Kapitel 6 - Gift für die Krone

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𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙 6 - 𝐺𝑖𝑓𝑡 𝑓𝑢̈𝑟 𝑑𝑖𝑒 𝐾𝑟𝑜𝑛𝑒

Valora war wunderschön. Das Kleid schmiegte sich an ihren Körper, betonte ihre Rundungen, ohne lasziv zu wirken. Es bestand aus einem schwarzen, edlen Stoff. Die oberste Schicht funkelte wie der Nachthimmel. Das Kleid legte ihre Schultern und Rücken frei. Die besten Schneider des Reiches hatten es entworfen. Ihr Vater hatte den Auftrag eigenhändig abgegeben, um seine Tochter zu überraschen. Es war ihm gelungen. Sie liebte das Kleid. Sie liebte, wie elegant es wirkte, wie leicht der Stoff auf ihrer Haut schien. Doch heute verspürte sie keine Freude. Es war Melancholie, die sie traurig stimmte. Erinnerungen waren in dem Kleid verwebt wie unsichtbare Träume.

Die Glockenuhr schlug Mitternacht. Der Thronsaal hüllte sich in einen geheimnisvollen Schleier. Musik ertönte, füllte den den Raum. Langsame Töne, die sich zu einer bittersüßen Melodie verbanden. Das Tor öffnete sich. Rotes Licht flutete den Saal. Ein Teppich zeichnete den Weg zum Thron. Säulen zogen sich bis unter die gewölbten Decken. Schwarze Rosen hingen an Blumenkübeln von den Wänden. Der unverwechselbare Geruch von Blut schwebte in der Luft.

Valora blickte zu Malik, an dessen Arm sie sich eingehakt hatte. Sein Blick war gefestigt. Er zeigte keine Spur von Einschüchterung. Auf ihren Wunsch begleitete Malik sie zum Thron. Normalerweise hätte diese Aufgabe ihr Vater übernommen, aber diese Option besaß sie nicht. Außer Malik gab es Niemand, der ihr nah genug stand, um diese Rolle zu übernehmen. Selbst wenn es bedeutete, allen adeligen Vampire ihre Beziehung zu präsentieren. Es interessierte sie nicht. Sie könnten urteilen, wenn sie wollten.

Der Leibwächter nickte und folgte, als Valora den ersten Schritt tätigte. Ihre Augen glühten in der Dunkelheit. Ein Raunen ging durch die Reihen, als die Vampire ehrfürchtig zur Seite wichen. Sie fielen auf die Knie, beugten ihr Haupt und zeigten höchste Demut. Die Vampirin blickte in ihre Gesichter. Verschiedene Mienen aus verschiedenen Intentionen. Die Meisten erwiesen ihr Respekt. Sie akzeptierten Valora aufgrund ihrer Herkunft, während andere Zweifel hegten. Sie roch die verschiedensten Emotionen. Unbehagen, Verbitterung, Angst. Ein wildes Chaos, das sie an ihrer eignen Entscheidung zweifeln ließ.

Ihr Griff um Maliks Arm verkrampfte sich. Der Leibwächter schenkte ihr ein Lächeln und flüsterte: »Das machst du großartig.«

In Gedanken schüttelte Valora den Kopf. Sie durfte keine Schwäche zeigen. Nicht in diesem Moment. Wenn sie ein Reich führen sollte, musste sie stark sein. In jeder Rasse ging es um Stärke. Der Stärkste überlebte, der Stärkste wurde Herrscher. Die Vampire waren keine Ausnahme. Wenn sie ihre Zweifel bestätigte, würde das Vermächtnis ihrer Familie zerfallen. Das durfte sie nicht zulassen. Das würde sie nicht zulassen.

Ihre Augen verengten sich, als sie an den Treppenstufen ankamen, die zum Thron führten. Malik ließ von ihr ab, stellte sich an den Rand und fiel ebenfalls auf die Knie. Ihr Blick richtete sich nach oben. Dort stand der Thron. Der Thron ihres Vaters. Der Thron des Vampirkönigs. Ihr Thron.

Der Sitz bestand aus dunklem Stein. Kristalle, die das rote Licht reflektierten und kleine Schimmer über den Boden schickten. Karmesinfarbender Samt war als Sitzfläche verarbeitet worden war. Ein Meisterwerk der Perfektion. Hinter dem Thron erhob sich der Vollmond in seiner ganzen Pracht.

Adam stand neben dem Thron. Ein Diener hielt das Kissen, auf dem die Krone lag. Ein edles Schmuckstück bestickt mit Rubinen in der Form von Rosen. Rot war die Farbe der Vampire. Eine mächtige, intensive Farbe. Jede Rasse besaß einen Ton, unter dem sie ihre Flaggen hissten.

Die Musik stoppte und Valora kniete sich vor Adam. Da er der momentan der höchste Vampir war, wäre er derjenige, der sie zur Königin krönte. Der Berater begann seine Ansprache: »Wir haben uns heute zusammengefunden, um den Aufstieg eines neuen Herrschers zu feiern. Das Ableben des Königs hat uns zutiefst erschüttert, aber wir können mit Stolz behaupten, dass eine fähige Vampirin sein Vermächtnis antreten wird. Lady Valoras Stärke ist im gesamten Reich bekannt. Der Rat ist sich einig. In ihren Adern ließt königliches Blut. Sie wird uns durch diese dunklen Zeiten führen und unser Reich zu neuem Glanz verhelfen. Lady Valora, nein, Queen Valora, nimmst du diese Aufgabe an?«

Das Gift der Schlangengöttin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt