas und bis dahin sollte ich alles nachgeholt haben. So war der Plan. Ich wollte so dringend dort teilnehmen, aber... was wenn etwas passiert? Ich jemanden verletze? Ich war meilenweit davon entfernt an diesem Wettkampf anzutreten ohne mich zur Lachnummer zu machen. Und das frustrierte und ängstigte mich vielleicht noch einen Ticken mehr. Das einzige was einigermaßen klappte, war mein abendlicher Unterricht mit Sebastián, auch wenn ich oftmals das Essen ausfallen lassen musste, weil ich die Zeit zum Lernen von Benimm-Regeln, Etikette oder Namenslisten brauchte. Wer dachte schon, dass es so viele Adelige gibt, die man im eigenen Land kennen musste und auch noch Einblicke in ihre Tätigkeiten für die Königsfamilie brauchte? Also wirklich, Zeit war gerade große Mangelware.
„Wir machen Schluss für heute." Unterbrach Ramsley meine Gedankengänge und ich blickte überrascht zu ihm auf. „Was? Jetzt schon? Aber Sebastián erwartet mich erst in vier Stunden bei sich." Erwiderte ich perplex und schnaufte durch. „Dann seh das als freie Zeit an. Vielleicht überdenkst du dann deine Einstellung mal. Weißt du, ich versteh dich ja, Pippa. Du hast etwas schreckliches durchmachen müssen und hast Angst davor. Komplett verständlich. Aber weißt du was ich nicht verstehe? Du lebst und hast es überstanden, aber trotzdem kannst du diese Zeit nicht loslassen und damit gewinnt Excidium so oder so. Weil du nichts gegen diese Angst tust, wird sie über dich und dein Leben bestimmen und somit auch Excidium. Wenn du jetzt aufgibst, haben sie gewonnen, bevor du überhaupt gegen sie angetreten bist. Also frag ich dich: Was willst du und was bist du dafür bereit zu geben? Denn weiterhin diese Meditation hilft weder dir noch mir. Also entweder brechen wir das ganze hier ab oder wir ziehen das jetzt durch und du gibst dein bestes. Denk darüber mal nach. Solltest du morgen früh wieder hier sein, weiß ich dir ist es ernst und wir können weitermachen, ansonsten fliegen wir morgen Mittag wieder zurück." Mit diesem Monolog stand er einfach auch und ließ mich alleine und perplex zurück.
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Die Chroniken der Arcani - Das Überleben
FantasyGerade hat sich Philippa an ihr neues Leben gewöhnt und Anschluss in der neuen Welt gefunden, da erschüttert sie ein gelüftetes Geheimnis nach dem anderen und wieder dreht sich Pippas Welt um 180°. Nur dieses Mal war es anders. Sie bezweifelte alle...