Die Spiegelwelt

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Ich hatte Angst. Wahnsinnige Angst. Mein Herz raste, als ich durch die dunklen Gänge rannte und meinen Kopf einzog. Doch noch immer wusste ich nicht, wo ich war.

Nur das Gefühl, wegrennen zu müssen, verfolgte mich.

In den Schatten spiegelten sich monströse Gestalten, grauenhafte Wesen und blutrünstige Auren.

„B-Bitte! Lasst m-mich doch in F-Frieden!" wimmerte ich leise und schluchzte auf.

Und doch: das letzte was ich sah, war eine gewaltige Hand und eine Stimme, deren Worte ich nicht verstehen konnte.

Aufatmend riss ich die Augen auf, orientierungslos sah ich mich in dem fremden Raum um und bekam noch schrecklichere Angst.

Irgendetwas piepte ganz hysterisch neben mir und steigerte meine Angst und die Panik ins Unermessliche.

‚Bitte! Helft doch irgendwer!!'

Kalter Schweiß lief mir an der Stirn hinab, bewegungsunfähig lag ich nur da, mit dem hohen Puls in meinen Ohren und der Angst.

„Der Blutdruck ist zu hoch! Sie ist zu früh wach geworden, dabei müssen wir noch das Gift aus ihrem Körper herausholen!!" rief irgendwer weiter weg, während sich um meine Hand eine raue und doch angenehm warme legte. „Ich weiß, du leidest grade sehr, aber ich bin bei dir, ja?"

Da färbte sich meine Welt jedoch wieder schwarz.

Und dieses Mal scheine ich vor einer Art Spiegel zu stehen. Nur hatte meine Reflexion eine andere Augenfarbe als ich.

„Ich bin kein Spiegel, denn ich bin du." hauchte sie leise, allerdings verbreitete sich dabei ein Echo und Hall im Raum weshalb ich mich langsam umsah.

Nur schwärze überall. „Du bist ich... kannst du mir erklären, was mit mir gerade geschieht?" fragte ich leise nach und trat einen Schritt auf sie zu. Mein Gegenüber tat es mir gleich, weshalb wir beide beinahe Nasenspitze an Nasenspitze standen. „Du wurdest vergiftet. Durch das Gift allerdings bin ich erwacht, deine bessere und stärkere Hälfte. Ich bin dazu da, dich zu schützen."

Gänsehaut überzog meine Haut, als ich ihr in die rotleuchtenden Augen sah. Wieso spürte ich von ihr ausgehend so viel Kälte?

Sie unterbrach meine Gedankengänge und legte beide ihrer Hände auf mein Gesicht, diese waren so kalt wie ihre Aura. Mein innerer Alarm ging schrillend los, da hatte sie aber auch schon ihre Lippen auf meine gelegt.

Wie betäubt starrte ich sie an, nicht fähig dazu, mich zu bewegen, geschweige denn, mich zu befreien. Hass, Wut, Rachegelüste und Einsamkeit durchströmten mich in einem unaufhörlichen Fluss der Gefühle, überdeckten meine eigenen und setzten mein Denken vollkommen aus.

„Du bist ich und ich bin du. Die eine Hand wäscht die andere; sobald du bereit bist, mich anzunehmen, wirst du verstehen wer ich wirklich bin."

Ein langgezogenes Piepen zog sich durch mein Gehör, schmerzen schnürten mir die Brust zu und nahmen mir die Kraft zum Atmen. Meine Finger und Zehen kribbelten stark, meine Lider zitterten vor Anstrengung, aufwachen zu wollen.

Schließlich flatterten sie auf und schier wurde ich vom hellen Licht geblendet. Wo zur verdammten Hölle war ich hier bitte?!

„Endlich, du bist wach Yuna!" rief jemand neben mir, nur schien es zu weit weg zu sein, als dass ich die Stimme erkennen konnte. Schwach sah ich in die Richtung, aus der die Stimme kam.

„...I-Izu-ku..." hauchte ich leise, schwach und zittrig. Er nahm meine Hand in seine, strich sanft über diese und lächelte einfach. Das Lächeln erreichte aber seine Augen nicht. „Ich bin so froh, dass du das überlebt hast." schluchzte er auf und schon kullerten ihm Tränen aus den Augen.

Sanft legte ich meine freie Hand, wenn auch zittrig, auf sein Gesicht. „Yuna..." hauchte der grünhaarige Junge und sah mir dann intensiv in die Augen.

Doch als wäre das Schicksal ein mieser Verräter, fingen meine Beine an schmerzhaft zu brennen an, kleine Tränchen traten über meine Wasserlinie und langsam legte ich mich zurück in die Kissen. „Arzt... h-holen... b-b-bitte..."

Erschrocken horchte Izuku auf und rannte aus dem Raum hinaus, während sich mein Herzschlag wieder beschleunigte. Was zur Hölle hatte der Glatzkopf nur mit mir gemacht?!

Ungehindert wanderten meine Tränen mein Gesicht entlang, schwach und zittrig schluchzte ich auf und drehte mich mit meiner letzten Kraft zur Seite, um meine Knie an die Brust zu ziehen.

Schwach zitterten meine Lider und auch mein Herzschlag wurde immer schwächer, was das Gerät neben mir anschlagen ließ.

„Bleib wach, bitte, Yuna!" hörte ich Izuku neben mir, doch ich schloss die Augen, driftete weg und wurde dann schließlich bewusstlos.

Not Like The OthersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt