Siebenundzwanzig

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- IVANA -

Lexi. Sie war meine Rettung, als sie mir anbot das Gästezimmer zu bewohnen, bis ich mir eine eigene Wohnung leisten konnte.

Izàn könnte sich denken, dass ich hier war, deshalb musste ich so schnell wie möglich weg von der jungen Frau.

„Stimmt es?", begann sie als wir am Esszimmertisch saßen. „Stimmt es, dass du einen von ihnen geheiratet hast?"

Ich nickte. „Wurdest du gezwungen?", fuhr sie geduldig fort und beugte sich beinahe mysteriös vor. Für sie war all das eine neue aufregende Geschichte, die sie später mit ihren Freundinnen teilen konnte.

„Nein" Sie hob die Augenbraue skeptisch hoch. „Und wieso bist du dann hier?" Mir gefiel es nicht, dass sie mich hinterfragte, doch da ich in ihrer Wohnung war, hatte sie sehr wohl das Recht dazu.

„Weil wir uns ein wenig gestritten haben, Lexi. Ich gehe bald wieder zu ihm zurück", log ich. Sie nickte, als ob sie ganz genau wüsste, wie es ist mit seinem Ehemann zu streiten. Und gleichzeitig lag da etwas anderes in ihren Augen. Misstrauen.

„Weißt du, man erzählt, dass Izàn gesagt hat, dass deine Ehe mit diesem Bené aufgelöst wird"

Ich weitete die Augen. Izàn hatte es also offiziell gemacht und damit riskiert, dass andere Kartells denken könnten, dass ich nicht mehr Teil der Belluccis sein würde. Er hat mich also radikal in die Höhle der Löwen geschubst, aufs Schlachtfeld geschickt.

Jetzt konnte man mich radikal misshandeln, vergewaltigen, töten und niemand würde mir helfen, denn ich war zum Einen keine Kriminalkommissarin mehr, die unter dem Schutz der mexikanischen Polizei stand und zum Anderen kein Teil des mächtigsten Kartells mehr.

„Und hat er auch gesagt wieso?"

Lexi schüttelte den Kopf und schenkte mir gelassen ein Glas Wasser ein, während sie mir einer der brutalsten Aussagen Izàns mitteilte. „Nein, aber er hätte angeblich gesagt, dass die Person die es wagt, an dich ranzukommen, den Belluccis den Krieg erklärt"

Mir blieb das Wasser im Hals stecken. Lautstark knallte ich das Glas wieder auf den Tisch.

„Damit meint er die gesamte Justiz und alle anderen Kartells in diesem Land. Es muss schön sein Teil einer Familie zu sein, bei dem deine Sicherheit so groß geschrieben wird", schwärmte sie vor sich hin. Lexi hatte gar keine Ahnung vom echten Leben. Verträumt sah sie an mir vorbei und seufzte leise auf, während sie ihr Kinn auf ihrem Handballen abstützte.

„Ich wünschte, jemand würde mich so beschützen, wie Izàn dich-" Mit einem Mal blinzelte sie verwirrt auf und blickte mir wieder in die Augen.

Moment. Du sagst, du gehst wieder zu diesem anderen Mann zurück, aber Izàn sagt dass die Hochzeit nicht stattfindet? Und wieso bist du wirklich hier?"

Ich hasste es, dass dieses junge, naive und gutgläubige Mädchen plötzlich so wachsam und aufmerksam geworden ist über die letzten Monate.

„Lexi, hör zu. Alles was du tun musst, ist es mir dein Telefon zu leihen. Mehr nicht"

Sie kniff die Augen leicht zusammen und zog es trotzdem hervor.

Neugierig sah sie mir über die Schulter, auf ihr Telefon.

„Die kubanische Polizei? Was zur Hölle brauchst du von der kubanischen Polizei? Ivana. Du bist nicht mehr die Kriminalkommissarin von davor. Du stehst unter dem Schutz der Belluccis. Aye, hörst du mir überhaupt-"

Es klingelte. Und jemand hob ab.

„Hallo, Lucia Hernandez mein Name. Vor einigen Wochen muss ein illegales Schiff aus Mexiko an ihrem Hafen Cabo de San Antonio angedockt sein. Meine Freundin Svetlana Rouge war auf diesem Schiff. Sie wusste nicht, dass das Schiff nicht angekündigt war. Das hatte sie ihnen bestimmt gesagt"

Der Polizist bat mich um Geduld. Für meine Mutter würde ich jede Geduld meines Herzens zusammenkratzen.

„Sie wurde freigelassen, nachdem wir mit ihr gesprochen haben. Wir können ihnen leider trotzdem nicht einfach ihren Wohnort mitteilen"

Ich hielt inne und atmete tief ein. „Ich bitte sie. Ich habe sie lange nicht mehr gesehen und suche sie seit Jahren", log ich. „Mexiko bringt einige Schätze mit sich, Senor. Geben Sie mir die Adresse, wenn ich ihnen eines unserer Schätze vor die Nase lege"

Und damit war das Thema ‚Adresse' erledigt. Zum zweiten Mal in meinem Leben, nach meinem Onkel, spürte ich die korrupte Art eines Polizisten.

„Ich fahre heute Nacht weg. Frag' nicht wohin und erzähle auch niemandem von meinem Aufenthalt hier", sprach ich zu Lexi, nach dem Anruf. Sie sah mich verstört an.

Erst jetzt bemerkte ich ihre müden Augen. Die Erschöpfung stand ihr ins jugendliche Gesicht geschrieben. Ich schien offensichtlich wohl nicht die Einzige zu sein, die etwas durchmachte.

„Ivana, ich habe in meinem Leben noch nie so eine Frau, wie dich gesehen. Wie schaffst du das? Wie kannst du sowas viel durchmachen, mich trotzdem so kühl anschauen und nicht den Drang haben mir alles erzählen zu wollen?"

Fast tat sie mir leid. Sie war enttäuscht und hatte sich erhofft, dass mein Vertrauen in sie so groß war, dass ich ihr erzählen würde, wie man mir gegen meinen Willen den Nachnamen meines größten Feindes aufzwang.

„Lexi, hör' zu. Ich respektiere und schätze dich. Aber gewöhne es dir ab etwas von mir zu erwarten. Es wird dir nur dein schönes feines Herz brechen"

Sie nickte. „In Ordnung. Pass bitte auf dich. Und melde dich irgendwie, so dass ich weiß, dass du lebst"

Wenn ich es nicht vergaß, würde ich es bestimmt tun, doch das sagte ich ihr nicht, denn dann würde sie erst Recht warten.

Eine Stunde später saß ich dieses Mal in einer legalen Fähre auf dem Weg nach Kuba. In Guane wartete der Polizist mit der Adresse meiner Mutter auf mich.

Vor dem Polizeirevier angekommen, zählte ich erneut das Geld, welches ich von meiner Bank abgehoben hatte, bevor ich in die Fähre gestiegen bin.

Und dann betrat ich den Boden der kubanischen Polizei.

Die Sehnsucht nach meiner Mutter hatte mich blind gemacht. Aber vielleicht war es auch der drängende Wille nach Widerstand Izàn gegenüber. Oder Sehnsucht nach ihm und nicht nur nach meiner Mutter?

Sie würden mich nicht als Ivana Rouge erkennen, denn Kuba hatte keine Verbindungen aus Mexiko, die dafür sorgen könnten, dass man das Gesicht der Frau aus den ganzen unzähligen Gerüchten über die Belluccis kennen sollte.

Irgendwas in mir flüsterte es mir leise zu; ich war am Wendepunkt meines Schicksal angekommen.

















•••

das eigentlich brutale kapitel kommt erst beim nächsten mal, also noch kurz gedulden

vielleicht lade ich es schon in einer stunde hoch, idk

hättet ihr von ivana wartet, dass sie nach kuba geht?

IZANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt