A little bit gay

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Kurz mal etwas vorneweg: Dieses Kapitel ist mir wirklich nicht leicht gefallen. Es gefällt mir nicht, das Mögen eines anderen Geschlechtes als "nicht normal" zu betiteln, denn genau das ist es für mich eben nicht. Für mich ist es normal. Da es aber zu John und seinen Ängsten gepasst hat, habe ich dennoch diese Gedanken seinerseits gewählt.
Ich hoffe, das ist in Ordnung und ich verletze niemanden damit!

(Johns POV)

Ich bin nicht schwul. Ich bin so wenig schwul, wie Kürbisse Früchte sind. Oder gehörten die zum Fruchtgemüse? Wie dem auch sei. Schwul bin ich nicht. Niemals.
Mir schießen die Bilder aus letzter Nacht in den Kopf und die Art, wie Sherlock mich angesehen hat. Als wäre ich ein Schatz von unschätzbarem Wert. Begehrenswert und schön. Und bei dem Gedanken daran und wie sich sein Körper an meinem angefühlt hat, schäme ich mich. Ich wünschte, ich würde nicht wissen, warum, aber das tue ich. Das tue ich ganz genau. Eingestehen will ich es mir nicht.

Denn die Wahrheit ist, dass es mir so viel lieber wäre, Gefallen an Hetero-Szenen und weiblichen Körpern zu finden. Wenn mich der Anblick von Brüsten erregt, weil das bedeuten würde, dass ich normal und nicht anders als die anderen bin, nicht zu dem Teil gehöre, der anders denkt und fühlt als der Rest.

In Afghanistan hat alles angefangen. Aber dort waren es nur Gedanken, entstanden aus Neugier und Verzweiflung. Ich denke, die meisten von uns haben sich dort irgendwann vorgestellt, mit einem Mann rumzumachen. Viele haben es ja auch getan. Aber ich glaube, die wenigsten haben sich dabei auch vorstellen können, es mit ihrem besten Freund zu tun. Für sie war es nicht mehr als eine spannende Erfahrung, etwas, was sie von ihrer Angst und der Ungewissheit ablenkt, eine kurze Triebbefriedung, nicht mehr. Nur etwas, an das man sich später mit etwas Verlegenheit zurückerinnert und es eine interessante Erfahrung nennt. Eine Zeit, in der man sich ausprobieren wollte. Nichts Ernstes.

Bis jetzt habe ich das verstanden. Bis jetzt habe ich aber auch geglaubt, auf Frauen zu stehen. Jetzt stelle ich es mir aber nicht mehr bloß vor. Jetzt will ich es wieder tun. Ich will Sherlocks Körper spüren, seine Lippen, das Schlagen seines Herzens, will die kleinen Narben an seinem Rücken berühren, seine Brust und jeden Zentimeter seiner weichen, glatten Haut. Ich will das alles jetzt und sofort. Aber ich will das nicht wollen. Ich will ihn nicht wollen. Ich will normal sein und nicht länger an Sherlock und das Gefühl seiner Lippen denken. Und mit einer Frau schlafen und dabei kommen, ohne dabei an ihn denken zu müssen. Ich möchte mich in Lily verlieben und ihre Brüste gut finden können, so, wie es auch jeder andere meiner Freunde tut - Greg ausgenommen.

Ich wäre gerne so wie er. Er ist kein Mitläufer, kein Teil des großen Schwarms, sondern einfach er selbst. Er steht auf einen Mann und zu der Tatsache, dass es so ist. Er versteckt sich nicht. Greg ist Greg und für mich nicht weniger normal als die anderen es sind. Aber ich fürchte, nicht jeder findet das. Und das ist ein Problem. Vielleicht sogar das Problem, was ich habe. Die anderen. Und ihre Meinung zu mir. Zu uns.
Ich schätze, Sherlock wäre das total egal. Aber mir ist es das nicht.

„John?"

Ich zucke zusammen, bleibe stehen, habe die Hand bereits nach der Türklinke ausgestreckt. Ich weiß nicht, wohin ich wollte, wie ich überhaupt hierhergekommen bin, nur, dass ich wegwill. Einfach nur weg. Weg von diesem leeren, schweren Gefühl und der Angst, allein zu sein. Ich will mich zu Sherlock umdrehen, aber ich fürchte mich zu sehr vor dem, was ich bei seinem Anblick empfinden werde, und tue es nicht.

„Ist alles in Ordnung?"

Ich höre, wie er zögernd näherkommt, und schließe die Augen. Sherlock fragt nicht jeden, wie es ihm geht. Ich glaube, ich bin sogar der Einzige, bei dem er das tut. Und das weiß ich. Manchmal freut es mich mehr, als es sollte. Aber gerade zerreißt es mir nur das Herz.

When they kissedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt