Trust me

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(Johns POV)

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Ob ich Stunden oder doch Tage im Bett gelegen habe. Draußen ist es hell und die leere Betthälfte neben mir ist kalt. Ich fühle mich ausgelaugt, erschöpft, so, als hätte ich gar nicht wirklich geschlafen. Ich erinnere mich noch daran, wie Greg mich im Arm gehalten hat, daran, was er gesagt hat, wie ich mich an ihn geschmiegt und mir dabei gewünscht habe, es wäre Sherlocks Brust, auf der ich liege. Ich erinnere mich an die kalte Angst und an den Schmerz.

„John?"

Ich zucke zusammen und mein Blick zur Tür. Sie steht offen und Sherlock in meinem Zimmer. Und schlagartig ist alles wieder da. Meine Augen huschen über seinen schlanken, hochgewachsenen Körper, können sich nicht an ihm satt sehen, wollen so viel von ihm erfassen wie möglich. Ich betrachte seine blasse Haut und wie sie sich von seinem schwarzen Hemd abhebt, seine dunklen Locken, weiß noch genau, wie sie sich zwischen meinen Fingern angefühlt haben, weich und zart, seine schmale Hüfte und seine Brust, erinnere mich an das Gefühl seiner zuckenden Muskeln unter meiner Hand, höre seinen schnellen Atem und das Kratzen in seiner Stimme, als er meinen Namen ausspricht.

Ich sehe ihn vor mir, wie er mich anschaut in dem Augenblick, kurz bevor ich ihn küsse, wie der Ausdruck in seinem Gesicht verschwindet und einer erstaunten Leere Platz macht, spüre sein Zögern und wie sich sein Körper unter meinen Händen anspannt, wie er mich an sich zieht, unsicher und vorsichtig, als wäre ich aus Porzellan. Ich befeuchte meine Lippen, schlucke trocken, mein Blick verfängt sich in seinem. Seine Augen bohren sich in meine, strahlend und blau.

„Darf ich mich setzen?"

Ich starre ihn an, vergesse, wie man atmet und spricht. Mein Herz trommelt gegen meine Brust und ich schaffe es endlich, zu nicken. Die Tür fällt hinter Sherlock mit einem leisen Klicken ins Schloss, dann steht er plötzlich vor mir, mustert mich kurz und nachdenklich, ehe er sich zögerlich auf die Bettkante setzt. Mein Atem wird flach. Der Wunsch, ihn zu berühren, wird beinahe übermächtig, aber ich verdränge ihn, schiebe ihn zurück zu all den anderen Wünschen und Gedanken, die ich nicht haben darf und trotzdem nicht verhindern kann.

„Wie geht es Ihnen?"

Sherlocks Blick ist blau und tröstend. Als würde er die Antwort schon kennen, noch bevor ich sie ihm gebe. Natürlich tut er das. Weil Sherlock eben alles weiß. Fast alles.

„Gut", antworte ich leise, weil ich meiner Stimme nicht traue. Sie klingt anders als sonst. Als hätte ich sie zu lange nicht mehr benutzt.
„Gut?", wiederholt Sherlock und hebt die Augenbrauen. „So sehen Sie aber nicht aus."
„Vielen Dank für das Kompliment", bemerke ich sarkastisch und auch, wenn mir eigentlich nicht danach ist, muss ich lächeln. Sherlock erwidert es zögerlich.
„Ich habe mich gefragt, ob Sie sich vielleicht dazu in der Lage fühlen, ein wenig spazieren zu gehen?"

Seine Frage klingt beiläufig, aber ich bin mir sicher, dass er lange über sie nachgedacht hat. Sherlock verlässt unsere Wohnung ungern und nur, wenn ein Fall ihn dazu drängt. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass mein Herz einen Purzelbaum schlägt und danach wie wild in meiner Brust zu hämmern beginnt.

„Ich ..." Ich stocke, schaffe es nicht, meinen Satz zu beenden, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Sherlocks Blick wandert zu seinen Händen, als wäre er auf einmal ebenso verunsichert, wie ich es bin. Nur, dass das nicht sein kann. Sherlock Holmes lässt sich nicht verunsichern.
„Ich würde Ihnen gerne etwas zeigen."

In meinem Bauch beginnt es bei seinen Worten zu kribbeln und eine angenehme Wärme breitet sich in mir aus. Auf einmal ist mir egal, wo er letzte Nacht gewesen ist, was er gemacht hat, wieso er mich allein gelassen hat.

„Okay", erwidere ich zittrig und über Sherlocks Gesicht huscht der Anflug eines Lächelns.
„Ich erwarte Sie in fünfzehn Minuten unten. Wir nehmen das Taxi."

-

Es dämmert. Der Tag wird immer schwächer und der Horizont mit jeder verstrichenen Minute dunkler. Gelblichrote Streifen ziehen sich durch das verschwommene Blau, was mich schlagartig an Sherlocks Augen denken lässt. Mein Blick zuckt zu ihm und zu seiner Hand. Ich wünschte, ich könnte sie nehmen und nie mehr loslassen.

Wir stehen auf einer Wiese, umringt von leuchtend grünen Baumkronen. Es riecht nach Sommer und Sonne. Die Grillen zirpen und die Luft ist klar und kühl. Es hat aufgehört zu regnen. Ich frage mich, was wir hier tun, was Sherlock vorhat, wo wir sind. Als hätte er meine Gedanken gehört, dreht er sich plötzlich zu mir um. Seine Augen sind glitzernd und warm. Er kommt auf mich zu, kommt mir so nah, bis er direkt hinter mir steht. Ich fange an zu zittern, aber mir ist nicht kalt. Mein Herz setzt einen Schlag aus und mein Atem wird flach und schnell. Sherlocks trifft ruhig auf meinen Nacken und lässt einen Schauer über meinen Rücken rieseln. Meine Muskeln spannen sich an.

„Vertrauen Sie mir?"
Sherlocks Stimme ist tief und dunkel und vibriert sanft durch mich hindurch.Ich schlucke schwer, versuche, dem Impuls zu widerstehen, mich an ihn zulehnen.
„Ja", hauche ich atemlos. „Natürlich tue ich das."

Ich spüre, wie Sherlock noch näher an mich herantritt und wie sich meine Nackenhaare aufrichten, dann seine Hände, warm und weich. Sie legen sich sanft über meine Augen, halten sie mir zu. Dunkelheit umhüllt mich und jagt eine Gänsehaut über meinen Körper. Plötzlich erscheint mir jede Berührung und jedes Geräusch von Sherlock noch intensiver als sonst. Ich spüre seinen Atem an meinem Ohr, kitzelnd und heiß.

„Folgen Sie meiner Stimme, John", raunt er und die Art, wie er meinen Namen sagt, zieht alles in mir zusammen. „Ich werde Sie führen."
Und ich werde Ihnen immer folgen. Bis ans Ende der Welt.

-

Guten Morgen!

Gestern Nacht hat mich eine richtige Schreib-Sucht gepackt und ich habe gleich drei Kapitel geschafft - ihr dürft euch also gerne auf die nächsten Tage freuen :).
Zudem möchte ich mich bei allen bedanken, die diese Geschichte lesen, für sie voten und sie kommentieren! Das bedeutet mir unendlich viel und ich freue mich immer, etwas von euch zu lesen oder zu sehen!

Habt einen schönen Sonntag und  morgen ein schönes Halloween!
Wir lesen uns,

Eure Leli

When they kissedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt