IZAN

Vierzig

— IZAN —

Sie ist ein Biest und ich habe es von Anfang an gemerkt. Eine mental gesunde Frau hängt sich nicht für Jahre an die Fersen der größten Kartellorganisation, die auf dieser Seite der Welt existiert. Allein diese Tatsache hat bewiesen, wie krank sie im Kopf zu sein schien.

Aber ich sollte nicht reden.
Wenn sie die Grenzen festlegen möchte, dann werde ich der Jenige sein, der sie ihr aus den Händen reißt.

Ivana war wie ausgewechselt in ihrem Apartment, als ich nicht auf ihre Frage nach ihrer Mutter geantwortet habe. Ihre Augen wirkten mit einem Mal bestimmt, fokussiert und erbarmungslos bereit für jede Konfrontation.

Beinahe wäre ich beeindruckt gewesen, aber dafür bemitleide ich sie zu sehr.

Die fünf Familien sind zusammen die Stärksten aus den ganzen Vereinigten Staaten, mit denen sich Ivana verbünden möchte. Sie wird aufgeben und zu mir zurückkehren, noch ehe morgen die Sonne untergeht.

Pablo kam in mein Büro in der Zentrale. „Sie fährt zum Flughafen", informierte er mich, doch das wusste ich schon längst.

Die Kommissarin will nach Brooklyn fliegen.

„Sollen wir sie aufhalten?" Ich sah auf die glatt gestrichenen Unterlagen auf meinem Schreibtisch, in denen ich Leandro Genovese dazu bringen könnte, Ivana mit einem Mal alle geraden weißen Zähne herauszuziehen.

„Nein" Ivana muss selbst lernen, was es heißt in sich dieser dunklen Welt aufzuführen wie eine blutrünstige Amazone. Sie wird stolpern und knallhart auf den Boden fallen. Ihre Lektion wird sie spüren noch bevor ihr bewusst ist, was genau passiert.

Sie war nicht geduldig genug für meinen Plan, ihr ihre Mutter zurück zubringen, also zerstört sie ihre langsam aufbauenden Emotionen mir gegenüber radikal und kühlt ihre schneidende Wärme für mich ab.

Ich bete für sie, dass sie ihren schönen Mund hält und unsere internen Gespräche mit keinem teilt, denn egal wie faszinierend ich ihre dunklen Augen fand, ich würde sie ihr ausstechen bis sie nur noch schwarz sah.

Doch Ivana Rouge traute ich mittlerweile alles zu — sie war eine tickende Zeitbombe, welche nur drauf wartete zu explodieren.

Man müsste sich vor ihr fürchten und distanzieren, bevor sie einen Grund findet, diese komplette Szene in die Luft zu jagen.

Aber das einzige was ich ihr gegenüber empfand war keine Furcht. Sondern Faszination. Faszination über ihre Naivität, die sie allen anderen aber als Sicherheit verkaufen wird.

„Izàn, du weißt, dass ich dir immer vertraue. Aber diese Frau weiß zu viel um sie einfach in die Arme dieser Männer zu lassen. Sie wird reden und reden, weil sie denkt sie helfen ihr ihre Mutter zu finden", mischte sich Zazo ein.

Pablo sprach nur, wenn er angesprochen wurde. Ich mochte wenige Menschen auf dieser Welt, aber Pablo war eine der Ausnahmen.

„Ihr geht es bei Genovese nicht um ihre Mutter", entgegnete ich meinem Cousin, der die Augenbrauen zusammenzog und skeptisch zu mir sah.

„Sie möchte mich fallen sehen"
Ivana weiß, dass Genovese ihre Mutter nicht finden wird, wenn ich es ihr nicht erlaube. Sie weiß, dass Genovese sie nicht zu ihrer Mutter bringen kann, aber auch dass sie nicht länger auf mich warten möchte.

„Ich dachte, sie mag dich mittlerweile", murmelte Zazo leise zu sich selbst. Ivana konnte mich sogar lieben und trotzdem war diese Frau ein so unfassbares Mysterium und eine gnadenlose Gefahr, dass ich sie nicht einschätzen kann.

„Diese Frau trägt so viele wichtige Fakten über uns mit sich. Wir können uns kein Krieg mit ihnen leisten"

Ich erhob mich und sah auf Zazo hinab.

„Früher oder später wäre dieser Krieg passiert. Beenden wir ihn"

Pablo nickte und gerade als er nach seinem Telefon griff, um jeden Organisationsstrang darüber zu informieren, dass wir uns gegen die Cosa Nostra aufrüsten werden, sprach ich ihn an.

„Pablo, sag ihnen, dass keiner von ihnen
Rouge anfasst"

Ich musste keine Drohung dahinter stellen, denn jeder wusste was passierte, was ich tun würde, wenn man sie anfasst. Rouge ist mein Themenbereich.

„Und hol Candela von ihrer Freundin ab. Geh' mit ihr ins Haus in Guadalajara, bis ich mich bei dir melde"

Pablo weitete die Augen. „Izàn, ich will dir helfen wenn es Probleme gibt" Ich nickte nur kurz. „Du hilfst mir, wenn du auf Candela aufpasst. Ich kriege das hin"

Zazo schlug lächelnd mir locker auf die Schulter. „Wie immer, Bellucci. Wir stehen kurz vorm Bandenkrieg und alles was du sagst ist ‚Ich kriege das hin'. Du bist krank im Kopf, Izàn, deswegen glaube ich dir"

Ich schlug seine Hand weg und schickte sie aus meinem Büro, bevor ich den Bildschirm des Computers öffnete.

Da war sie.
Die Kamera des Flughafens zeigte ihre blonden Haare und das Gesicht, welches Männer zweifellos in die Knie zwingen könnte. Augen, die mich eingenommen hatten. In ihrer Hand hielt sie eine Reisetasche, die sie sich heimlich bestellt haben muss. Dieser Fuchs. Sie ist ohne eine Waffe unterwegs und genau das macht sie so gefährlich, denn wichtig für sie ist ihr Verstand, der so mächtig sein kann.

Sie stand im Wartebereich zum Flug nach Brooklyn. Ihre Augen sahen auf einen Punkt am Fenster. Ein schwarzhaariger junger Mann legte seine Augen auf sie. Ich fokussierte ihn.

„Der schwarzhaarige Mann am rechten Platz vor dem Fenster. Zieh' ihn raus", sprach ich ins Telefon.

Eine Minute später tauchen zwei Polizisten auf dem Video auf. Sie sprechen diesen Mann an, der Ivana zuvor wie besessen angeschaut hatte. Ich beobachtete ihre Reaktion auf die Verhaftung und spürte wie sie sich in ihrem Sitz verkrampfte.

Sei schlau, Ivana.

Plötzlich zuckte sie ihr Telefon.

Und dann klingelte mein Telefon.

„Verschwende deine Zeit nicht damit", sprach sie leise. Sie möchte mir damit sagen, dass ich sie nicht vor den Blicken anderer Männer schützen soll.

„In Brooklyn kannst du das nicht mehr kontrollieren", fuhr sie hasserfüllt fort.

Ich beobachtete sie.

Die schönste Frau, die mir jemals über den Weg gelaufen ist.

Die eleganteste Aphrodite, die ich jemals sah.

Sie werden versuchen sie zu zertrampeln und zu zerstören.

Ich legte auf und sah auf ihrem eisernen Gesicht, wie sie die Augen rollte.

Nachdem ich den Bildschirm ausschaltete, erhob ich mich und fuhr zum Haus, in dem Svetlana Rouge wohnt.

•••

i love izan, weil man nicht weiß, was als nächstes kommt.

was denkt ihr? verrät ivana ihn?