Kapitel 47

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pov.oikawa
Wie zu erwarten wurde der Tag nicht ein bisschen besser. Nach dem Frühstück sollten sich direkt alle umziehen und anfangen erst einmal individuelle zu trainieren. Natürlich war meine Aufgabe auf der Bank zu sitzen und ihnen dabei zuzusehen. So schön dieses Wochende auch angefangen hatte,so beschissen war es geworden. Total in Gedanken versunken merkte ich gar nicht wie Akaashi sich neben mich gesetzt hatte,bis dieser mit seiner Hand vor meinem Gesicht rumfuchtelte. "Erde an Oikawa?!" Ich zuckte zusammen,da ich damit eigentlich nicht gerechnet hatte,bevor ich sagte:"Sorry,war in Gedanken. Was hast du gesagt?" "Ich wollte nicht fragen,wenn alle anderen dabei sind deswegen dachte ich das wäre die perfekte Möglichkeit dich zu fragen was da zwischen dir und Iwaizumi läuft?",seine Worte ließen mich kurz erstarren und dann,obwohl ich es nicht einmal wollte,rot anlaufen. "Nichts. Was soll da bitte schon sein. Haha. Er ist mein bester Freund",stritt ich sofort alles ab. "Natürlich rede dir das nur selbst ein",sagte Akaashi dann,bevor er von jemandem gerufen wurde und wieder auf's Feld ging. Was meint er denn bitte damit? Ich stehe nicht auf Iwa. Er ist mein bester Freund. Ich meine ok das gestern hat mich schon ein bisschen aus dem Konzept gebracht,aber ist sowas nicht manchmal einfach normal wenn man schon so lange befreundet ist. Vor allem ist Iwa nichteinmal schwul,also was würde es mir bringen,außer Herzschmerz? Ich sollte einfach nicht darüber nachdenken dann kann auch nichts passieren. Nachdem ich dies für mich beschlossen hatte,entschied ich mich dazu kurz rauszugehen,da es hier drinnen irgendwie total warm und stickig war. Doch draußen war es auch nicht viel besser,da es knapp dreißig Grad waren. Trotz allem lehnte ich meine Krücken gegen die kleine Mauer neben der Turnhalle war und setzte mich auf diese. Das war besser,als jede Sekunde daran erinnert zu werden was ich durch meine Verletzung verloren hatte. Ich meine,dass die Heilung bis jetzt so gut verlief hatte nichts zu heißen. Vielleicht würde ich ja nie wieder so Volleyball spielen können wie vorher,was doch auch eigentlich nur logisch war. Bisher hat es doch noch keiner,der eine solche Verletzung hatte,geschafft wieder so zu spielen wie vorher. Kein Profi hatte es geschafft sich oben zu halten. Also warum sollte es bei mir anders sein? Ich meine ich bin nichts besonderes und ich bin nicht mehr jung genug,dass solch eine Verletzung keine Auswirkungen haben wird. Ich werde wahrscheinlich nie wieder richtig Volleyball spielen können. So sehr ich mir das auch wünsche. Nur blöd,dass ich niemanden dafür hassen kann außer mich selbst,denn ich hab mir das selbst eingebrockt. "Oikawa",riss mich Iwa aus meinen Gedanken,der auf einmal vor mir stand. "Oikawa was ist los,du bist schon den ganzen Tag so komisch",wollte er dann wissen,doch ich wollte da gerade einfach nicht drüber reden ich meine es würde ja nichts an der ganzen Situation ändern. "Nichts ich bin nur müde",meinte ich dann und wollte gerade vorsichtig von der Mauer aufstehen,als zwei große Hände meine Taille umfassten und mich das kleine Stück von der Mauer hoben. In jeder anderen Situation hätte es mich wahrscheinlich gefreut,doch ich wusste,dass Iwa dies nur getan hatte,weil er sich Sorgen um mich machte. Diesmal entzog ich mich direkt seinem Griff und nahm mir meine Krücken. "Sag den Coaches bitte mir geht's nicht gut. Ich leg mich nochmal schlafen",ließ ich ihn wissen bevor ich ohne mich noch einmal umzudrehen auf den Weg zu unserem Schlafraum machte. Ohne Volleyball habe ich nichts. Ohne Volleyball bin ich ein niemand. Als mir diese Erkenntnis kam,erschlug es mich fast. Ich fühlte mich auf einmal so leer und ohne es überhaupt zu wollen merkte ich wie Tränen über meine Wangen liefen. Ich beeilte mich zu unserem Schlafraum zu kommen,doch was ich die ganze Zeit nicht bedacht hatte war,dass ich mich nicht einmal schlafen legen konnte. Da momentan eh niemand auf den Gängen unterwegs war entschied ich mich dazu nachzusehen ob der Aufenthaltsraum der Drittklässer offen war,denn dort gab es zumindest ein Sofa,auf welches ich mich legen konnte. Dort angekommen drückte ich vorsichtig die Klinkte runter und als sich die Tür öffnete war ich einfach nur unglaublich erleichtert. Ich wollte gerade einfach nur alleine sein und ich wusste,dass ich es hier definitiv war. Ich betrat also den Raum,schloss die Tür hinter mir und legte mich auf eines der Sofas,nachdem ich meine Krücken daneben gelehnt hatte. Wie sehr mich diese Dinger doch nervten.
Auch wenn ich es nicht vorgehabt hatte,muss ich irgendwann eingeschlafen sein,denn als ich das nächste Mal meine Augen öffnete und einen Blick auf die Uhr warf,waren knapp drei Stunden vergangen,es war 14Uhr und das hieß eigentlich Zeit für's Mittagessen. Als es auf einmal an der Tür klopfte erschreckte ich mich. Als diese sich dann kurz darauf öffnete,hätte ich eigentlich schwören könne,dass es Iwa war,doch er war es nicht. Stattdessen stand Akaashi in der Tür und auch er sah mich besorgt an. "Hier bist du ja. Deine Teamkollegen suchen dich. Es gibt Essen",sagte Akaashi während er auf mich zulief und sich dann auf den kleinen Tisch vor dem Sofa setzte. "Ich hab keinen Hunger. Kannst du den anderen einfach sagen,dass es mir nicht gut geht. Ich wäre jetzt lieber alleine",sagte ich dann und starrte dabei nur die Decke an. "Bist du dir sicher? Was soll ich denn deinem Coach oder Iwaizumi sagen?",wollte Akaashi wissen. "Sag meinem Coach einfach,dass ich hier bin und schlafe,weil ich Kopfschmerzen habe und es hier schön ruhig ist. Iwa kannst du einfach sagen,dass ich alleine sein will",meinte ich nur und hörte Akaashi leise seufzen. "Ok,wenn du das so willst",gab dieser dann nach und kurz darauf hörte ich auch schon wie die Tür wieder geschlossen wurde. Die Stille wurde von Minute zu Minute unerträglicher,denn meine Gedanken ließen mir keine Ruhe,nicht eine Sekunde. Ich wünschte ich könnte sie abstellen,einfach vor dem ganzen Flüchten,doch ich war gefangen. Gefangen in diesem niemals endenden Strudel aus Verachtung,Trauer und Schmerz. Zwei ganze Stunden vergingen in denen ich einfach nur da lag und all die Gefühle und selbstzerstörerischen Gedanken zuließ die sich in mir gesammelt hatten,die letzten Tage. Wie zuvor schlief ich irgendwann wieder ein und wachte ganze 5Stunden später wieder auf,doch fühlte mich kein bisschen erholt. Es war 20:55Uhr und so langsam wurde es dunkel draußen. Diesesmal konnte ich mich dazu aufrappeln mich aufzusetzen und versuchte mich nicht so ganz von meinen Gedanken übermannen zu lassen. Doch dies war schwieriger als Gedacht,denn war man einmal in diesem Kreislauf,konnte man ihm kaum noch aus eigener Kraft entfliehen,denn man hatte schlichtweg keine mehr. Als sich dieses Mal die Tür öffnete,war es mir ziemlich egal wer es war. Draußen war es so gut wie dunkel,weswegen man hier drinnen eh kaum etwas sehen konnte. "Du bist wach",stellte die Person fest die gerade reingekommen war. Ich war in diesem Moment erleichtert,denn wenn ich ganz ehrlich war,war es mir nicht egal wer gekommen war,ich wollte,dass es Iwa war. Das Sofa auf dem ich saß,senkte sich ein bisschen und ich merkte wie er sich neben mich setzte. Er hatte seinen Arm um mich gelegt und ohne auch nur ein Wort zu sagen mich an sich gezogen. "Sag mir jetzt was los Oikawa,ich mache mir ernsthaft Sorgen",sagte Iwa dann und meine Augen füllten sich wieder mit Tränen. "Ohne V-volleyball bin...bin ich ein niemand",brachte ich dann raus,bevor ich anfing zu schluchzen. "Oikawa das stimmt doch gar nicht",entgegnete Iwa mir,doch ich war schon so davon überzeugt,dass es nichts brachte. Ich fing an immer mehr zu schluchzen und merkte wie ich immer schwerer Luft bekam.

pov.iwaizumi
"Aufstehen. Wir gehen jetzt an die frische Luft",beschloss ich,als ich bemerkte,wie Oikawa immer mehr Panik bekam. Ich stand also auf und zog diesen auf die Beine. Ganz langsam machten wir uns auf den Weg nach draußen,da ich mit Absicht seine Krücken da gelassen hatte. Ich wollte,dass er sich auf etwas anderes konzentrierte,als auf seine Gedanken und irgendwie klappte es. Seine Atmung normalisierte sich langsam wieder und nur wenig später waren wir draußen angekommen. Ohne auch nur ein Wort zu sagen ging ich mit ihm zu der Tischtennisplatte,die ganz in der Nähe stand und setzte mich auf diese. "Komm setz dich",forderte ich Oikawa auf,der dies auch direkt tat. Er rückte ganz nah an mich und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Dies tat er ziemlich oft,seitdem ich gewachsen und somit ein Stück größer,als er bin. "Weißt du auch wenn es dir jetzt so vorkommt,ist Volleyball nicht alles. Vor allem nicht alles was dich ausmacht Oikawa. Es gibt so vieles was dich zu jemandem macht. Volleyball ist deine Leidenschaft,das ist klar und der Gedanke daran,dass du vielleicht nie wieder spielen kannst ist schmerzhaft,aber selbst wenn es so wäre,würde es dich nicht zu einem niemand machen. Ich meine du bist der nervige kleine Junge der mich damals dazu gezwungen hat mit ihm zu spielen und du kannst mir glauben,dass das niemand anderes geschafft hätte",fing ich an zu erzählen und Oikawa fing leise an zu lachen,bevor er mich unterbrach und sagte:"Ich weiß ganz genau,du wolltest genau so gerne mit mir spielen." Dass das der Wahrheit entsprach,würde ich natürlich niemals zugeben,doch wir waren uns schon damals ziemlich ähnlich. Zwei Kinder die immer ausgeschlossen wurden und alleine spielen mussten,bis sich der eine eines Tages an den anderen kletterte und sie beste Freunde wurden. "Guck genau das macht dich doch zu jemandem. Jemandem der wenn er etwas erreichen will,alles dafür tut. Bis heute klebst du wie eine Klette an mir und hast es irgendwie geschafft mir dabei zu helfen mit meinen Aggressionsproblemen klar zu kommen. Das und noch vieles mehr macht dich zu jemandem Oikawa und ich bin mir sicher es gibt auch noch mehr Menschen für die du nicht nur Volleyball bist",erklärte ich und musste mich zusammenreißen nicht zu nostalgisch zu werden,denn ich hatte jetzt nicht den Nerv über meine naja schwierige Kindheit nachzudenken. "Meinst du das wirklich ernst Iwa?",hakte Oikawa nach und sah zu mir hoch. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf meine Lippen,als ich dieses Leuchten wieder in seinen Augen sah. "Ja natürlich,was denkst du denn?",versicherte ich ihm und eine angenehme Stille breitete sich zwischen uns aus. Ich ließ meinen Blick in den Himmel wandern und bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte,hatten die Worte auch schon meinen Mund verlassen. "Der Mond ist wunderschön nicht wahr?" Für einen Moment blieb mein Herz stehen,denn ich wusste nicht einmal,warum ich das gesagt hatte. Ich hatte ja nicht einmal solche Gefühle für Oikawa,er ist doch mein bester Freund. Doch als ich feststellte,dass dieser friedlich an meine Schulter gelehnt schlief,war ich irgendwie erleichtert. Es war besser so.
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