(Johns POV)„Bleiben Sie stehen."
Sherlocks Stimme ist ganz nah an meinem Ohr und kaum mehr als ein raues Wispern. Ich tue, was er sagt, bleibe stehen und spüre ihn direkt hinter mir, wie sich sein Brustkorb bei jedem Atemzug hebt und senkt und dann, wie er seine Hände langsam von meinen Augen nimmt. Schlagartig verschwindet die kribbelnde Wärme in mir.
Ich blinzle, sehe mich um, atemlos und überwältigt. Wir stehen auf einem Holzsteg, vor uns endloses, tiefschwarzes Wasser. Auf seiner Oberfläche schimmern unzählige helle Tupfen. Ich lege den Kopf in den Nacken, sehe hoch und in Richtung Himmel. Er ist samtig und weit weg, wie eine Decke, die sich über uns legt. Die Sterne sind goldgelb und hell und überall. Ich glaube, ich habe noch nie einen schöneren Sternenhimmel gesehen.„Sherlock ...", flüstere ich, unfähig, dass, was ich fühle, in Worte zu fassen. Ich wende den Blick ab und ihm zu, versinke in den endlosen blauen Tiefen seiner Augen und vergesse alles und mich. Die Sterne spiegeln sich glänzend und hell in dem strahlenden Blau und die Art, wie er mich ansieht, hinterlässt einen wohligen Schauer auf meiner Haut. Ich wünschte, er würde mich jetzt küssen. Genau jetzt.
„Sie haben sich doch gefragt, wo ich letzte Nacht gewesen bin", sagt er leise und lässt sich langsam auf dem Steg nieder. Ich folge ihm wie hypnotisiert. „Ich komme oft hierher, wenn ich meine Gedanken ordnen und nachdenken muss."
Er sieht mich nicht an, starrt nur gedankenverloren auf den See hinaus. Ich folge seinem Blick nicht, weil meiner an ihm hängen bleibt. Der Anblick des dunklen Wassers und der Sterne ist vielleicht atemberaubend und schön, aber nichts ist auch nur ansatzweise so schön wie dieser Mann.
„Ich dachte, dass müssen Sie vielleicht auch", fährt er fort. Seine Stimme ist wie die Luft. Warm und klar. „Darum wollte ich Sie mitnehmen. Normalerweise tue ich das nicht." Seine Augen finden meine und ziehen mich augenblicklich in ihren Bann. „Jemanden hierherbringen, meine ich."
Ich schlucke schwer, weiß nicht, ob ich etwas sagen soll, finde aber keine Worte, die dem gerecht werden, was ich fühle.
„Danke", sage ich als nur und lächle zu ihm hoch. „Nicht nur für das hier. Für alles."
Sherlock zieht eine Augenbraue hoch.
„Sie müssen mir nicht danken", wehrt er ab und sieht zurück auf den See.
„Doch, das muss ich." Vorsichtig rutsche ich näher an ihn heran, so nah, dass unsere Knie sich beinahe berühren. „Sie haben mich gerettet, Sherlock."Kurz glaube ich, einen rosigen Schimmer auf seinen blassen Wangen erkennen zu können, aber es ist zu dunkel und ich bin zu weit weg, um mir sicher sein zu können. Sherlock erwidert nichts, sieht bloß weiter stumm auf den See hinaus. Dieses Mal tue ich es ihm gleich, genieße seine vertraute Nähe und die bedächtige Stille zwischen uns. Es ist, als würden wir das Gespräch in unseren Köpfen fortsetzen. Am liebsten würde ich ihm zuflüstern, wie sehr ich ihn für diesen Augenblick liebe. Immer und immer wieder. Solange, bis er es versteht. Versteht, dass er mir alles bedeutet.
„Herzlichen Glückwunsch", sagt Sherlock plötzlich leise. Verwirrt sehe ich ihn an, doch er weicht meinem Blick aus, ob bewusst oder unbewusst kann ich nicht sagen.
„Wie bitte?", frage ich irritiert. Ich will, dass er mich endlich ansieht, weil seine Augen oft so viel mehr sagen als er es tut, und weil ich es nicht ertrage, wie stur er geradeaus und an mir vorbeischaut.
„Ich habe den Ring in Lestrades Mantel gefunden." Sherlocks Stimme wird immer leiser. „Ich dachte, als Ihr Mitbewohner wäre es angebracht, Ihnen zu gratulieren."Mein Kopf braucht erstaunlich lange, um das, was er sagt, zu verstehen und zu verarbeiten.
„Was für ein Ring?" Langsam dämmert mir, was Sherlock dort entdeckt hat - die Frage, was er überhaupt in Lestrades Mantel gesucht hat, stelle ich mir gar nicht erst.
„Oh", macht Sherlock und senkt den Blick auf seine Hände. „Sie haben ihm also nicht ..." Er beendet seinen Satz nicht und schüttelt den Kopf. „Entschuldigen Sie, jetzt habe ich Ihnen die Überraschung verdorben. Vergessen Sie am besten wieder, was ich gesagt habe."
„Sherlock ...", beginne ich, aber er lässt mich nicht aussprechen.
„Ich meine es ernst, John. Ich freue mich wirklich für Sie. Für Sie beide."Seine Augen treffen so plötzlich auf meine, dass mir die Luft wegbleibt. Sie sind tief und endlos und bohren sich so direkt in meine, dass es in meinem Inneren sticht. Ich wüsste gerne, was er gerade denkt, was er wirklich denkt, wie er sich fühlt, aber da ist nur kalte, leere Gleichgültigkeit. Er versteckt sich hinter seiner Maske und ich liege wie ein offenes Buch vor ihm.
„Sherlock ...", setze ich erneut an. Dieses Mal bleibt er stumm. „Ich denke nicht, dass der Ring für mich ist."
„Machen Sie mir doch nicht vor, John." Sherlocks Stimme ist ruhig, als er das sagt. „Sie können es mir sagen. Denken Sie, ich könnte das nicht verstehen? Weil ich nicht dazu in der Lage bin, so zu empfinden, diese Gefühle nachzuvollziehen?"
„Das denke ich nicht, Sherlock."
„Aber Sie hätten recht damit. Ich weiß nicht, was Liebe ist, halte sie nicht für notwendig, habe keine Ahnung davon, wie man jemanden liebt."Seine Worte brennen in meiner Brust, aber ich schlucke sie herunter, versuche, mir nicht anmerken zu lassen, was das mit mir macht. Ich habe keine Ahnung davon, wie man jemanden liebt. Das ist es. Der Beweis dafür, dass Sherlock definitiv nicht dasselbe empfindet, wie ich, dass er keine Gefühle hat und ich viel zu viele davon.
„Was ich sagen will, ist, dass ich dennoch verstehen kann, wie Sie sich fühlen. Und was Sie an Lestrade finden." Sherlocks Mundwinkel zucken, als würde er sich an einem Lächeln versuchen und daran scheitern. „Er ist mit Sicherheit eine gute Partie. Und ich könnte es darum auch verstehen, wenn Sie nicht länger bei mir wohnen und bei ihm einziehen wollen."
Ich starre ihn an, sprachlos und überrumpelt. In meinem Kopf wird es plötzlich ganz leer. Ich will etwas sagen, will, dass er endlich versteht, dass Greg und ich nicht mal annähernd so füreinander empfinden, aber ich komme nicht mehr dazu. Denn genau in dem Moment, in dem ich den Mund öffne, fällt ein Schuss.
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Hi meine Lieben,
zuerst einmal: Danke für die mehr als 400 Reads! Das freut mich total <3!
Weil ich euch auch nicht länger auf die Folter spannen wollte, habe ich das heutige Kapitel "etwas" kürzer gehalten (so viel kürzer ist es doch gar nicht geworden xD) und möchte es schon heute online stellen.
Ich hoffe, ihr seid nicht allzu enttäuscht von dem Ende ^^.
Habt einen schönen Abend!
Wir lesen uns,
Eure Leli

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When they kissed
Fanfiction⚠️ enthält sexuelle Inhalte ⚠️ Sherlock war nie verliebt. Es gab weder Frauen noch Männer, bloß seine Experimente und die Einsamkeit. Bis er auf John trifft. Einen Mann, der ihn und seine Fassade durchschaut und ihm zur Seite steht. Zum ersten Mal l...