Kapitel 33

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Entgeistert starrte Anna auf die beiden Männer vor sich, die direkt vor ihren Augen aufeinander einschlugen. Sie rangen miteinander, während im Hintergrund Schüsse und Schreie ertönten. Sie hatten sie gefunden. Viel zu schnell hatten sie sie gefunden.

„Lauf Anna, ich kümmere mich um dieses Vieh!", hörte Anna Ben brüllen. In diesem Moment riss Kean seine Beine in die Höhe, packte Ben am Arm und wirbelte ihn über sich hinweg. Hart schlug dieser am Boden auf und keuchte.

„Nicht!" Annas Schrei schien Ben kaum noch zu erreichen. Das Adrenalin hatte seinen Körper vollkommen für sich eingenommen. Anna sah, wie er aufsprang, ein Messer zog und sich wieder auf das Wesen vor ihm stürzte, das nur auf ihn gewartet zu haben schien. Kurz bevor Ben ihn erreichen konnte, hatte Kean sich aufgelöst und war direkt hinter ihm wieder aufgetaucht. Er schlug ihm mit dem Ellbogen in den Rücken und brachte ihn so zum Wanken. Auch das nutzte Kean für sich aus und brachte Ben mit einem gezielten Tritt aus dem Gleichgewicht. Ehe dieser aber auf dem Boden aufschlagen konnte, wirbelte er noch in der Luft herum und landete auf seinen Beinen. Langsam richtete Ben sich mit dem Messer in der Hand wieder auf und knurrte seinem Gegner wütend entgegen. Eine Spannung lag in der Luft, die beinahe greifbar war. Anna versuchte, sie mit Worten zu beruhigen, doch keiner von ihnen gab nach, noch reagierten sie auf ihre Umwelt. Verzweifelt starrte Anna zu den beiden Männern, als auch Kean langsam sein Messer zog und ohne seinen Blick von seinem Gegner abzuwenden, den Abstand zwischen ihnen wieder verringerte. Dann geschah alles ganz plötzlich. Ben ließ mit der linken Hand das Messer los, ging in die Hocke und rammte Kean seine Faust direkt in die Magengrube. Stöhnend ging dieser in die Knie, als Ben auch schon zum nächsten Angriff ausholte. Kean jedoch duckte sich unter seinem Tritt hinweg und schnitt dabei in Bens Standbein. Dieser keuchte auf und taumelte kurz, doch er blieb stehen und ließ seinen Gegner keine Sekunde aus den Augen, der ihm sein blutiges Messer entgegen hielt. Und obwohl der tiefe Schnitt in seinem Oberschenkel Ben große Schmerzen zufügen musste, konnte Anna in seinem Gesicht keinerlei Regungen erkennen. Er war voll konzentriert. Genauso wie sein Gegner. Kean konnte sich jederzeit durch seine Fähigkeit noch mehr Vorteile schaffen, aber Anna war sich bewusst darüber, dass der Anführer der Schamee nach seinem eigenen Ehrenkodex handelte. Er war fair und gerecht und Anna wünschte, dass sie das Gleiche auch über Ben sagen konnte. Aber sie wusste es nicht. Momentan hatte sie keine Ahnung, wie Ben reagieren oder handeln würde. Sie kannte ihn einfach nicht mehr so gut wie im Camp. Am liebsten hätte Anna die beiden Männer bitten wollen, mit dem unnötigen Kämpfen aufzuhören, doch sie sprach ihren Wunsch nicht noch einmal aus. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte. Anna wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie plötzlich etwas aus den Augenwinkeln heraus auf sich zu rennen sah. Blitzschnell drehte sie sich zur Seite und erkannte einen Wachmann, der sich auf sie stürzen wollte. Er sprang an ihr vorbei, doch als er sich umdrehte und nach ihr greifen wollte, schnellte ein anderes Wesen vor ihr her und packte ihren Angreifer. Anna erkannte einen der Schamee. Er war klein und reichte ihr ungefähr bis zur Brust, sodass sie im ersten Moment geglaubt hatte, einer der jüngeren wäre ihr zur Hilfe geeilt. Aber auf den zweiten Blick hatte sie sein Alter erkannt und trotz seiner Größe konnte er sich gut gegen seinen Gegner behaupten.

„Versteck dich!" Dieses Mal war es Kean, der Anna diesen Befehl gab, ehe er sich wieder auf seinen Feind stürzte. Ben hatte in diesem Moment nach seiner Pistole greifen wollen, die Kean ihm aber schon beinahe im selben Augenblick abgenommen und in den Wald geworfen hatte.

„Verflucht!", hörte Anna Ben aufschreien, als er auch schon ausholte und Kean einen Kinnhaken verpasste. Der Rotäugige spuckte Blut. Annas Blick fiel zu dem kämpfenden Paar neben sich. Der Wachmann hatte den Kleinen mittlerweile zu Boden drücken können und hielt ihm seine Waffe an die Stirn. Er wollte gerade abdrücken, als sich ein weiterer Schamee auf ihn stürzte. Anna erkannte ihn als einen der Gefangengen aus dem Labor. Er zitterte am ganzen Körper und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Die Blondine wusste, dass er sich noch nicht hätte bewegen dürfen, aber sie wusste auch, dass er in dieser Situation keine andere Wahl hatte. Jedoch war er so keine Gefahr für den trainierten Wachmann. Dieser rammte seinen Ellbogen in die Brust des Rotäugigen und als er stöhnend zurück taumelte, hob der Wachmann seine Waffe und schoss ihm in die Brust. Anna stieß einen erstickten Schrei aus, als der Kleine sich auch schon wieder auf seinen Gegner stürzte und ihm die Waffe aus der Hand schlug. Anna trat ein paar Schritte zurück. Überall um sie herum waren Schreie zu hören. Schreie, Schüsse und lautes Stöhnen. Ein paar der Zelte hatten mittlerweile Feuer gefangen, was wohl auch zum Plan der Wachmänner gehörte. Sie wollten die Schamee auslöschen. Ein für alle Mal.

Just One Touch - Nur eine BerührungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt