Kapitel 5 - Gift für die Zukunft

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𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙 5 - 𝐺𝑖𝑓𝑡 𝑓𝑢̈𝑟 𝑑𝑖𝑒 𝑍𝑢𝑘𝑢𝑛𝑓𝑡

Die nächsten Tage hatte Malik ihre Seite nicht verlassen. Nur selten erhob er sich, um sich zu waschen oder um Essen zu holen. Doch Valora hatte keinen Hunger. Ihr Leibwächter bot ihr das köstlichste Blut an, das sich auf dem Markt befand, doch sie wollte nicht trinken. Sie konnte nicht schlucken, ohne an den Abend zu denken. Ihre Seele schien erstarrt, wie eine Pflanze, die von Frost überzogen wurde. Nichts konnte die Kälte verdrängen.

Sie hatte stundenlang geweint. Solange, bis keine Tränen übrig blieben, trotzdem schien die Hoffnung außer Sichtweite. Valora stellte keine Fragen, wie es weitergehen würde. Nichts interessierte sie weniger. Ihre Gedanken steckten in den Erinnerungen fest. Schreckliche Albträume befielen sie im Schlaf. Sie schaffte es kaum länger als eine Stunde am Stück zu ruhen. Immer wieder musste Malik sie beruhigen. Er war geduldig, wartete, bis ihre Panik abflachte und die Müdigkeit sie übermannte.

Der Tod ihrer Familie hatte ein Loch hinterlassen. Ein Loch, das sich nicht füllen ließ. Sie konnte sich nicht vorstellen, irgendwann zu akzeptieren. Sie wollte nicht akzeptieren. Ihre Familie hatte das nicht verdient. Aber nach Tagen des Flehens holte sie die Realität ein. Keiner konnte die Toten zurück bringen. Es war  Gesetz. Ein Gesetz, das selbst der Göttervater nicht ändern konnte.

Valora strich über Maliks Haar. Der Vampir schlief ruhig neben ihr. Er war ihr Fels in der Brandung. Andernfalls hätte sie sich längst das Herz aus der Brust gerissen. Ihre Liebe zu ihm band sie an die irdische Welt. Valora wusste, wie viel sie ihm bedeutete. Niemals könnte sie Malik denselben Schmerz erleben lassen. Diese Qualen wünschte sie lediglich dem Mörder. Sie würde ihre Rache bekommen. Das schwor sie. Wie es danach weiterging, wer wusste das schon? Es spielte keine Rolle. Hauptsache Malik stand an ihrer Seite. Sie liebte ihn so unfassbar sehr. Ihr Mond in dunkler Nacht. Die bunte Blume in ihrer vergrauten Welt.

Vorsichtig bewegte sie ihren Kopf auf seine Brust. Abermals lauschte sie seinem Herzschlag. Sie wollte ihn nicht aufwecken. Der Klang beruhigte sie. Der Beweis, dass er lebte. Niemals sollte dieser wunderschöne Ton erlöschen. Der Strang, der sie ans Leben band. Sie sollte ihn beißen. Sie würde ihn beißen. Niemand würde ihr Malik wegnehmen. Er gehörte ihr. Jede Faser seines Körpers. Ihr Zeichen würde ihn schützen. Ihn stärken. Selbst wenn es bedeutete, ihn in einen Vertrag zu zwingen. Er durfte nicht sterben.

Valora richtete ihren Oberkörper auf. Reflexartig griff Malik nach ihrer Hand. Sie ließ ihn gewähren. Niemals könnte sie seine Berührung abschütteln. Mit ihrer freien Hand schob sie den Saum seines Hemdes zur Seite. Unter dem Stoff kam seine nackte Haut zum Vorschein. Ein athletischer Körper, saftiges Fleisch, köstliches Blut. Er sah begehrenswert aus. Nicht nur im sexuellen Sinne. Möglicherweise lag es an seinem Schlangenblut.

Valora löste ihr Siegel. Ihre Fangzähne blitzten auf. Dann beugte sie ihren Kopf in Richtung seines Hals, nur um von einer fremden Hand aufgehalten zu werden. Valora blickte auf, sah in Adams ernstes Gesicht. Seine Augen glühten erbost. Wann war er eingetreten? Sie hatte die Tür nicht vernommen.

»Was gedenkt Ihr mit meinem Sohn zu machen?« Seine Stimme war ruhig. So ruhig, dass jeder andere Vampir vor Angst gewimmert hätte. Aber was war Adam im Vergleich zu dem, was sie durchgemacht hatte? Sie fürchtete sich nicht. Besonders nicht, wenn sie die Kraft besaß, jeden seiner Knochen zu brechen.

Ihre Augen erwiderten seinen Blick. Schweigen herrschte. Malik regte sich. Valora seufzte und befestigte ihren Anhänger wieder. Hoffentlich hielt Adam dicht. Wenn Malik wütend würde, zerbräche sie erneut. Vielleicht war der Biss eine schlechte Idee. In dem Fall müsste sie Malik nie wieder aus den Augen lassen. Er war alles.

Das Gift der Schlangengöttin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt