Epilog

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𝐸𝑝𝑖𝑙𝑜𝑔

[Malik Carson]

Als Malik seine Augen öffnete, kam es es ihm beinahe seltsam vor, wie gut es ihm ging. Es war, als hätte er die letzten Tage nicht ohnmächtig im Bett verbracht. Er wusste, was geschehen war und er wusste, was Valora getan hatte. Sie musste ihm den Tod seines Vaters nicht gestehen. Sie musste nicht erzählen, dass sie den Göttervater ermordet hatte. In dem Moment, wo sein Körper Heilung erfahren hatten, flossen diese Information in seinen Kopf.

Malik richtete sich auf und starrte auf seine Hände. Die Verbände waren gelöst und er fuhr über die Schuppen. Seine Augen brannten. Der Verlust seines Vaters schmerzte, aber Adam hatte diese Entscheidung getroffen. Ursprünglich wollte er seinen Vater abschreiben, aber wie sollte er, nachdem diese Worte seinen Mund verlassen hatte ? Er war stolz auf ihn. Das war das erste Mal, dass er ihm das sagte. Es erfüllte sein Herz mit Wärme, denn es war der Beweis, dass sein Vater ihn geliebt hatte. Er hätte sich immer wieder vor das Schwert des Königs geworfen, weil er die Erinnerungen an ihre glückliche Zeit ehrte. Selbstverständlich wollte er seinen Vater nicht tot wissen, aber es war richtig so. Das war die Entscheidung, die seine Königin getroffen hatte. Seine Geliebte. Seine Göttin. Malik war sich sicher, dass Adam seinen Frieden gefunden hatte. Jetzt stand er an der Seite seiner Mutter. Zu lange hatte ihn ihr Tod gequält. Sein Opfer war nicht vergebens. Sein Vater mochte gestorben sein, aber es hatte ihm die Augen geöffnet. Diese Worte. Sie machten ihn so unfassbar glücklich. Was immer ihn erwartete, sollte er leben, würde er das schönste Grab für ihn hinrichten. Ein Grab auf dem Hügel, wo seine Mutter lag.

Das Halbblut nahm einen tiefen Atemzug. Er wusste, was es zu tun galt. Er erhob sich aus dem Krankenbett. Das Mal an seinem Hals lenkte ihn, aber zuerst musste er sich schön machen. Im Krankenkittel konnte er seiner Göttin nicht unter die Augen treten. Auf einem Stuhl lag frische Kleidung. Valoras Duft schwebte in der Luft. Sie musste es dort platziert haben. Schnell zog er sich aus und legte die neue Kleidung an. Der Kragen war locker und offenbarte die Rose. Die Aussage war offensichtlich. Er gehörte ihr. Das sollte jeder wissen. Jeder sollte das Halsband sehen, das sie ihm umgelegt hatte. Nichts trug er mit demselben Stolz wie ihr Mal.

Malik verließ das Krankenzimmer und schritt zum Thronsaal. Als er die Tür öffnete, schlug sein Herz höher. Am anderen Ende des Saals, auf dem Thron, in der Dunkelheit der Nacht, saß seine Königin. Sie sah wunderschön aus. Ihr langes, rotes Haar. Die helle, weiche Haut. Ihre wohlgeformten Proportionen und die Kleidung, welche ein wenig Oberschenkel zeigte. Es war, als würde er sich erneut verlieben. Er hatte nicht gedacht, dass die Gefühle, die er empfand noch stärker werden konnten, doch das wurden sie. Sie war sein ein und alles. Ihre Anwesenheit genügte, um seinem Leben Sinn zu verleihen. Vergessen war das Brennen in seinen Augen. In ihnen schimmerte einzig und allein Liebe.

Er schloss die Tür und trat vor seine Königin. Ohne eine Aufforderung sank er auf die Knie. Er kannte seinen Platz und er besaß keine Intention ihn zu verlassen. Selbst wenn er nur ein Fußabtreter für sie wäre, es würde ihn glücklich stimmen. Siebenundzwanzig Jahre hatte es gebraucht. Siebenundzwanzig sinnlose Jahre, bis er erkannte: er lebte für Valora. Er liebte diese Frau aus den tiefsten Tiefen seines Herzen.

»Malik.« Selbst ihre Stimme war wunderschön. Sie sollte nicht aufhören zu sprechen. Jede Silbe, die ihren Mund verließ, glich einer Symphonie. Aber das wäre eine egoistische Bitte. Er sollte nicht gierig sein. Er war dankbar für alles, was seine Königin ihm gab. Selbst wenn es der Tod wäre. Er gehörte ihr. Er war ihr Wachhund. Die Leine lag fest in ihren Händen.

»Meine Königin. Es gibt keine Worte, die mein Vergehen berichtigen könnten. Ich habe Schlimmes getan und Euren Namen befleckt. Ich bin es nicht wert, in Eurer Präsenz zu stehen, aber bevor Ihr Eurer Urteil fällt, solltet Ihr wissen, dass meine Gefühle der Wahrheit entsprechen. Ich liebe Euch und wenn Ihr es wünscht, würde ich auf der Stelle mein eigenes Leben beenden. Ein Wort genügt und ich werde ihm folgen. Ihr seid mein Mond in dunkler Nacht. Ihr seid meine größte Schwäche und ein Schatz, den ich für immer hüten werde. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als an Eurer Seite zu stehen, aber ist eine egoistische Hoffnung. Darum spricht Eurer Urteil, doch wenn ihr es tut, so lasst mich in Euren Armen sterben. Schenkt mir dasselbe Ende, wie Ihr es meinem Vater geschenkt habt.«

Valora erhob sich von ihrem Thron. Ihre Schatten formten ein Schwert, das fest in ihren Händen lag. Vor ihm blieb sie stehen. »Sieh mich an.«

Der Wachhund hob seinen Kopf und blickte in das Gesicht seiner Göttin. Es war ein magischer Moment. Ein Moment, den er niemals vergessen würde. Es spielte keine Rolle, was als nächstes geschah. Ein Tod durch ihre Hand wäre ein glücklicher Tod. Seine Liebe würde niemals vergehen. Niemals wieder würde er Valora den Rücken zukehren.

Dann erschien ein Lächeln auf ihren Lippen. So ehrlich und breit, wie er es noch nie gesehen hatte. Das Rot ihrer Augen ein warmes Lagerfeuer. Ihre Haare wie ein Schleier und die Klinge wie der Ring bei einer Hochzeit. Sie hob das Schwert. »Ich liebe dich, Malik.«

Die Klinge fiel. Ob sie ihn zerteilte oder verschonte, welche Rolle spielte es? Ob er starb oder eine Narbe sein Gesicht zeichnete? Ob er blutete oder atmete? Es spielte keine Rolle. Denn egal, für welches Ende sich Valora entschied, es war ein glückliches Ende. Es war das Ende, was sie wollte. Wie sehr er diese Frau liebte. Seine Valora. Seine Königin.

Das Gift der Schlangengöttin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt