„Wir haben ihn verloren." Vor Ben standen drei seiner Männer in einer Reihe. Die Blicke beschämt zu Boden gerichtet, warteten sie darauf, was er ihnen befahl. Sie waren in einer Vierergruppe durch die Wälder am Fluss entlang gezogen, um das Lager der Rotäugigen zu finden, als sie von ihnen überrascht worden waren. Dabei hatten sie einen von ihnen zurückgelassen, um selbst fliehen zu können. Am liebsten hätte Ben sie dafür bestraft, dass sie einen der Ihren im Stich gelassen hatten, auch wenn er nicht einmal den Namen des Mannes kannte. Man ließ niemals jemanden zurück. Niemals.
„Wie konnte das passieren?" Ben versuchte, ruhig zu bleiben. Aus den Augenwinkeln schielte er immer wieder zu Noel, der an der Wand gelehnt stand, und das Geschehen beobachte. Seine Miene war eiskalt.
„Sie haben uns überrascht. Sie kamen aus dem Dunkeln und haben sich ohne Vorwarnung auf uns gestürzt. Wir sind gerade noch mit unserem Leben davongekommen." Ben atmete tief ein.
„Ihr könnt gehen." Die drei Wachmänner hoben ihre Hände vor ihr Gesicht und verließen dann den Raum. Ben sah ihnen nach und erst als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, stöhnte er laut auf.
„Das ist schlecht, Ben. Vater wird wütend werden, wenn noch mehr Männer sterben." Noel stellte sich neben seinen Bruder.
„Es ist der erste, der entführt wurde", erwiderte Ben so gelassen wie möglich. Durch seinen Einsatz waren die Zahl der Männer erhöht worden, die am Flussbett nach Antworten suchten. Und dadurch war nun einer von ihnen tot und der andere vermisst. Was bei diesen Wesen wohl dasselbe wie tot bedeutete.
„Na das ist ja auch viel besser als aufgeschlitzt zu werden." Noel ließ sich auf seinen Stuhl sinken und sah seinem Bruder auffordernd entgegen. Sie beide hatten ein Büro direkt neben dem ihres Vaters bekommen. Zwei hölzerne Tische standen darin einander gegenüber, die den Raum schon beinahe ausfüllten. Er war stickig und klein und besaß nur ein Fenster, das hinaus in die Ferne blicken ließ. Soweit Ben es vermeiden konnte, war er nicht hier. Aber wenn er eine ungestörte Atmosphäre benötigte, war dieser Raum besser als nichts.
„Was schlägst du vor?" Ben stellte sich vor seinen Bruder.
„Wir sollten die Männer wieder in größeren Gruppen Patrouille laufen lassen. Ganz so wie sie es vorher auch getan haben. So kommen wir zwar weniger schnell voran, aber es muss auch keiner von ihnen sterben." Der Vorschlag seines Bruders war vernünftig, das musste Ben zugeben, aber trotzdem war er anderer Meinung.
„Ich denke, wir sollten uns ganz auf die Gegend konzentrieren, in der dieser Mann verschwunden ist." Ben stellte sich vor die Wand und besah die große Landkarte, die er dort aufgehangen hatte. Vorsichtig fuhr er mit dem Finger darüber, bis er an der besagten Stelle angekommen war.
„Wieso meinst du, greifen diese Bastarde an?" Noel erhob sich und stellte sich neben seinen Bruder.
„Wieso?"
„Weil wir ihnen nahe sind, Noel. Und das sollten wir nutzen." Ben sah, wie seine Worte zu dem jungen Mann vor sich vordrangen und ein Lächeln in seinem Gesicht erscheinen ließen. Er hatte doch gewusst, dass seinem Bruder dieser Gedanke gefallen würde. Dieser nahm sich derweil ein Stück Kreide und kreiste das Gebiet ein. Eine Weile betrachteten die Brüder schweigend die Karte und Ben fragte sich unweigerlich, wie oft die Wachmänner wohl dieses Gebiet schon durchsucht hatten. Und das nächste. Und das darauf folgende. Diese Wesen wechselten ihre Lager oft genug, um jedes Mal den Fängen seiner Männer zu entwischen.
„Wir müssen uns beeilen." Noels Kopf fuhr zu seinem Bruder herum, der sich sofort erklärte. „Wenn wir uns zu viel Zeit lassen, werden sie uns wieder entwischen. Wir haben keine andere Wahl." Noel seufzte laut auf.
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Just One Touch - Nur eine Berührung
FantasyRote Augen. Als Anna diese zum ersten Mal erblickt, weiß sie, dass das Leben, wie sie es kennt, vorbei ist. Während sie bis dahin sorglos in einem der vielen Camps außerhalb der Gesellschaft leben konnte, muss sie plötzlich lernen, was das wahre Leb...